Über die Fremdbestimmung


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Känguruh
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Über die Fremdbestimmung

Beitragvon Känguruh » Mo 18 Jul 2005 9:21

Hallo zusammen,

ich freue mich sehr über dieses Forum und möchte hier der Krebsliga dazu ein Kompliment machen. Da es noch ganz neu ist, poltere ich mit meinem Thema hier ein bisschen frech herein, aber vielleicht können mir ja auch die ModeratorInnen etwas dazu sagen.

Ich bin seit September 2000 Brustkrebspatientin. Die Verarbeitung der Krankheit und das eigene Umgehen damit ist hart und braucht schliesslich seine Zeit, aber dieser eigene Kampf finde ich - seufz! - noch relativ "harmlos", wenn ich es vergleiche mit dem Umgang, welcher da von Aussen kommt.
Gerade weil bis heute mein Gesundheitszustand soweit stabil ist, stosse ich bei Aussenstehenden - selbst bei Freunden und Familie - immer wieder auf Ignoranz, und je länger die Zeit seit der Diagnose her ist, um so mehr Ignoranz - ja sogar noch krassere Ignoranz - erlebe ich somit von Aussenstehenden.
Mir geht's nicht um's "beglucken" oder sowas, sondern um's simple Ernst-Nehmen, wenn ich heute überhaupt mal meine Krankheit erwähne! Ich mache leider immer wieder die Erfahrung, dass - kaum erwähne ich das Wort Krebs - ich sogleich eine Form von "Angriff" erlebe, welcher da in etwa lautet: "Ich kenne auch jemanden mit Krebs, ... aber der jammert nicht so wie du!"
Dieses sogenannte "Jammern" wird mir gerne unterstellt, obwohl ich das simple Erwähnen der Krankheit noch lange nicht als "Jammern" empfinde. Ich möchte schliesslich SAGEN können, dass da bei mir eine Krebskrankheit ist, oder dass ich deswegen wieder zur Arztkontrolle gehen muss, und dass ich deswegen wieder das Zittern habe, oder dass ich deswegen gerne eine Begleitung hätte ...

Ich habe es auch schon andersrum versucht, und die Krankheit bei Aussenstehenden für längere Zeit verschwiegen, aber ... irgendwann kommt es ja doch raus, und dann wiederum ... erfahre ich dafür die andere Form des "Angriffes", welche da fragt, warum ich denn so ein Geheimnis daraus mache, warum ich nichts gesagt hätte, und irgendwas "stimmt" somit mit mir nicht, ich könne offenbar nicht damit umgehen, hätte die Krankheit nicht verarbeitet, usw.!

Egal wie ich's somit mache, es wird nie recht sein. So habe ich mit diesem "Aussen" einen noch viel krasseren und ENDLOSEREN Kampf, als mit mir und meiner Krankheit selber.
Das belastet, und es wird auch nie aufhören, wie mir scheint. Weil Aussenstehende wohl nicht wissen, wie sie selber damit umgehen sollen. Erkläre ich den Aussenstehenden dieses Problem, belächeln sie mich erneut wieder. Und schliesslich wollen diese ja nicht von MIR belehrt werden, denn SIE wissen immer alles besser. Fremdbestimmend sagen sie mir, wie ich zu denken und zu handeln habe.

Nun kann man sagen "Das-ist-halt-so!", ... aber ich kann diesen Satz echt nicht mehr hören.
Natürlich GIBT es ganz wenige Menschen von Aussen, welche etwas mehr Einfühlungsvermögen und Verständnis haben, und welche nicht so extreme Ignoranz leben, ... aber das fremdbestimmende Besserwissen scheint mir, kommt immer wieder mal hervor. Die "Zeit heilt viele Wunden", und dies eben offenbar auch bei Aussenstehenden. Mein Alltag ist heute auch ruhiger geworden, der Umgang mit der Krankheit soweit sicher soweit bewältigt, aber ... SAGEN möchte ich es Aussenstehenden doch können, oder?

Ich würde gerne wissen, wie andere Betroffene damit umgehen, oder welche "schlagfertigen Antworten" sie sich selber angeeignet haben, um mit dieser dauernden Fremdbestimmung von Aussen umzugehen.

Ich würde auch gerne wissen, wie die Krebsliga dazu kommt, Krebspatienten nach abgelaufenen fünf Jahren zu sagen, sie seien jetzt "keine Krebspatienten mehr", und somit stehe ihnen keine Beratung mehr zur Verfügung, ... um damit wahrscheinlich Beratungszeit- und Kosten zu sparen?
Denn OB ein/e KrebspatientIn sich noch als KrebspatientIn sieht oder nicht, kann ja nur er/sie selber beurteilen und nach seinem/ihrem psychischen Zustand entscheiden, weil ja schliesslich jeder anders damit umgeht, und jeder seine eigene Zeit dazu braucht. Handelt somit nicht auch die Krebsliga fremdbestimmend?
Ich selbst sehe mich für den Rest meines Lebens als Krebspatientin, weil ich dauernd zu den Ärzten rennen muss WEGEN dem Krebs, und weil ich schliesslich für den Rest meines Lebens mit den Mehr-Ängsten oder Weniger-Ängsten leben muss. - Auch dies ist nicht "jammernd" gemeint, sondern eben rein realistisch und nüchtern.
Ich selbst kann vor dieser Tatsache nicht flüchten. Warum tun's dann immer fremdbestimmend die anderen?

Könnte hier die Krebsliga nicht auch vermehrt eine Öffentlichkeitsarbeit machen, welche den "Umgang" mit Krebspatienten etwas aufklärt?

Es grüsst das Känguruh

Christina

Antwort: über die Fremdbestimmung

Beitragvon Christina » Mi 20 Jul 2005 12:56

Hallo Känguruh,
ich kann mir gut vorstellen, dass Ihnen die Reaktionen Ihrer Umgebung Mühe machen. Es ist verständlich, dass Sie diese Äusserungen wütend machen und verletzen.
Wahrscheinlich kann tatsächlich nur ein Mensch, der selber dieses Schicksal erlitten hat nachvollziehen, was eine Krebserkrankung für den Betroffenen wirklich bedeutet.
Ich finde es sehr wichtig, dass Sie über den Krebs sprechen können. Dies kann eine wichtige Bewältigungsstrategie sein.
Haben Sie kontakt mit anderen Frauen mit Brustkrebs. Möglicherweise kann der Austausch mit anderen Betroffenen zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe (Leben wie zuvor) hilfreich sein.
Für mich ist auch Ihre Angst vor Nachkontrollen nachvollziehbar. Krebs ist eine chronische Krankheit, die zum Glück in machen Fällen geheilt werden kann, in anderen leider jedoch nicht.
Sie schreiben weiter , dass manche Ihrer Mitmenschen das Erwähnen des Wortes Krebs als Jammern deuten. Krebs ist leider nach wie vor ein Tabuthema. Könnte das Erwähnen des Wortes Krebs an die eignene Sterblichkeit erinnern?
Sie erwähnen, dass die Krebsliga mehr Öffentlichkeitsarbeit machen sollte. Gerade mit diesem Forum engagiert sich die Krebsliga in diesem Bereich. In Frankreich hat das Krebsforum auf politischer Ebene Wirkung gezeigt; es wurde Menschen mit Krebs eine Stimme gegeben.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und ich ermutige Sie so zu bleiben wie Sie sind.

Liebe Grüsse
Christina, Moderatorin

Känguruh
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Über die Fremdbestimmung

Beitragvon Känguruh » Do 21 Jul 2005 10:52

Hallo Christina,

danke für Ihre liebe Antwort.
Ich weiss, dass der "Umgang mit der Krebskrankheit" ein heikles Thema sein kann, denn ich beschäftige mich schon seit Beginn der Diagnose damit.
Ich habe am Anfang auch eine Selbsthilfegruppe besucht (Leben wie zuvor), jedoch wollte ich eigentlich "neue Wege im Leben" gehen, aber das war damals nicht gerade ein Gesprächsthema in der Gruppe. (Die Frage lautet eben in der Regel nicht "was kann ich jetzt neu im Leben machen?", sondern eher "wie kann ich mein Leben wie zuvor wieder zurück haben?".)

So bin ich im Internet im deutschen "Krebskompass" gelandet, um mich dort dann für die nächsten drei Jahre mit Betroffenen und Angehörigen auszutauschen. Ich fand es auch grad besonders wichtig, mit den fragenden Angehörigen zu plaudern, denn jene, die sich dort meldeten, waren eben an der Frage des Umgangs mit der Krankheit interessiert. Da war es mir wichtig, die Sichten, Gedanken und Wünsche der Betroffenen für sie in erklärende Worte fassen zu können. Das ist nicht grad einfach, aber machbar.

Das Interesse an der Frage kommt aber leider meist erst dann beim Menschen, wenn er direkt oder indirekt damit konfrontiert wird, und wenn er wirklich helfen WILL. - Ich habe aber offenbar ein bisschen das Pech, dass meine Aussen-Umgebung gar nicht helfen will oder nicht kann, sei es aus Angst davor, das Falsche in der Hilfe zu machen, oder sei es aus Angst vor dem "Todes-Thema" selbst. Daher sind "Sprüche" eher an der Tagesordnung (welche die Tatsache verharmlosen, verleugnen oder beschönlichen), als der simple und ernstnehmende Satz: "Ich weiss nicht, wie ich dir helfen kann. Sprich mit mir, sag mir bitte, was ich für dich tun kann, wenn du mich brauchst."

Durch die vielen "Gespräche" im "Krebskompass" habe ich nicht nur mir selbst für die Verarbeitung, sondern auch vielen Angehören helfen können. So gesehen hat diese "schriftliche Form" der Kommunikation schon sehr viel Gutes gebracht. (Leider wurde das Forum plötzlich eine Zeit lang von Misstrauen und heftigen Angriffen gewisser anonymen User durchlöchert, so dass ich mich dort dann zurück gezogen habe. - Ich find's daher gut, wenn das Forum hier von der Krebsliga etwas betreut wird.)

Die Frage als solches (die Fremdbestimmung von Aussen) möchte ich aber trotzdem gerne hier hinstellen, denn manchmal ist man als Betroffene/r über diese "Sprüche" , dieses "Bestimmen was man zu tun hat", oder diese Ignoranz so sehr ratlos, (besonders wenn es vermehrt im Alltag über längere Zeit immer wieder vorkommt) dass man sich eben als Betroffene/r gerne mal zurück zieht, und wenn's schlimm kommt, dann eben in die Einsamkeit zurück zieht, oder aber man beginnt, mit dem Tabu zu leben und dies zu akzeptieren, indem man anfängt, NUR noch darüber zu schweigen (um der Kritik, der Ignoranz, der Verharmlosung, dem Nicht-Ernstnehmen, den Verletzungen zu entgehen). Dies kann eben die Folge des Ganzen sein, wenn man sich selber - in der eigenen Ohnmacht der Betroffenheit - nicht selber eine Elefantenhaut zulegt.
Und so mein ich, darf's ja schon nicht sein.
Ein Forum hilft schon sehr zur Verständigung und Kommunikation darüber, auch um das Tabu bei vielen zu brechen. Aber leider hat ja nicht jeder einen Internetzugang.

Wie kann man als Betroffene/r also damit umgehen, wenn das ganze Aussen kein Interesse an Fragen hat, keinen Internet-Zugang hat, und gar kein Interesse am Wort "Krebs" selber hat? - Schweigt man als Betroffene/r immer darüber, dann unterstützt man das Tabu und die Ängste für die anderen. Redet man als Betroffene/r hingegen darüber, muss man Sprüche und Verletzungen in Kauf nehmen.
Das macht mich schon manchmal wütend, aber eben selber auch hilflos. Ich merke, dass ich da draussen nämlich vermehrt lieber über das Thema zu "schweigen" anfange, genau um dem zu entgehen. Aber eigentlich will ich das gar nicht.

Liebe herzliche Grüsse
vom Känguruh

lisa
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Beitragvon lisa » Fr 22 Jul 2005 14:50

Hallo Känguruh,

ich habe dein Eintrag gelesen und muss sagen irgendwie machen mir deine Aussagen ein wenig Mühe. Vielleicht solltest du dich mal fragen warum alle das Gefühl haben, dass du jammerst. Für die nicht Betroffenen geht das Leben weiter und oft haben auch die Angehörigen nicht immer die Kraft über deine Krankheit zu reden. Deine Angst vor dem Arztbesuch kann ich gut verstehen, vielleicht kommt es auf die Art an wie du fragst oder wie du deine Bitte verpackst.
Du hast auch das Gefühl, dass dich die Aussenstehenden nicht ernst nehmen, vielleicht haben sie ja Mühe mit der Sitiation umzugehen, aber dann würde ich auch keine Belehrung von dir aktzeptieren. Für eine Fremdbestimmung braucht es immer zwei Personen, eine die bestimmt und die andere die über sich bestimmen lässt. Du musst dich ja nicht fremdbestimmen lassen, du bist ein eigenständiger Mensch, aber auch dein Gegenüber ist ein eigenständiger Mensch und lässt sich nicht gerne fremdbestimmen.
Du erwähnst dass die Krebsliga mehr Oeffentlichkeitsarbeit im Umgang mir Krebspatienten machen sollte. Wie stellst du dir das vor? Der Umgang mit dem Nächsten ist so individuell wie jeder Mensch auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man irgendwelche Regeln aufstellen kann um mit seinem Nächsten umzugehen.
Ich bin zwar nicht krebskrank, kenne aber mehrere Krebskranke und stelle immer wieder fest, wie individuell die mit Ihrer Krankheit umgehen.
Ich möchte dich nicht angreifen, möchte dir aber Mut machen deine Probleme auch mal von der anderen Seite zu betrachten. Eine Veränderung kann schlussendlich nur von dir ausgehen.

Ich wünsche dir alles Gute Lisa

Känguruh
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Beitragvon Känguruh » Fr 22 Jul 2005 23:04

Hallo Lisa,

danke für Deine Gedanken und Deine Antwort.
Du sagst, Du möchtest mir Mut machen, meine Probleme auch mal von der anderen Seite zu sehen, und eine Veränderung könne schlussendlich nur von mir ausgehen.
Weisst Du, ich kenne die andere Seite durchaus, da ich ja auch mal Nicht-Krebspatientin war, und ebenso mehrmals mit dieser Krankheit bei anderen Menschen konfrontiert wurde und eben auch nicht damit umgehen konnte. So gesehen ist heute, wo ich beide Seiten kenne, die "Veränderung" durchaus schon längst von mir ausgegangen. (Lach!)

Ich weiss, dass die Aussenstehenden nicht immer die Kraft haben, über meine Krankheit zu reden. Die hab ich auch nicht immer.
Aber ich spreche ja nicht davon, dass ich tagtäglich meine nahe Aussenwelt damit "belaste", sondern realtiv SELTEN, genau genommen ... vielleicht alle halbe Jahre mal, wenn ich zur grösseren Arztkontrolle gehen muss, hm? Dass ich da noch immer jedesmal den Bammel davor habe, wird ja wohl verständlich sein, weil ich auch nie weiss, wie die Ergebnisse der Arztkontrollen sein werden. Da wünsche ich mir sehr das DA-Sein von jemandem. (Meistens hat aber eben keiner Zeit - warum auch immer!).

Es gibt aber auch andere Situationen im Alltag, wo man neue Menschen kennenlernt, und wo irgendwann dann von mir erwähnt wird, dass ich Krebspatientin bin. (Wozu auch ein Tabu darüber machen?) Das ergibt sich gerne mal in den Gesprächen, vor allem bei der Frage, was ich denn so beruflich tue, und dann darf ich - wenn ich nicht lügen will - erklären, warum ich heute (ungewollt) IV-Rentnerin bin (oder warum ich kürzlich noch beim Sozialamt war). Die Reaktionen über die Krebs-Tatsache sind verschieden, meistens wird mit schockierendem Blick reagiert und dann darüber geschwiegen oder schnell das Thema gewechselt, oder aber man geht darauf ein und guckt mich schief an mit einem Lächeln und den Worten: "Aber das ist doch nicht so schlimm, du siehst doch gesund aus!"
Krassere Antworten lauten ähnlich wie: "Ja, wir haben alle unsere Leiden, ich habe da auch so ein Hühnerauge, das mir so schrecklich weh tut ...!" oder gar "Du bist doch keine Krebspatientin! Du siehst das völlig negativ! Du musst positiv denken!"

Es ist wohl verständlich, dass ich solche Menschen mit solchen Aussagen NICHT danach frage, ob diese mal für mich DA-Sein wollen, wenn ich zur Arztkontrolle gehen muss!
In diesen Aussagen von ihnen steckt durchaus Ignoranz, eigene Angst, Verleugnung, Verharmlosung, ... und immer auch eine versteckte Erwartungshaltung, WIE ich zu handeln und zu reagieren habe. (Das ist jetzt nicht vorwurfsvoll gemeint, aber helfen tut's mir ja auch nichts!) Denn versuche ich hier nun ein freundliches Erklärungsgespräch aufzubauen, wie ich mich fühle, wie es mir geht, usw., damit sie versuchen, mich und meine Situation zu verstehen, ... verstricke ich SIE so sehr in eine Konfrontation damit, in welcher sie gar nicht sein möchten. Also kommen da sehr schnelle Worte wie "Du musst halt ..." oder "Du darfst nicht ...!" oder "Jetzt mach mal ...!" - Gehe ich nicht auf ihre Erwartungshaltungen oder Forderungen ein (so wie SIE handeln würden an meiner Stelle), so geschieht es gerne mal, dass sich diese Leute von mir zurück ziehen - und tschüss!
Fazit: Ich habe in solchen Fällen lediglich erwähnt, Krebspatientin zu sein, und vielleicht noch versucht, zu erklären wie das so ist. Ich habe keine Forderung bei ihnen gestellt, ich habe sie lediglich mit der Tatsache konfrontiert.
Die Fremdbestimmung geschieht also von Aussen, aber ich lasse sie nicht zu. Fakt ist jedoch, die Fremdbestimmung existiert noch immer. (Fremdbestimmung ist zwar in der Regel immer gutgemeint - manche Leute wissen "gutgemeint" oftmals sogar noch besser Bescheid als die Ärzte (grins!) - aber die Folgen der Fremdbestimmung können für die Betroffenen eben auch schädlich sein, weil es für sie belastend, zu fordernd, und manchmal auch belästigend sein kann. Es entspricht dann nicht der wirklichen Hilfe, welche sie eigentlich benötigen.)

Du meinst also tatsächlich, eine Veränderung könne schlussendlich nur von mir ausgehen? - Nun ja, wenn ich künftig immer nur schweige über die Tatsache, dann schon. Dann habe ich (als Krebspatientin) auf alle anderen schön Rücksicht genommen, aber eben keiner auf mich!
Nein Lisa, es sollte umgekehrt sein: Der Umgang mit Kranken muss gelernt werden!
Du sagst: "Der Umgang mit dem Nächsten ist so individuell wie jeder Mensch auch." Da hast Du recht. Trotzdem gibt es einen grundlegenden "roten Faden" des Erlebens, was alle Krebspatienten (oder eben Menschen mit tödlichen Krankheiten) ähnlich durchmachen. Wenn Du diesen "roten Faden" erkennst, dann wirst Du sogar in Worten richtig formulieren können, welche "Formen" von Hilfe Krebsbetroffene brauchen! (Ich nenne es hier jetzt extra nicht "Regeln", weil dies etwas krass klingt. Aber es sind eigentlich ganz einfache und ethische Dinge, die sich durch das ganze menschliche Reagieren hindurchziehen.)

" ... Ich möchte dich nicht angreifen, möchte dir aber Mut machen deine Probleme ..."

Es sind nicht meine Probleme, Lisa. Es sind die Probleme der anderen. Sie laden diese lediglich auf mich ab. Und daher suche ich selber nach dem "Umgang" damit. Wie gehe ich damit um, wenn andere ihre Probleme, das Nicht-Wahrhabenwollen, das Verdrängen usw, ... auf mich abwälzen wollen?
Siehst Du, auch aus Deinen Zeilen klingt bereits Unglaube, denn Du siehst eine mögliche "Schuld" lediglich bei mir, aber kaum bei den Aussenstehenden. Somit muss ich wohl tatsächlich zu viel jammern. (Hier darf ich übrigens jammern, ich bin hier in einem Krebsforum. Aber bedenke, dass ich jenes, was ich hier schreibe, ... eben da draussen KAUM den Leuten erzählen kann!)

Mir geht es nicht darum, über Aussenstehende zu schimpfen, denn ich weiss, wie schwierig der Umgang damit ist. Im Gegenteil, ich möchte etwas für die Verständigung tun können.
Wenn dieses Forum hier ein bisschen gewachsen ist, wirst Du sicher auch feststellen, dass ich als Betroffene mit meinen Sorgen hier nicht alleine bin. Die Ignoranz und die Fremdbestimmung von Aussen geschieht in allen Facetten und Formen, und da leiden viele Krebspatienten darunter. Die Frage lautet eher, ob Krebsbetroffene dies auch in Worte fassen und erklären können, oder ob es sie sprachlos macht oder ob sie es halt irgendwie akzeptieren, weil sie es eh nicht zu ändern wissen.

Wenn Du mehrere Krebskranke kennst, Lisa, ... hast Du diese jemals danach gefragt, wie diese damit klarkommen, wie ihre Aussenwelt mit ihnen und ihrer Krankheit umgeht? Versuche es mal, Du wirst sicher überrascht über die Antworten sein.

Ich sende Dir liebe Grüsse, und sorry wegen meinem langen Text hier.

Känguruh

Nomade
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Viel Bitterkeit...

Beitragvon Nomade » So 14 Aug 2005 15:33

Liebe Känguruh
Aus Deinen Berichten fühle ich viel Bitterkeit gegen Dein Umfeld. Bitte bedenke, das sind alles nur Menschen.
Ich bin auch Krebskrank und ich gehe gegenüber meinem Umfeld sehr offen mit dem Thema um. Die Reaktionen sind so vielfältig wie die Menschen selber. Ich finde das natürlich und habe keine speziellen Erwartungen, wie die Leute bitte mit dieser Nachricht und mir umzugehen haben. Nimmst Du Dich nicht etwas zu sehr wichtig? Es gibt noch viele andere, genauso belastende Krankheiten und Schicksale wie Krebs, in unserer Gesedllschaft. Wir haben alle unser eigenes "Päckli" zu tragen. Ich wünsche Dir etwas mehr Selbstbewusstsein, dann ist der Umgang der Anderen mit Deiner Krankheit vielleicht nicht mehr sooo wichtig für Dich.
Versuch doch Dein Leben zu geniessen und nicht dauernd an Deiner Krankheit rum zu studieren. Akzeptier sie als Teil von Dir und lebe weiter!
Man kann sich auch zu viel Gedanken machen. Ich weiss, auch Du kannst nicht aus Deiner Haut, trotzdem wünsche ich Dir etwas mehr Lebensfreude!
Nomade

Känguruh
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Keine Bitterkeit, sondern gegenseitige Hilfe

Beitragvon Känguruh » Mo 15 Aug 2005 11:30

Hallo Nomade,

Man scheint mich hier etwas falsch zu verstehen. Ich möchte gerne darüber diskutieren können, wie Aussenstehende mit Krebsbetroffenen und deren Krankheiten umgehen, und wie wir Betroffenen wiederum damit umgehen können. Dazu bringe ich lediglich erlebte Beispiele von mir selbst. Aus Erfahrung weiss ich, dass auch andere Betroffene Mühe damit haben und ich bin damit absolut nicht alleine.
Selbst nahe Angehörige, die sich um ihre lieben krebskranken Menschen helfend kümmern wollen, können diese Mühe mit dem Umgang von Aussen haben. Auch sie verlieren Bekannte und Freundschaften, weil DIESE nicht damit umgehen können.
Es ist also ein grundlegendes Problem, mit welchem alle konfrontiert werden.
Und der Thread hier heisst schliesslich "Umgang mit Krebs und Krankheitsbewältigung". Dazu gehören nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch Aussenstehende.

"Ich wünsche Dir etwas mehr Selbstbewusstsein, dann ist der Umgang der Anderen mit Deiner Krankheit vielleicht nicht mehr sooo wichtig für Dich."

Es IST wichtig, Nomade, denn wenn wir nicht darüber offen sprechen können, belassen wir es sonst beim Tabu. Das Thema hat bei mir auch nichts mit einem "mangelnden Selbstbewusstsein" zu tun, sondern im Gegenteil, mit einem frischen und "hellwachen Selbstbewusstsein", das eben nicht nur mich selber betrifft.
Über die eigene Krebskrankheit bei Aussenstehenden sprechen zu können, sie durchaus auch nur mal erwähnen zu können, ... ist etwas vom Selbstverständlichsten. Wenn Aussenstehende damit jedoch nicht umgehen können, und ihre Unfähigkeit mit z.B. "Sprüchen" auf dich abladen, ist dir damit keinesfalls geholfen, sondern du wurdest nicht wirklich ernst genommen und man will dir nicht mal zuhören. Auf die Dauer kann dir das schaden. (Es sei denn, du hast eine Elefantenhaut. Aber die hat nun mal nicht jeder.).
Nun kannst du dies entweder akzeptieren und fügst dich der Sache, indem du dir einfach sagst, dass du zu deinem eigenen Schutze überhaupt nie mehr bei irgendwem deine Krebskrankheit erwähnst (womit du als Krebspatient selbst jeweils Rücksicht auf die anderen nimmst und die Ignoranz, die Unfähigkeit und gar die Fremdbestimmung der Aussenstehenden mitunterstützt), ... oder aber du fragst dich, ob du dich eigentlich dauernd so ignorant von Aussenstehenden behandelt sehen willst, und ob du da Lösungen suchen kannst oder was für die Aufklärung tun willst.
Hier hast Du die Wahl. - Welche Variante zeugt von mehr Selbstbewusstsein?

"Versuch doch Dein Leben zu geniessen und nicht dauernd an Deiner Krankheit rum zu studieren. Akzeptier sie als Teil von Dir und lebe weiter!"

Das habe ich schon längst getan. - Was hat dies aber nun mit diesem Thema zu tun?
Warum erzählst Du nicht auch etwas von Deinen Erlebnissen über den Umgang von Aussen mit Dir und Deiner Krankheit?

"Man kann sich auch zu viel Gedanken machen."

Ja, aber manchmal kann man sich auch zu WENIGE Gedanken machen. Das ist dann einfacher, gell?

"... trotzdem wünsche ich Dir etwas mehr Lebensfreude!"

Keine Ahnung, wie Du darauf kommst, dass ich kaum Lebensfreude hätte. Nur wenn ich ein Problem erwähne, worüber ich hier sprechen will, soll ich Deiner Meinung nach über zu wenig Lebensfreude verfügen?
Dieser "Spruch" - lach! - erinnert mich genau an die "Sprüche" von Aussenstehenden: Hau dem Krebspatienten eins auf's Dach und sag ihm, dass das Problem bei IHM liegt, damit er endlich das Thema sein lässt!

Komm schon, das kann nicht Dein Ernst sein, oder?

"Wir haben alle unser eigenes "Päckli" zu tragen."

Da hast Du recht. Aber es ist auch ein bisschen eine schweizer Mentalität, dass jeder nur für sich schaut. - Warum tragen wir das "Päckli" also nicht gemeinsam und zusammen? Und reden darüber?

Es grüsst
das Känguruh

Nomade
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Beitragvon Nomade » Mo 15 Aug 2005 20:59

Hallo Känguruh
Wie ich bereits erwähnt habe, gehe ich mit meiner Situation gegenüber meinem Umfeld sehr offen um. Die Reaktionen sind sehr vielfältig und man bekommt tatsächlich viel Zweckoptimissmus zu hören. Ich verstehe nicht, wie Du es hinkriegen willst, die Menschen dazu zu bringen, wie Du möchtest, dass sie auf dich eingehen sollen. Da erwartest Du schlicht zu viel von deinen Mitmenschen. Bist Du denn perfekt und sicher, immer richtig auf andere Menschen und Ihre Probleme zu reagieren??
In meinem Umfeld gibt es Menschen die mit mir sehr gut über meine Situation sprechen können und es gibt nun mal solche die können es nicht. Ich kann das akzeptieren. Wie willst Du die Leute zwingen? Du verschwendest Deine Energie, die Du für Dein Wohlbefinden besser einsetzen könntest.
Wenn Du meine bisherigen Einträge in diesem Forum ansiehst, wirst Du sehen, dass es für mich kein Tabuthema gibt. Damit mag ich sogar andere vor den Kopf stossen, ich sage meine Meinung trotzdem. Dass sie
nicht von allen geteilt wird empfinde ich als natürlich. Du kannst Unterstützung und Hilfe nicht von Jedermann erwarten. Konzentrier Dich auf die Menschen wo Du die für Dich wichtige Unterstützung erhältst.
Ich habe meinen Weg, mein Päckli zu tragen in der Tat gefunden, wobei ich das nicht alleine tun muss. Meine Situation ist bedeutend schlechter als Deine, (palliativtherapie), vielleicht fällt es mir deshalb auch einfacher als Dir, mich auf Wesentliches zu konzentrieren.

Liebe Grüsse, Nomade

Känguruh
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Zum Wohlbefinden

Beitragvon Känguruh » Di 16 Aug 2005 17:39

Hallo Nomade,

" ...Du verschwendest Deine Energie, die Du für Dein Wohlbefinden besser einsetzen könntest."

Hm! Da ich nun mal nicht alleine auf der Welt bin - und das ja auch nicht will - , hängt mein Wohlbefinden schon auch etwas von meiner sozialen Aussenwelt ab.

Wenn ich z.B. fünf Leute frage, ob sie bereit wären, mich zu einem Arzttermin zu begleiten, oder hinterher wenigstens einen Kaffee mit mir trinken zu gehen, damit ich nicht so alleine bin, ... und alle fünf lächeln darüber und finden, ich übertreibe mit meinen "Ängsten", oder sie haben einfach keine Zeit für mich, oder sie wechseln schnell das Thema, ... dann wird das Ergebnis des Ganzen sein, dass ich meine Arzttermine alleine und ohne Begleitung tätigen muss.
Und mein Wohlbefinden wird deshalb keinesfalls besser sein, im Gegenteil.

Natürlich kann ich deren "Reaktionen" auch akzeptieren, denn ändern kann ich die Leute ja nicht. Oder kaum. Vielleicht kann ich versuchen, beim einen oder anderen etwas bittender und hartnäckiger zu sein. Aber will ich das? Denn je bittender und hartnäckiger ich werde, um so eher ziehen sie sich dann zurück.
Ich kann auch versuchen, bittend und erklärend mit ihnen zu sprechen. Aber wenn sie nicht darüber reden wollen, dann wollen sie eben nicht.
Naja, also MUSS ich ihre Haltung akzeptieren und gehe dann eben notgedrungen alleine zu meinen Arztterminen hin. - Tja, und somit haben fünf Menschen eine Krebspatientin alleine mit ihren Ängsten gelassen!
Das soll es also sein?

Das ist jetzt nur ein Beispiel - wobei mitberücksichtigt ist, dass ja nicht jeder Krebsbetroffene immer das Glück hat, unterstützende und wirklich helfende Menschen um sich zu haben. So kann es durchaus sein, dass jemand plötzlich ganz alleine ist und in einer solchen Situation steht, wie die oben genannte.
Also: Wie geht der oder die Betroffene nun damit um?
Das nächste mal einfach fünf "andere" Leute fragen? Und wenn die wiederum nicht wollen, dann halt nochmals fünf andere? Der zwanzigste wird sich dann vielleicht bereitwillig erklären und ihn/sie begleiten, hm-hm! Wow! Was für ein Sieg!

Schau, es ist doch das Simpelste vom Simplen, jemandem ein bisschen zu helfen, wenn dieser danach fragt. Für mich jedenfalls ist dies selbstverständlich.
Und ob die Hilfe nun für einen Krebspatienten ist, welcher lediglich zur Nachkontrolle gehen muss, oder ob es ein Krebspatient ist, welcher akut krank ist und Begleitung braucht, ... kommt am Ende auf das Selbe hinaus. Leid ist Leid, und Angst ist Angst. Andernfalls fängt man an zu "werten", was "wichtiger" sein soll: Das Leid des Einen oder das Leid des Anderen. - Ich finde, jedes Leid hat seine Berechtigung und seine nötige Hilfe verdient. (Es sei denn, jemand müsste sich "aufteilen", um zwei Menschen gleichzeitig zu helfen. Hier ist das "Nötigere" dann selbstverständlich auch dringender.)

" ...Ich verstehe nicht, wie Du es hinkriegen willst, die Menschen dazu zu bringen, wie Du möchtest, dass sie auf dich eingehen sollen."

Da hab ich eben auch keine Ahnung. Was würdest Du denn in der obengenannen Beispiel-Situation tun? Diese "fünffache" Ignoranz einfach akzeptieren und darüber lächeln, ... und dann fröhlich zu den Arztterminen hüpfen?

" ... Wie willst Du die Leute zwingen?"

Zwingen kann man niemanden. Mir gibt aber diese allgemeine Ignoranz-Haltung schon zu denken. Sie kommt hauptsächlich von der eigenen Angst. Diese Erfahrung mache ich immer wieder bei den Leuten. (Ich war früher auch mal so, hm-hm!)
Wenn nun aber andere so viel Angst vor dem Thema selber haben - und wenn man's ganz nüchtern betrachtet - dann gilt es doch erst mal, etwas zu tun, um ihnen diese Angst zu nehmen, nicht wahr?
WIE man dies jedoch machen kann ... das liegt hier eben offen. Und darüber kann man ja diskutieren.

Man kann den Leuten die Angst natürlich auch belassen. - Nur, ... dann wird sich eben nie was ändern, ... und solche Beispiele wie das Ich-Beispiel oben, wird immer wieder mal so geschehen. Leider.

"... Meine Situation ist bedeutend schlechter als Deine, (palliativtherapie), vielleicht fällt es mir deshalb auch einfacher als Dir, mich auf Wesentliches zu konzentrieren."

Das kann ich verstehen.
Kannst Du jedoch auch verstehen, dass für manch andere Betroffene der Umgang von Aussenstehenden sie sehr treffen oder sie gar verletzen kann, und dass diese Betroffenen halt nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen? Es ist nicht besonders einfach grad für jeden, die Empfindlichkeiten sind da halt verschieden, und es kann auch nicht jeder so locker wie Du sagen: " ... Ich kann das akzeptieren."
Ich find's aber gut wenn Du's kannst. Kannst Du mir dann auch sagen, WIE Du das machst, WIE Du z.B. auf "Sprüche" reagierst usw.?

Es grüsst
das Känguruh

Nomade
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Meine bescheidenen Typs...

Beitragvon Nomade » Mi 17 Aug 2005 9:07

Liebe Känguruh
Deinen Ausserungen entnehme ich je länger je mehr, dass Du relativ einsam sein musst. Hast Du keine Geschwister oder andere Verwandte mit denen Du in Kontakt stehst? Bekannte, mit denen Du ab und zu etwas unternimmst. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass jedermann in Deiner Umgebung so ignorant sein kann und Dich nicht wenigstens 1x jährlich zu einem Arzttermin begleitget. Bestimmt könnte Dir auch deine Krebsliga vor Ort eine Betreuerin zu Seite stellen. Vielleicht solltest Du auch professionelle Hilfe in Form eines Psychotherapeuten beiziehen. Ob wohl wir im Augenblick alles recht gut im Griff haben, haben wir uns trotzdem auf einer vorerst lockeren Basis einen Kontakt aufgebaut. Dies gibt uns Sicherheit und ein gutes Gefühl im Nötigen Moment jemanden als Beistand zu haben.
Such Dir ganz geziehlt die Kontakte raus die Dir gut tun und pflege diese. Aergere Dich nicht wo Du eh nichts ändern kannst. Die Welt und Menschen werden sich nicht extra für Dich ändern, aber einen Teil können wir als Betroffene sicher verbessern. Aber nicht mit dem Holzhammer. Unsere Krebsliga ist da sicher der richtige Schritt und Du solltest diese Angebote annehmen.
Bei Leuten die mit Standartsprüchen reagieren und wo man schnell merkt: OHA, DIE WOLLEN ES EIGENTLICH GAR NICHT WISSEN. Die laufen dann bei mir als informiert und das wars. Es gibt aber auch jene, die sagen: Gib mir bescheid, wenn ich Dir wo helfen kann. Diese Menschen nehme ich dann auch ernst und lasse Sie teilhaben an meinem Alltag. So mache ich eigentlicxh gute Erfahrungen. Lass die, die nicht fähig sind mit unseren Problemen umzugehen links liegen. Die können nun mal nicht anderst. Die belasten Dich nur.
Mit lieben Grüssen!
Nomade

Känguruh
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zu den bescheidenen Tips ...

Beitragvon Känguruh » Mi 17 Aug 2005 23:01

Hallo Nomade,

ich bin nicht einsam, im Gegenteil, ich bin froh, wenn ich zwischendurch mal alleine sein kann. Ich bin in verschiedenen Vereinen und setze mich sehr für das Soziale ein.

Es ist nicht so, dass ich absolut keine Hilfe kriege. Aber von hundert Menschen stehn vielleicht grad mal zwei oder drei da. (In der Regel sind die meistens selbst Betroffene!)
Mir geht's also darum, dass genau diese 97 oder 98% mich "belasten" können, genau so wie Du sagst. - Und da findest Du, ICH müsste eine Psychotherapie machen?
Kann ich natürlich. Tu ich sogar auch. - Aber das ist noch lange nicht die Lösung von der Ursache selbst, sondern jetzt muss die "Wirkung" von der Ursache "behandelt" werden! Ha! Was DAS wieder kostet!

" ... Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass jedermann in Deiner Umgebung so ignorant sein kann und Dich nicht wenigstens 1x jährlich zu einem Arzttermin begleitet."

Tja. Meine Leute sind halt nicht Deine Leute. Ich sagte ja schon mal in einem meiner Einträge hier: Offenbar hab ich etwas dieses Pech!
Aber ich frag natürlich auch nicht JEDEN, denn jene, die sogleich das Thema wechseln, kaum sage ich "Krebs!", ... die frag ich sicher nicht danach.
Abgehakt. Aber eben soweit abgehakt, so dass ich weiss, dass ich bei jenen überhaupt nicht mehr mit dem Wort "Krebs" kommen darf.
Fazit: Also schweige ich bei denen zukünftig besser darüber!
Aber die Folge des Ganzen ist eben: Ich WILL nicht gezwungen sein, deswegen darüber schweigen zu müssen!
Wenn's nun 97 von 100 Leuten sind (ah, Familie, Freunde, Bekannte), wo ich weiss, dass ich bloss nicht ... "Krebs"... sagen darf, ... dann krieg ich doch echt Vögel! - Öhm, WER sagtest Du schon wieder, ... sollte eine Psychotherapie machen ...?

"... Bestimmt könnte Dir auch deine Krebsliga vor Ort eine Betreuerin zu Seite stellen."

Sicher. Aber in erster Linie frage ich natürlich die Leute zuerst, die ich kenne. Und eigentlich will ich ja lieber jemanden als Begleitung, wo ich längst meine, dass ich da vertrauen kann. Und wenn ich ja nicht einsam bin, und durchaus regen Menschenkontakt habe, Familie, Freunde, Kollegen usw., ... dann renne ich ja nicht zuerst zur Krebsliga.
Tja. Mich erschüttert das aber, wenn ich da nach SO vielen Menschen sehe, ... dass ich am Ende doch noch zur Krebsliga gehen soll, um da nun völlig geknickt zu fragen: "Hey, hat mal jemand von Euch kurz Zeit für mich?"

"... Such Dir ganz gezielt die Kontakte raus die Dir gut tun und pflege diese."

Das tu ich auch. - Aber damit ist das Problem von den übrigen 97% nicht gelöst.

"... Aergere Dich nicht wo Du eh nichts ändern kannst."

Warum bist Du denn so sicher, dass man da nichts ändern kann?
Denn einerseits - da hast Du Recht - da ärgere ich mich darüber, ... aber andererseits kann ich doch nicht einfach nur zusehen, wie andere solche Angst vor dem Thema haben, und somit die Krebskranken BELASTEN! (Ich denk da nämlich nicht nur an mich, sondern auch an andere Krebspatienten, oder andere Invalide, etc.)
Ergo brauchen doch auch jene Aussenstehenden eine Hilfe, die aus Angst überhaupt nicht damit klar kommen! Und WER, ... ausser wir Betroffenen selbst, kann ihnen da sonst helfen?

"... aber einen Teil können wir als Betroffene sicher verbessern. Aber nicht mit dem Holzhammer."

Ich sprech auch absolut nicht von einem "Holzhammer", du liebe Zeit! Diese 97% sind ja nicht meine Feinde! Sie sind nur ängstliche oder bequeme Menschen, die halt gerne Ignorieren. Und selbst ihre "Sprüche" sind sogar hilflos gutgemeint.
Aber durch ihr Unwissen, durch ihre eigenen Ängste, können sie eben auch Schaden anrichten. Und wer - seien wir ehrlich - will schon einem Krebspatienten wirklich SCHADEN (lach! wenn er nicht gerade sadistisch veranlagt ist)?

"... Lass die, die nicht fähig sind mit unseren Problemen umzugehen links liegen."

Das ist eine Möglichkeit. - Aber ich mag's halt nicht so, dass ich Ignoranz wiederum mit eigener Ignoranz "bekämpfe". Denn diese Ignoranz von Aussenstehenden hat tiefere Gründe, die normalerweise nichts mit böswilliger Absicht zu tun haben. Also kann ich etwas, das nicht mit böswilliger Absicht geschieht, nicht mit meiner Ignoranz bestrafen.


Jetzt geht's Thema tiefer, gell? Vielleicht verstehst Du nun, dass es mir gar nicht nur um mich selbst geht.
Wenn Du aber nicht wirklich darüber diskutieren willst, (weil Du vielleicht meinst, man könne sich auch manchmal "zu viele Gedanken" machen), so brauchst Du nicht unbedingt mit mir zu plaudern.
Für mich ist dieses Thema halt ein Teil des "Wesentlichen", weil der Umgang von Aussen eben auch zur Gesundheit und zum Wohlbefinden eines Krebspatienten gehört. Daher suche ich nach Lösungen, wie man als Betroffene - ohne Ignoranz der Ignoranz - damit umgehen könnte. Dazu braucht es wohl am besten Beispiele und die möglichen Lösungssuche- oder Vorschläge dazu.

Es grüsselet
das Känguruh

PS. Ich hab manchmal in meinen Worten ein bisschen eine krasse "Ironie" drauf, sorry.

Maria Andrea
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Beitragvon Maria Andrea » Do 18 Aug 2005 8:39

Liebe känguruh

viele wollen das leben vielleicht nicht so kompliziert sehen? geniessen weil die zeit kurz und kostbar ist? sich mit dingen beschäftigen auf die man einen einfluss hat? sich nicht besser fühlen wollen als andere, sondern dazu gehören? verändern und kämpfen indem man liebt?

maria andrea

Känguruh
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Lösungen?

Beitragvon Känguruh » Fr 19 Aug 2005 9:00

Hallo Maria Andrea,

"... viele wollen das leben vielleicht nicht so kompliziert sehen? geniessen weil die zeit kurz und kostbar ist?"

Da hast Du recht. Über dieses Thema über den "Umgang" kann man als Betroffene/r meistens nur diskutieren, wenn man überhaupt die Kraft dazu hat.
In der Regel nehmen einem die "Sprüche" von Aussenstehenden, die einen verletzen können, oder die Situation eben ignorieren, ganz schön Kraft weg. Meist machen sie einen so sprachlos, dass man kaum die Kraft hat, sich da noch wehren zu können. - Und so akzeptiert man halt dieser "Umgang", und wendet sich lieber jenen Dingen zu, die einen weniger belasten: Ein schöner Spaziergang, oder etwas tun, das einem gut tut. Weil die Zeit eben kurz und zu kostbar ist.
Trotzdem weiss man, dass der "Umgang von Aussen" einen immer wieder von Neuem mit Ignoranz oder mit Sprüchen treffen kann. Manchmal sogar so unerwartet, dass man selber darüber staunt. Und daher wird man dann als Betroffene/r ein bisschen "vorsichtig" bei den Leuten, und man überlegt sich, wie und wann und wo man überhaupt mal das Wörtchen "Krebs" sagen dürfte. Man beginnt, mehr Rücksicht auf die Leute zu nehmen, ... als über sich selbst und seinem Bedürfnis, offen und ehrlich sein zu können.
Man "hängt" dann ganz besonders in einer verzwickten Situation, wenn es sich da um ganz nahe Angehörige handelt, z.B. Vater, Mutter, Geschwister. Denn hier kann man dann nicht einfach sagen: "Die sind für mich abgehakt." oder "Ich mach da besser einen Bogen um sie/ihn". Denn grad diese nahen Angehörigen haben ja oftmals damit zu tun, dass man sich wohl und verstanden fühlen kann. - Und hier sucht man als Betroffene/r dann schon nach Möglichkeiten, damit es mit dieser Ignoranz oder den Sprüchen von ihnen, nicht so weiter geht. Man ist dann als Betroffene/r aber sehr verzweifelt, weil man die Kraft dazu gar nicht hat, und der eine oder andere Betroffene möchte da sicher ein paar Lösungen oder Ideen dazu haben, wie er damit umgehen, oder wie er die Situation verbessern könnte. Daher finde ich es wichtig, dass man darüber reden kann.

"... sich mit dingen beschäftigen auf die man einen einfluss hat?"

Diese Frage können wir von beiden Seiten anschauen. Meinst Du dies, weil Du annimmst, dass man hier eh nichts tun/ändern kann?
Oder ich kann es auch von meiner Sicht aus verstehen: Indem ich ja der Meinung bin, dass wir Betroffenen bei diesen Dingen durchaus einen Einfluss haben können, indem wir uns überlegen, was wir da tun können.

"... sich nicht besser fühlen wollen als andere, sondern dazu gehören?"

Diese Frage kann ich auch von meiner Sicht aus so verstehen: Das "dazu gehören" für Betroffene funktioniert nur, wenn Aussenstehende die Krebssituation akzeptieren, ernst nehmen, zuhören, und nicht wegen der eigenen Angst mit "Sprüchen" nieder trampeln. Denn egal, wer am Ende den anderen nun "links liegen lässt" (die Aussenstehenden den Betroffenen, oder der Betroffene die Aussenstehenden), ... so ist es in beiden Fällen kein "dazu gehören" mehr.
Dies hat übrigens nichts damit zu tun, sich "besser fühlen zu wollen als andere", sondern um sich - als Betroffene/r - einfach "angenommen" zu fühlen.

" ...verändern und kämpfen indem man liebt?"

Ja. Sag ich doch. Würde ich meine Mitmenschen nicht lieb haben (egal wie Ignorant sie sind), würde ich mich auch kaum um dieses Thema hier kümmern.
Ich meine aber, mein aufgeworfenes Thema hier soll kein "Druck" sein im Forum hier für Betroffene oder Aussenstehende. denn es ist oftmals sehr belastend und braucht Kraft. Die hat nicht jeder, ich weiss das. Aber wer mag, und wer sich damit eben auch beschäftigt, oder wer als Betroffene/r eben grad in so einer "verzwickten Situation" ist, wo er sich nicht zu helfen weiss, ... dem möchte ich die Möglichkeit geben, dass das Thema da ist (denn mich beschäftigt es ja auch).

Vielleicht ist es gar nicht so kompliziert, wie es aussieht. Vielleicht "machen" wir es uns selbst eben nur so kompliziert. Damit meine ich, dass ich es nicht als "Weg" sehe, als Betroffene jene Leute, die nicht damit umgehen können, "links liegen" lassen zu müssen (das ist zwar der unkomplizierteste Weg, aber eben nicht unbedingt jener Weg, um "dazu zu gehören" und um eine Lösung gefunden zu haben), ... sondern vielleicht gibt es einen ganz simplen Weg der Kommunikation selbst?


Ich bringe hier einfach mal kurz wieder das "Hühneraugen"-Beispiel:
Angenommen, ein Krebspatient (oder Krebspatientin) hat gerade die Krebsdiagnose erhalten. Bei einer Bekannten am Telefon erzählt er ihr, dass er gerade vom Arzt kommt, und Krebs hat. (Er steht noch völlig unter Schock.)
Die Reaktion der Bekannten lautet nun: "Ojeh! - Naja, wir haben ja alle so unsere Leiden! - Ich habe seit einer Woche ein Hühnerauge, das tut mir wahnsinnig weh! Du glaubst nicht, wie ich Mühe habe, überhaupt meine Schuhe anzuziehen ...!"

Dies ist eine der Varianten von Antworten der Aussenstehenden, welche die Nachricht über die Krebskrankheit sofort zu einem "eigenen Leiden" ablenken, und ziemlich lange darüber plaudern können. - Die ursächliche Mitteilung des Krebspatienten wurde somit nicht ernst genommen, es wurde nicht zugehört, es wurde abgelenkt, ... und am krassesten: Die Krankheiten (Leiden) wurden jetzt von Aussen "gewertet". Nämlich darin "gewertet", worüber es sich im Augenblick zu sprechen lohnt! Das Hühnerauge!

Nun lautet die Frage, wie der Krebspatient hier reagieren kann.
Verständlich, wenn der (selbst geschockte) Krebspatient erst mal baff ist, während er nun eine Weile lang der "Hühneraugen-Leidensgeschichte" zuhören muss. Oder soll.
Was kann er hier also sagen? Wie reagieren?
Wie kann er hier die Ignoranz NICHT mit eigener Ignoranz angehen?


Es grüsst
das Känguruh

Nomade
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Energie einsetzen...

Beitragvon Nomade » Fr 19 Aug 2005 10:52

Liebe Känguruh
Ich bewundere Deine Hartnäckigkeit und Energie welche du auf unsere "ignoranten" Mitmenschen verwendest.
Meiner Meinung nach ist ein teil nicht gewillt, ein teil nicht fähig und eineige gezwungen, sich mit diesem Thema abzugeben. Es gibt Institutionen, die sehr gute Informationsarbeit in diesem Bereich machen und sicher passiert da auch langfristig etwas.
Was mich persönlich betrifft, habe ich schlicht nicht den Willen und die Energie, mich um die "richtige" Einstellung zu Krebs bei jedem Einzelnen zu kümmern. Da verschwende ich Energie, die ich selber brauche und nutzbringender einsetzen kann. Sorry, aber so einfach ist die Rechnung für mich. Wenn es mir gut geht, geht es auch meinen Nächsten gut, was wieder auf mich zurück reflektiert. Was soll ich meine schwindende Lebensenergie an Menschen verschwenden, denen dieses Thema im Moment schlicht nicht nah genug ist? Schön für Sie! Sollen sie es geniessen so lange möglich. Wir wissen alle, wie schnell es ändern kann.
Sorry, Känguruh, ich habe leider keine Energie zu verschwenden.
En liebe Gruess!
Nomade

Känguruh
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Beitragvon Känguruh » Fr 19 Aug 2005 13:05

Hallo Nomade,

das ist schon okay, wenn Du Deine Energie da im Moment nicht einsetzen willst. Ich kann's doch von Dir - lach! - ganz klar und ohne Probleme akzeptieren, ... aber halt weniger von den "Gesunden", die diese Energie eigentlich HÄTTEN.
Aber vielleicht will ja jemand anderer Betroffener hier auch mal darüber reden, weil's ihn beschäftigt. Dieses Forum ist ja noch neu, und da hab ich schon etwas Geduld. Vielleicht will ja auch jemand Aussenstehender gerne darüber reden, das wär doch auch was Tolles.

Es grüsselet
das Känguruh


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