Schwierige Situation


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elport
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Schwierige Situation

Beitragvon elport » Sa 6 Aug 2011 17:51

Hallo

Ich bin neu und ich wurde durch die Krebsliga auf dieses Forum aufmerksam gemacht.

Ich wurde letzten Oktober pensioniert und mein Mann und ich haben uns gefreut, dass wir dieses Jahr vermehrt reisen können. Leider kam es anders als wir uns das vorgestellt haben.

Im Mai hatte ich einen Termin für eine Rückenoperation, die Spinalkanalverengung musste behoben werden. Meinem Mann ging es zu dieser Zeit nicht gut und ich wollte die OP eingentlich verschieben, das wollte er nicht. Die OP wurde dann durchgeführt und es wurden noch Kunststoffteile implaniert. Ging alles gut und ich konnte nach 6 Tagen wieder nach Hause.

Zu Hause angekommen, ging es meinem Mann (70) sehr schlecht und ich habe ihn sofort beim Hausarzt angemeldet. Danach folgte es Schlag auf Schlag. Montagnachmittag Hausarzt, Dienstag CT, Mittwoch Hausaurzt, Donnerstag Lungenspezialist, Freitag MRI, Dienstag Bronchioskopie. Mir war sofort klar, dass da etwas gar nicht stimmen konnte denn es ging mir alles zu schnell. Am Donnerstag darauf war mein Mann total neben sich und ich habe ihn zum Lungenspezialisten begleitet. Dort erhielten wir dann die bittere Nachricht. Lungentumor im fortgeschrittenen Stadion und COPD Gold II und eine Lungenentzündung. Mein Mann wurde sofort von der Arztpraxis aus als Notfall ins Spital eingeliefert und er war dann 2 Wochen statinär. Danach war er für 2 Wochen zu Hause und musste dann weider ins Spital weil die 2. Lungenenzündung kam. Seit 3 Wochen ist er wieder zu Hause.

Er hat nun schon 6 Wochen Bestrahlung hinter sich und am Donnerstag beginnt der 3. Zyklus der Chemotherapie.

Der Grund, dass ich mich hier angemeldet habe ist, dass ich eine Austausch gesucht habe. Ich habe meine Probleme mit der ganzen Situation. Ich pflege meinen Mann gerne, er ist recht unselbständig weil noch eine fortschreitende Demens da ist aber ich komme oft an meine Grenzen. Nicht Physisch sondern Psychisch. Ich würde mir genre mal eine Auszeit nehmen, einfach einen Nachmittag nur für mich haben und habe das meinem Mann auch gesagt. Ich würde den Rotkreuz-Entlastungsdienst in Anspruch nehmen, draue mich aber jetzt gerade nciht. Mein Mann versteht das nicht so richtig denn er meint, ich könne ja jederzeit das machen was ich wolle, könne einkaufen gehen usw. Das ist aber immer alles irgendwie unter Druck weil ich immer in Gedanken zu Hause und nicht abschalten kann.

Ich habe nun echt ein schlechtes Gewissen weil ich einfach mal einen Nachmittag für mich möchte. Ich möchte gerne mal in die Salzgrotte in Luzern, einfach nur für 2-3 Stunden an nichts denken und nur für mich da sein.

Es würde mich interessieren ob es anderen Angehörigen auch so geht. Wie sie mit dem schlechten Gewissen umgehen. Ob sie sich einen Freiraum schaffen. Einfach wie sie mit der Situation umgehen.

Heilung wird es keine geben, denn der Krebs ist im fortgeschrittenen Stadium und kann nicht operiert werden. Er hat Lymphknotenmetastasen und im Darm hat man auch noch etwas gefunden, da weiss man aber noch nicht so genau was es ist. Es könnte ein Polyp sein, der ist aber sehr gross und da haben die Ärzte die Vermutung, dass da auch noch ein Tumor drin ist. Nach dem 4. Chemozyklus wird es dann eine erneute Darmspiegelung geben und es soll versucht werden dieses Teil zu entfernen.

Mein Mann ist im Moment noch 49 kg bei einer Grösse von 164 cm. Gewicht abnehmend.

Ich bedanke mich für's lesen und vielleicht schreibt ja jemand auf diesen Beitrag.

Danke und Grüsse

aitangi
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Schlechtes Gewissen ist kein guter Ratgeber

Beitragvon aitangi » Mo 8 Aug 2011 13:29

Hallo elport

Dein Bericht hat mich betroffen und nachdenklich gemacht. Ich erlebe eine ähnliche Situation wie Du. Meine Mutter ist zwar nicht krebskrank aber sie leidet an einer fortgeschrittenen Demenz. Ich pflege sie, mit der Hilfe meiner Geschwister, jetzt seit acht Jahren zu Hause. Ich kann gut nachfühlen wenn Du schreibst, dass Du an Deine psychischen Grenzen kommst.
Ich hatte mir zwar von Anfang an Freiräume und Freitage einplanen können, musste aber lernen diese dann auch zu „geniessen“ und während dieser Zeit wirklich etwas für mich zu unternehmen.
Am Anfang war ich in Gedanken auch immer zu Hause und blieb sogar zu Hause, damit ich erreichbar war wenn meine Mutter bei meinen Geschwistern war. So konnte ich aber nicht abschalten und musste lernen meine Mutter ein Stück weit los zu lassen und meinen Geschwistern vertrauen. Das ging auch nicht von heute auf morgen, aber man kann es lernen und es ist befreiend den Freiraum für sich zu nutzen.

Ich kann verstehen, dass Du ein schlechtes Gewissen hast. Aber das brauchst Du nicht, es ist absolut verständlich (und auch gesund), dass Du Dir Zeit für Dich alleine wünscht.
Ich finde es ganz wichtig, dass Du den Rotkreuz-Entlastungsdienst in Anspruch nimmst und Dir mindestens einen freien Tag in der Woche gönnst. Du wirst sehen, danach kannst Du wieder mit vollem Elan für Deinen Mann da sein. Denn wenn Du psychisch an Deine Grenzen kommst, kannst Du auch nicht mehr für Deinen Mann da sein, so wie Du es möchtest und dann leidet Ihr beide unter der Situation.
Verständlich, dass Dein Mann die Situation anders sieht, aber mit der Zeit wird auch er merken, dass Dir die freien Tage gut tun und Ihr werdet beide davon profitieren.

Ich wünsche Dir und Deinem Mann alles Gute und hoffe, Du wagst den Schritt und holst Dir Entlastung beim Rotkreuz-Dienst.

Alles Liebe und Gute
aitangi


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