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sarah
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Beitragvon sarah » Sa 1 Jul 2006 21:38

hallo zusammen

meine mam ist seit dezember letzten jahres an lungenkrebs erkrankt. zwischenzeitlich ging es ihr sehr gut, aber leider haben sie metastasen im kopf festgestellt, die auch sogleich bestrahlt wurden.
seit knapp einer woche ist meine mam nach einem spitalaufenthalt wieder bei uns zu hause. unsere familie (paps und meine schwester und ich) teilen uns die pfelge und unterstützung.
seit der schlechten nachricht mit dem metastasen ist meine mam noch verschlossener geworden. sie spricht kaum noch; auf fragen antwortet sie sehr oft mit 'ich weiss nicht'; wir versuchen sie so gut es geht abzulenken, trösten sie, wenn sie traurig ist... ich fühle mich einfach nur hilflos. sie sagt mir nicht, was wir tun können oder was wir lassen sollen. ich weiss, dass sie sehr viel studiert, wenn ich dann frage, worüber sie grüble, antwortet sie nicht...
kennt jemand die situation?
ich bin dankbar für jede antwort.
hebed sorg sarah

Vita
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Beitragvon Vita » So 2 Jul 2006 8:13

Liebe Sarah,

es tut mir sehr leid, was Deine Mam und Ihr alles erleiden müßt.
Deine Mutter scheint jetzt verständlicherweise sehr depressiv zu sein und es ist schwer oder vielleicht auch nicht möglich für Euch, sie aus diesem Tal herauszuholen.
Vielleicht wäre jetzt ein Psycho- Onkologe der richtige Ansprechpartner. Oder Ihr sprecht mit Eurem Hausarzt/ Hausärztin darüber.

Mein Mann starb im Januar an BSDK. Wir konnten über fast alles reden, aber krankheitsbedingt war er oft gereizt und oft verletzend zu uns.

Jeder reagiert charakterbedingt anders auf solche schlimmen Krankheiten.

Es ist jetzt auch für Dich als Tochter sehr belastend, daß Du mit ihr nicht reden kannst oder sie aufmuntern. Versuche, so weiter zu machen, sie zu trösten und zu stützen. Das hilft ihr auch, nur kann sie es Dir jetzt nicht zeigen.

Ich wünsche Euch viel Kraft für die kommende Zeit!

Vita

Silv
Beiträge: 8
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Beitragvon Silv » Do 20 Jul 2006 10:08

Liebe Sarah

Es tut mir sehr leid, dass Deine Mutter an Lungenkrebs erkrankt ist.
Es ist für die Angehörigen, vor allem für die Kinder, immer sehr schlimm wenn ein lieber Mensch an Krebs erkrankt ist.

Wenn ich Deine Zeilen lese, erkenne ich mich darin. Unsere Mutter war auch an Lungenkrebs erkrankt und hat viel zu wenig mit uns über die Krankheit gesprochen. Wenn wir mit dem Thema angefangen haben, ist sie immer sehr ruhig geworden und hat immer zu grübeln angefangen. Also haben wir leider viel zu wenig mit ihr, über ihre Krankheit, Ängste oder auch über ihre Gedanken gesprochen. Gott sei Dank, konnten meine Schwestern und ich über alles reden und das hat so gut getan. Oder auch sehr gute Kollegen haben mich auch ganz toll unterstützt und haben immer zugehört wenn ich "Druck" ablassen musste. Bitte sorg Dich auch um Dich selber. Lass Dich mal wieder von einem lieben Menschen verwöhnen, mit einem schönen Abendessen oder einem Tagesausflug. Dass tut Dir sicherlich gut und Du kannst wiedermal neue Energie tanken.

Wie geht es Deiner Mutter zur Zeit ? Und wie klappt die Pflege zu Hause ?

Viele liebe Grüsse und ganz ganz viel Kraft und Geduld sendet Dir

Silv

s.m.
Beiträge: 4
Registriert: Do 10 Aug 2006 20:07

Beitragvon s.m. » Fr 11 Aug 2006 18:37

liebe sarah,

ich kenne eine ähnliche situation.

meine mutter ist letztes jahr an krebs erkrankt und leider vor einem monat verstorben. wir hatten kaum die möglichkeit mit ihr über die krankheit, geschweige über das sterben zu sprechen, da sie sich immer mehr zurück gezogen hat und kaum von sich aus darüber sprach. wir (meine zwei schwestern und ich) versuchten alles, damit es ihr den umständen entsprechend gut geht...wir erledigten den haushalt, wir pflegten sie am schluss und versuchten einfach ihr alles abzunehmen, was sie nicht mehr machen wollte oder konnte.. wir waren auch immer bereit und offen für ein gespräch, dass aber leider kaum stattfand... als sie zuletzt im spital war und wir sie besuchten und sie manchmal fragten ob wir gehen sollen oder noch bleiben, antwortete sie immer 'das müsst ihr wissen' oder 'ist mir egal'... auch auf den versuch mit ihr über den schmerz und die trauer zu sprechen, reagierte sie kaum... wenn ich manchmal zu weinen anfing, hat sie kaum reagiert oder mir gesagt, dass das nichts bringen würde... ich hab immer versucht mit ihr zu weinen, leider gelang mir das kaum... ich kann dir sehr nachfühlen, wie hilflos und auch traurig es macht, wenn ein lieber mensch sich verschliesst und man das gefühl hat, ihn in seinem innern nicht mehr zu erreichen und dahin zu gelangen... ich kann dir auch nachempfinden, dass du dir wahrscheinlich wünschen würdest, deine ängste und gedanken mit ihr zu teilen und auszutauschen, besonders weil es deine mutter ist, die wahrscheinlich eine wichtige ansprechperson für dich ist...
das einzige was ich dir raten kann, ist für deine mutter da zu sein...
von freundinnen meiner mutter habe ich erfahren, dass meine mutter immer sehr froh und dankbar war, dass sie sich immer auf uns verlassen kann und wir für sie da waren... auch wenn ich sehr hilflos und traurig war, dass sich meine mutter so verschlossen hat, bin ich doch überzogen, dass sie gespührt hat und dankbar war, dass ich immer für sie da war und sie sich auf mich verlassen konnte...

ich weiss nicht ob ich dir irgendwie helfen konnte, da ich selber leider keine lösung für dieses problem gefunden habe... ich wünsche dir und deiner familie einfach ganz viel kraft in dieser schwierigen zeit!

wie geht es deiner mutter jetzt? und dir?

gib auf dich acht! alles liebe, s.m.

Linda
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Beitragvon Linda » Mi 16 Aug 2006 16:36

Liebe Sarah, liebe s.m,

es ist schwierig, mit jemanden über Gefühle, oder gar das Sterben zu sprechen, wenn der oder die betroffende Person gar nicht darüber reden will oder nicht kann. Ich habe dies bei meinem Mann erlebt. Oft befand er sich eben an einem anderen Punkt als ich oder meine Kinder. Auch er hat sich immer mehr von uns zurück gezogen, es war wie ein Abschied in kleinen Schritten. Seine Welt wurde immer kleiner, seine körperlichen und psychischen Fakultäten immer mehr durch die Krankheit eingeschränkt. Die Gewissheit, dass die geliebte Person bald sterben wird, aber auch das immer wieder Abschied nehmen von kleinen Dingen und lieben Gewohnheiten, das Wahrnehmen der immer grösser werdenden Distanz, eben das Hinübergleiten in eine ander Dimension macht unendlich traurig und tut sehr weh. Man fühlt sich als Aussenseiter, darf nur zusehen, begleiten, warten und hoffen.
Da hilft es enorm, wenn man mit anderen lieben und vertrauten Menschen austauschen und auch weinen darf.
Alles Liebe und viel Kraft
Linda

s.m.
Beiträge: 4
Registriert: Do 10 Aug 2006 20:07

Beitragvon s.m. » Sa 19 Aug 2006 19:05

liebe linda,

danke für deine lieben worte. deine worte haben mich sehr bewegt... bis jetzt habe ich mir noch kaum diesen gedankgang gemacht, dass das abschiednehmen wirklich schon vor dem tod meiner mutter begonnen hat. deine worte haben mir sehr geholfen...seit dem tod meiner mutter hatte ich immer das gefühl, ich sei irgendwie komisch oder kann nicht richtig trauern, da ich mich so anders erlebt habe, als vor sechs jahren beim tode meines bruders, der so plötzlich kam. bei ihm war ich so geschockt und weinte sehr oft und intensiv... doch beim abschied von meiner mutter erlebe ich mich nun so anders... erst jetzt wird mir bewusst, dass ich ja schon vor ihrem tod oft geweint und mich mit dem abschied von ihr auseinandergesetzt habe... es war wirklich wie du schreibst... ihre welt wurde immer kleiner und die distanz zu ihr immer grösser... es war wie wenn sie langsam von mir weg trieb... und ich hatte keine möglichkeit sie zu halten... auch wenn ich noch so wollte... ich vermisse sie einfach so...

danke für deine hilfreichen worte...

wie geht es dir heute? und deinen kindern?

ich wünsche auch dir ganz viel kraft und alles liebe!
gib auf dich acht, s.m.


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