Schwiegervater wird belogen

[Pessy]

Hallo zusammen

Mein Schwiegervater ( 89 ) liegt im Sterben, das heisst er ist von Kopf bis Fuss verkrebst, Leber, Lymphen, Knochen.... Seit ca. 3 Woche ist er nun bettlägrig. Er ist sehr tapfer, beklagt sich nie und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Mien Problem: Die Schwiegermutter ! wir haben ein sehr enges und inniges Verhältnis zu einander und pflegen den Vater gemeinsam mit der Spitex. Nur will Sie leider nicht, dass der Vater weiss wie es um Ihn steht. Sie hält die ganze Krankheit geheim und auch wir Kinder und Grosskinder, Spitex und Aerzte, Seelsorge.. niemand darf etwas sagen.

Ich habe ihr schon mehrmals gesagt sie solle loslassen und sie sagt das hätte sie schon. Aber sie zwingt ihn zu essen und zu trinken, obwohl er nicht möchte, Sie droht Ihm dass er ins Spital muss wenn er nichts zu sich nimmt. Ich habe auch mit der Spitex zusammen mit Ihr gesprochen sie solle mit ihm sprechen über Aengste, Wünsche und auch übers sterben, aber sie blockt alles ab.

Ich weiss das es für sie sehr hart ist den Partner gehen zu lassen, aber ich weiss auch, dass mein Schwiegervater bereit ist zu sterben, weil er es mir vor 2 Wochen gesagt hat.

Nun weiss ich nicht mehr weiter und hoffen, dass mir hier jemand einen Tip geben kann.

Vielen lieben Dank im Vorraus !

[Jens B]

Hallo Pessy!

Es tut mir sehr leid, was für ein trauriger Anlass Sie hierher führt!
Das ist ein sehr schwieriges & heikles Thema, was gerne verschwiegen wird! Aber es betrifft jeden einmal…
Zu diesem Thema kann man allerdings auch äußerst schwierig antworten!
Das der Schwiegervater für sich schon "abgeschlossen" hat, macht die Sache nicht gerade leichter. Andererseits schon etwas, weil er sich – so makaber es auch klingen mag – nicht mehr ans Leben klammert. Er will erlöst werden! Vielleicht sollten Sie das ganz vorsichtig & mit großer Diplomatie (!) Ihrer Schwiegermutter sagen!
Doch eben auch das ist eine große Schwierigkeit…
Aber das seine Frau allerdings an jeden Strohhalm festhält, ist auch verständlich & logisch! Ich glaube so würden wir wohl alle reagieren, wenn wir spürten, dass wir einen unserer liebsten Menschen verlieren würden.
Doch sagen Sie ihr abermals ganz gefühlvoll und vollster Verständnis (Und diplomtisch!!!) das sie ihrem Mann die große Liebe zu ihm ein letztes Mal beweisen kann. Nämlich, indem sie es ihm durch das nicht mehr Festhalten wesentlich erleichtern kann! Außerdem sollten Sie es sie wissen lassen, dass Sie ein Gespräch mit dem Vater hatten und er Ihnen das anvertraute, dass ihn das noch zusätzlich belastet!
Auch sollten Sie sich professionelle Hilfe und Rat bei einem Psychologen oder Seelsorger holen!
Ich hoffe sehr, dass Sie meine Worte richtig verstehen!!! Denn es ist ein sehr, sehr schwieriges Thema!
Ich wünsche Ihnen viel Kraft, Diplomatie und alles Gute!

LG Jens B

[Pessy]

Lieber Jens B

Erstmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken für Ihre lieben Worte. Es hat mir sehr geholfen verstanden zu weden. Da es ja ein heikles Thema ist.

Leider muss ich auch sagen, dass alles nichts genützt hat, der Seelsorger, die spitex mein Schwager, mein Mann und ich haben es ihr versucht schonden zu erklären aber sie hält weiter fest.
Sie weiss auch, dass mein schwiegervater gehen möchte, aber akzepieren kann sie es nach wie vor nicht.

Ich werde aber weiterhin behutsam mir Ihr darüber sprechen und zur Not auch nochmals mit dem Arzt rücksprache halten.

Ich bedanke mich nochmals rrecht herzlich bei Ihnen

Liebe grüsse

Pessy

[Linda]

Liebe pessy,

Für deine Schwiegermutter ist es sehr schwer, sich von ihrem Partner zu trennen. Sie möchte, dass er noch so lange wie möglich bei ihr bleibt. In dem sie den nahen Tod und die schwierige Situation totschweigt, verdrängt sie ihren Schmerz und ihre Angst und hofft, dass das Unausweichliche nicht eintreffen wird. Vielleicht ist es ihr zur Zeit auch nur durch Verdrängung möglich, deinen Schwiegervater weiter zu pflegen und die schwere Zeit an seiner Seite durchzustehen.
Ich bin überzeugt, man kann keinem Schwerkranken seine Erkrankung verheimlichen. Sterbende haben feine Fühler und spüren sehr genau, wie es um sie steht. Das tut auch dein Schwiegervater, denn er hat dir ja gesagt, dass er bereit sei zu sterben.
Wenn dein Schwiegervater nicht mehr essen und trinken mag, wird er es deiner Schwiegermutter schon zeigen. Vielleicht wird sogar sein Körper rebellieren und erbrechen. Zudem nützt die Drohung, ihn ins Spital zu bringen, nichts, denn auch dort wird ein Sterbender nicht zwangsernährt.
Ihr beide, deine Schwiegermutter und du habt verschiedene Ansichten übers Sterben und Loslassen und ihr habt unterschiedliche Weisen, wie ihr mit der Situation klar kommt. Es ist für euch beide schwer. Ich hoffe einfach, dass dies nicht zu einem Konflikt am Sterbebett führt, denn das wäre wahrscheinlich für den Sterbenden sehr schlimm! Gib deiner Schwiegermutter Zeit, mit der Situation klar zu kommen.
Sterbende lesen sich den Zeitpunkt des Sterbens oft selber aus.
Manchmal können Menschen nicht sterben, weil geliebte Personen in der Nähe sind, und manchmal warten sie auf jemanden. Vielleicht wird das auch bei deinem Schwiegervater so sein und er wird erst loslassen können wenn eine bestimmte Situation eingetroffen ist.

Ich wünsche euch viel Liebe euren Patienten weiterhin zu begleiten.

Herzlich
Linda

[Jens B]

Liebe Pessy ich grüße Sie recht herzlich!

Nun ist eine sehr lange Zeit verstrichen & die Zeiger der Uhren haben sich unaufhörlich weitergedreht…
Darf ich Sie "vorsichtig" fragen, wie sich die Situation entwickelt hatte?
Ich hoffe auf eine positive Antwort und freue mich sehr, von Ihnen zu hören! (Gerne auch PN!)

Beste Grüße
Jens B