Leben muss weitergehen, oder?


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Woolmark
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Leben muss weitergehen, oder?

Beitragvon Woolmark » Mi 30 Mär 2016 21:13

Ihr Lieben,

ich habe hier: http://www.krebsforum.ch/forum/viewtopi ... 6176#16176 die aktuelle Situation meiner Mutter ein wenig geschildert.

Neben der Tatsache, dass ich meine Mutter so wie es aussieht viel zu früh verlieren werde und dass es mir unheimlich schwer fällt, sie leiden zu sehen und nicht dagegen tun zu können, stehe ich auch noch vor einem anderen Problem: mein eigenes Leben.

Ich bin 33 Jahre alt und bin nie all zu weit von meiner Mutter weg. Das weiteste waren 200 km und wir haben uns immer häufig gesehen, ich war 2 Mal 6 Monate weg, beim ersten Mal hat sie ihre erste Krebsdiagnose bekommen und das 2. Mal war im letzten Jahr. Um ehrlich zu sein, bin ich damals schon gegangen, mit dem Gedanken im Kopf, dass ich sie vielleicht nicht mehr sehen werde. Ich bin gegangen, weil ich eine persönliche und berufliche Veränderung brauchte, da ich selbst in einer tiefen Krise steckte. Es war für mich sehr schwer zu gehen und sie alleine zu lassen, aber am Ende habe ich mich dafür entschieden. Sie war in dieser Zeit auch "stabil".
Ich muss dazu sagen, dass sie im Pflegeheim ist, sie ist nicht allein in dem Sinne, zudem gibt es noch ihren Lebensgefährten, der jeden Tag bei ihr ist und meine Schwester. Meine Schwester ist aber selbst von der Situation auch (über) gefordert.

Nun ist es so, dass ich meine Liebe gefunden habe, im Ausland. Es ist jemand, den ich schon länger kenne und es hat lange gedauert, bis wir zueinander gefunden haben und ich denke, es ist die Chance auf Familie und all das. Er ist jedoch aus beruflichen Gründen noch mindestens 1 Jahr, eher 1, 5 Jahre im Ausland (USA). Ich könnte auch dort hin und würde es auch gerne, aber natürlich ist da meine Mutter. Sie sagt mir zwar selbst, ich solle gehen, es lohne sich für die Liebe...etc, aber immer wenn sie dann einen schlechteren Tag hat, fühle ich mich sofort schrecklich und denke, dass kann ich nicht machen.
Das Problem ist, dass meine Mutter nicht über das mögliche Sterben redet und man auch nicht abschätzen kann, wie viel Zeit ihr noch bleiben wird.

Ich lese hier immer, man soll noch viel gemeinsame Zeit miteinander verbringen und dass möchte ich auch, aber im Moment bin ich an einem Punkt, an dem ich mich in irgendeiner Form entscheiden muss. Wir haben uns vor über einem Jahr schon einmal vor ihr verabschiedet (eigentlich schon mehrmals), weil wir und alle sich sicher waren, dass meine Mutter es nicht schaffen würde. Und sie hat es geschafft. Wenn mit ein Arzt nun sagen würde, ihre Mutter hat nur noch 3 Monate oder so etwas, würde ich nicht gehen, aber ich weiss es einfach nicht. Und ich will nicht die Zeit, die ich mit meiner Mutter noch habe aufgeben, aber ich muss doch auch versuchen, mein eigenes Leben aufzubauen, oder?
Im Moment verbringen wir viel Zeit miteinander, ich fahre seit 2 Jahren 1 Mal die Woche zu ihr und versuche auch, diese Besuche schön zu gestalten, dass wir auch nicht immer nur über Ihren Zustand reden etc. Und falls ich wirklich gehen würde, würde ich spätestens alle 3 Monate zurück fliegen.

Gibt es hier User, die ähnliche Entscheidungen zu treffen hatten? Wie habt ihr eurer Leben weitergeführt? Kann man diese Frage überhaupt lösen.

Ich wäre euch sehr dankbar über eure Kommentare und Meinungen.

Vielen Dank.

aitangi
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Entscheidung

Beitragvon aitangi » Mo 11 Apr 2016 15:24

Hallo Woolmark

Du bist im Moment in einer heiklen Situation. Einerseits möchtest Du für Deine Mutter da sein und anderseits möchtest Du mit Deiner Liebe ein gemeinsames Leben aufbauen.
Ich kann Dir nicht aus eigener Erfahrung antworten, das heisst in so einer schwierigen Situation war ich noch nie. Aber ich versuche Dir meine Gedanken, die mir beim Lesen Deiner Zeilen durch den Kopf gegangen sind, aufzuschreiben.

Du schreibst selbst, dass Du eine Entscheidung treffen musst. Entscheidungen sind meist schwierig zu fällen da man ja keine falsche Entscheidung treffen will. Oft wird auch befürchtet, dass man sich eine falsche Entscheidung nicht verzeihen könnte. Aber es ist gut zu wissen, es gibt werde eine falsche noch eine richtige Entscheidung. Die Entscheidung die Du triffst muss schlussendlich für Dich stimmen.

Oft kann es helfen, wenn man sich die Vor- und Nachteile jeder Option (gehen oder bleiben) aufschreibt und sich dann überlegt was ist für mich wichtig, was weniger. Was muss jede Alternative erfüllen, was darf nicht sein usw.

Gemeinsame Zeit mit Deiner Mutter ist sicher wichtig und kann auch schön sein. Aber das heisst nicht, dass Du nicht auch aus den USA mit deiner Mutter kommunizieren kannst. Gerade heute wo man sich über Skype und den modernen Medien ganz natürlich über grosse Entfernungen unterhalten kann. Im Moment gehst Du einmal die Woche Deine Mutter besuchen. Gibt es Möglichkeiten wie Du diese Besuche auch aus dem Ausland gestalten könntest?

Auch wenn Du hier bleibst, könnte es sein dass Deine Mutter stirbt und Du bist nicht an Ihrer Seite.

Du schreibst, dass wenn du in die USA gehst, alle 3 Mt. zurückfliegen würdest. Hast Du Dir schon mal überlegt, dass Du z.B. alle ein bis zwei Monate eine Woche in die USA fliegst um Deinen Freund zu treffen? Gibt es die Möglichkeit das er zwischendurch mal in die Schweiz kommt?

Höre auf Dein Bauchgefühl, Deine Mutter steht Dir nicht im Weg so wie Du schreibst, sie würde Dich gehen lassen, wenn ich das richtig interpretiere. Sprich mit Deiner Mutter über Deine Gedanken und Vorstellungen. Aber noch einmal: die Entscheidung die Du letztendlich triffst, muss für Dich stimmen.

Ich wünsche Dir alles Gute.
Aitangi


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