Angehörige von Patient mit malignem Melanom


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Sonneblueme
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Angehörige von Patient mit malignem Melanom

Beitragvon Sonneblueme » Di 24 Apr 2012 14:08

Hallo
Seit bald 3 Jahren lebe ich von meinem Mann getrennt. Etwa 2 Monate nach unserer Trennung bekam er die Diagnose von schwarzem Hautkrebs. Der Beginn war eigenartig, hat er doch ein Gewebestück heraus gehustet. Dieses hat er dann zu seinem Hausarzt gebracht, der es sofort an ein Labor weiterschickte. Es wurde ein Röntgen und ein CT gemacht. Beide Lungenflügel sahen aus wie ein Sternenhimmel, überall waren Ableger zu sehen. Teils ganz kleine und zum Teil grössere. Eine OP kam also nicht in Frage. Auf der Haut selber fand man nichts, und es ist auch nicht auszumachen, wo der Primärtumor war. Mein Mann durfte an der Studie in Zürich teilnehmen, wurde aber für Chemotherapie gewählt. Nach etwa 3x Chemo musste dies abgebrochen werden, weil sich die Throbozyten (nein, nicht die Leuk, wie normal) nicht mehr erholten. Er hatte Glück und durfte zu den Testmedikamenten wechseln. Er hat gut auf die Chemo angesprochen, aber auch sehr gut auf diese Tabletten, welche er schlucken musste. Mit der Zeit liess diese Wirkung aber nach und er erhielt Tabletten einer weiteren Studie, welche dem ersten Medikament aber zu ähnlich waren und auch nichts mehr brachten. Ein weiteres Mal hatte er Glück und darf an einer nächsten Studie mitmachen. Diese zeigt aber sehr starke Nebenwirkungen. Die Haut ist rissig und löst sich, sodass er an vielen Stellen blutet.
Vor etwa einer Woche hat er nun Bescheid erhalten, dass er im Kopf zwischen dem Klein- und Grosshirn einen Ableger hat. Der bereitet ihm auch Mühe. Z.B. verwechselt er rechts und links; Gleichgewichtsstörungen, vorallem beim Aufstehen; hat viel länger bis er etwas versteht. Morgen muss er nun wieder nach Zürich in die Uniklinik, wo das weitere Vorgehen besprochen wird. Sehr wahrscheinlich kommt es zu einer Bestrahlung. Wie ein weiteres CT und MRI der Lunge aussieht, kommt auch morgen aus.

Obwohl ich selber Pflegefachfrau bin, habe ich grosse Mühe mit seiner Krankheit. Das hat sicher auch damit zu tun, dass wir 4 Kinder haben (zwischen 13 und 22 Jahren). Ich weiss genau, was alles auf uns zukommen kann. Der Älteste zieht auch seine Schlussfolgerungen mit dem Ableger im Hirn. Die Jüngste lacht und findet es witzig, wenn ihr Papi fast das Gleichgewicht verliert, vielleicht ist es ja auch nur ein Schutzmechanismus.

Der erstbehandelnde Arzt hat uns anfangs darauf aufmerksam gemacht, dass wir jederzeit Hilfe holen können bei der Psycho-Onkologie. Ist das eine gute Sache? Können die einem etwas weiterhelfen? Ich weiss nicht so recht, ob ich meine Kinder darauf vorbereiten sollte, was alles auf uns zukommen kann, oder ob ich einfach abwarten soll.

Vielen Dank, dass ich mich hier etwas "Losschreiben" durfte...
Regi

aitangi
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Schwierige Zeit

Beitragvon aitangi » Do 26 Apr 2012 14:05

Hallo Regi

sicher hat Deine Familie eine schwere Zeit hinter und auch noch vor sich. Da Du auch Pflegefachfrau bist, muss ich Dir ja nicht sagen, was Ableger im Hirn anstellen können. Wir wissen beide, dass es zu persönlichen Persönlichkeitsveränderungen kommen kann usw.

Dass Du Mühe mit der Krankheit Deines Mannes hast, ist ganz normal, eine Krebserkrankung betrifft auch immer das gesamte Umfeld. Erschwerend kommt auch die Situation hinzu, dass Du von Deinem Mann getrennt bist.

Kinder reagieren immer ganz verschieden auf eine Krebserkrankung eines Elternteils. Vielleicht hilft Dir und Deinen Kindern folgende Internetseite weiter http://www.kinder-krebskranker-eltern.de/index.html Letzthin habe ich irgendwo gelesen, dass die Krebsliga Schweiz neu einen Chat für Jugendliche führt. Ich habe ein wenig gesucht und bin auf folgende Seite gestossen:
http://www.swisscancer.ch/chat/
Die Krebsliga Schweiz bietet auch ein Gratistelefon an. Die Fachberaterinnen können Dir wertvolle Tipps abgeben. http://www.krebsliga.ch/de/leben_mit_kr ... bstelefon/


Ob Du Deine Kinder, auf das was noch alles kommen kann, vorbereiten sollst oder nicht, ist schwer zu sagen. Ich denke, wichtig ist, dass Du Ihnen die Wahrheit sagst, vor allem dann, wenn sie fragen. Man muss den Kindern nicht alles sagen, aber das, was Du ihnen sagst, muss der Wahrheit entsprechen. Sei offen mit Ihnen, frage nach, was sie wissen, oder wie sie über den Zustand ihres Vaters denken und dann wird Dein Gefühl Dich schon leiten.

Eine psychoonkologische Beratung würde ich Dir auf alle Fälle empfehlen. Eine Fachperson kann Dir und Deiner Familie weiterhelfen und Dich auch im Umgang mit der Erkrankung und wie Du es den Kindern am besten weitergeben kannst, unterstützen.

Hast Du schon mal Kontakt mit der Krebsliga in Deinem Kanton gehabt? Auch da kann man Dir sicher weiterhelfen. Die Adressen findest Du unter http://www.krebsliga.ch/de/leben_mit_kr ... sligen.cfm

Ich finde es gut, dass Du Deine Sorgen hier im Forum abgelegt hast. Manchmal ist es hilfreich, wenn man sich einfach alles von der „Seele“ schreibt.
Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft und vielleicht schreibst Du Deine Erfahrungen weiterhin hier im Forum nieder.

Alles Gute
aitangi

Sonneblueme
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Vielen Dank...

Beitragvon Sonneblueme » Do 26 Apr 2012 14:26

Hallo aitangi

Vielen Dank für deine Anwort und die vielen Tipps. Ich habe mit dem Onkologen Kontakt aufgenommen und er hat mich an einen Psycho-Onkologen weitergeleitet. Bereits nächste Woche kann ich dort vorbei gehen.

Gestern war mein Mann zur Besprechung in der Uniklinik Zürich und am Nachmittag haben sie ihn gleich noch einmal aufgeboten um ein CT und ein MRI zu machen, sowie eine Maske für die Bestrahlung anzupassen. Nächste Woche wollen sie täglich bestrahlen. Die Medikation der Studie hat man nun abgebrochen. Für das was es gebracht hat, sind die Nebenwirkungen viel zu gross. Etwas Lebensqualität sollte bleiben... Er wird dann mit dem neuen Medikament, welches nun auf dem Markt ist weiterfahren. Wie das heisst, muss ich ihn dann noch fragen oder den Onkologen selber.

Herzlichen Dank
Regi

aitangi
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Wie geht es Dir?

Beitragvon aitangi » Do 3 Mai 2012 14:21

Hallo Regi

Nun ist schon wieder eine Woche vergangen seit Du das letztemal geschrieben hast. Wie geht es Dir? Hat der Psychoonkologe Dir geholfen?
Ich gehe davon aus, dass Dein Mann nun schon bestrahlt wurde. Hat er die „Sitzungen“ gut ertragen? Mit einer Maske ist das immer sehr beängstigend.
Wie gehen die Kinder mit der neuen Situation um?

So viele Fragen:(:(:(
Aber es interessiert mich wie es Dir geht und wie Ihr mit der Situation umgeht.

Freue mich über weitere Einträge von Dir.

Herzlichen Gruss
aitangi

Sonneblueme
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Entschuldigung

Beitragvon Sonneblueme » Fr 16 Aug 2013 8:35

Liebe aitangi

Es tut mir leid, dass ich über ein Jahr nicht mehr hier ins Forum geschrieben habe. Es bräuchte ja nicht so viel Zeit, aber eben...

Die Bestrahlungen haben statt gefunden und er hat sie gut ertragen. Er hat aber ziemlich kurz danach das Kortison selber abgesetzt, anstatt dieses langsam zu reduzieren. Das war nicht gut, denn es hat sich Wasser angesammelt um den entzündeten, bestrahlten Knoten. Es entstanden beträchtliche Probleme mit dem Gleichgewicht, sowie der Sprache. Wir brauchten sehr viel Überredungskünste (unsere Kinder, sein Vater, ich), damit wir ihn dazu bewegen konnten, ins Spital zu gehen zur Abklärung. Er hantierte ja selber in seiner Wohunung und verletzte sich immer an den Armen. Mein Mann wurde von Olten nach Aarau verlegt, wo er 14 Tage auf der Neurologischen Abteilung bleiben musste. Wie konnte es anders sein, die Neurochirurgen wollten sich auch einschalten und den Ableger im Kopf entfernen. Dies natürlich alles ohne Rücksprache mit seinem Onkologen in Olten!
Eigentlich konnten wir froh sein, dass bei meinem Mann in Aarau noch ein Loch im Herzen gefunden wurde, welches zuerst geschlossen werden musste (mit einem Schirmli), bevor man eine OP vorbereiten konnte. Wir nahmen ihn nach Hause, das Gleichgewicht war etwas besser.
Mit seinen Eltern und seinem Bruder entschieden wir, dass er nach Hause könne für die 2 Monate bis zur OP. Wir wollten uns abwechseln mit Kochen. Sogar seine Freunde holten ihn ab zum Essen oder gingen zu ihm nach Hause ond bekochten ihn. Es war eine sehr spezielle, aber auch schöne Zeit.
Er erholte sich wieder, aber nicht mehr ganz. Er stieg sogar wieder auf sein geliebtes Mountain Bike für Ausfahrten mit seinem besten Freund. Wie das vor sich ging, habe ich zum Glück nicht gewusst. Hauptsache, es machte ihm Spass.
Weil mein Mann sich so gut erholt hatte, machte man in Olten noch einmal ein CT, auf welchem sichtbar wurde, dass der Tumor, sowie die Wasseransammlung zurück gegangen waren. Er und sein Onkologe entschieden sich, dass er auf die OP verzichten wird. Von Aarau wurde er nicht aufgeboten, um eine Voruntersuchung zu machen, die wollten ihn gleich unters Messer legen...

Im Herbst begann er dann mit dieser neuen Therapie. Es hiess, dass es einige Monate dauern kann, bis man sieht, ob diese Therapie anspricht oder nicht. Bei einem weiteren CT fand man neben dem bestrahlten und verkleinerten Ableger noch einen neuen im Kopf. Auch in der Leber wurde einer gefunden. Das hat er uns noch erzählt. Der im Kopf lag an einer Stelle, die nicht so schlimm war. Was es aber heisst, wenn sich auch in der Leber ein Tumor befindet, wissen ja einige. Wieder hiess es ab nach Zürich zur Bestrahlung der beiden Kopf-Metastasen.

Im Januar 2013 wurde mein Mann wieder zu einem CT aufgeboten. Mein Schwiegervater übernahm die Fahrdienste zum Arzt, da mein Mann schon seit längerem nicht mehr Auto fahren durfte. Nach dem letzten Arztbesuch, nach dem CT, sei er ganz eigenartig aus der Praxis gekommen, sagte mein Schwiegervater. Erzählt hat er fast nichts, nur, dass alles etwas gewachsen sei.
Er verschloss sich immer wie mehr, wollte nicht mehr mitkommen zum Einkaufen. Er musste oft erbrechen, oder hatte zu Beginn auch noch Durchfall, was aber besser wurde. Es dauerte und dauerte... Nach 14 Tagen meinte er immer noch, dass das immer noch die Grippe sei. Bei ihm würde das wohl etwas länger dauern, weil er geschwächt sei. Ich habe ihm immer gesagt, dass er sich beim Onkologen melden sollte, das sei ganz bestimmt nicht mehr die Grippe. Er aber blieb bei seiner Meinung.

Gegen Ende Januar wurde er immer schwächer und schlief sehr viel bis lang in den Morgen, später sogar bis in den Nachmittag hinein. Er könne in der Nacht nicht schlafen, sagte er. Wie er für unsere jüngste Tochter noch die Kraft aufbrachte zu kochen, ist für mich ein Wunder! Sie ass bei ihm, wenn ich in der Schule war oder über Mittag arbeiten musste.

Am 5. Februar war er noch mit dem Zug in der Stadt. Sein Erbrechen hatte er immer noch ab und zu. Er wollte auch unbedingt noch an der Fasnacht teilnehmen, musste dann aber absagen, weil er zu schwach war, damit sie in seiner Clique noch einen Ersatz finden konnten. Er konnte nicht einmal mehr den Fasnachtsumzug sehen, geschweige denn, die Ehrung "als verdienstvoller Fasnächtler" entgegen zu nehmen eine Woche später.
Schon am 9. Februar stand er nicht mehr auf und blieb den ganzen Tag im Bett. Ich holte die Wäsche von ihm und meiner Tochter, damit ich waschen konnte und fand auf dem Balkon sein Bettzeug, welches voller Erbrochenem war. Auch am Sonntag 10. Februar, nach dem Fasnachtsumzug rief ich meine Tochter an, ob Papi aufgestanden sei. Sie verneinte... es war 19 Uhr... Ich hatte ihr gesagt, dass sie auf keinen Fall in sein Zimmer gehen solle, falls er nicht aufsteht, weil ich nicht wollte, dass sie diejenige ist, welche ihn vorfinden würde.
So bin ich also zu ihm gefahren, um nachzuschauen, was los ist. Er lag im Bett mit dem Duvetanzug über sich und dem Duvet darüber. Anziehen durfte ich es nicht, das würde er später machen und es sei nicht sein Duvet. Neben dem Bett lag viel Erbrochenes. Er würde das später schon machen, das müsse ich doch nicht. Am liebsten hätte ich ihn auch noch gewaschen und rasiert, aber da ich wusste, dass er nicht gerne bemuttert wird, habe ich nichts dergleichen gesagt oder getan. Wir hatten aber ein sehr schönes Gespräch, in welchem ich ihm auch sagen konnte, dass ich nicht das Gefühl habe, dass das immer noch die Grippe sei (er beharrte immer noch darauf und ich glaube, dass er das tatsächlich geglaubt hat). Ich würde mich auch an dem Strohhalm festhalten, dass es Nebenwirkungen sein könnten von der letzten Therapie (die können noch Monate danach erscheinen), aber mein Bauchgefühl sage etwas anderes. Er kannte mich und wusste, dass ich ein gutes Bauchgefühl habe. Ich konnte ihm auch sagen, dass die Kinder und ich sehr viel über seine Krankheit sprechen würden und wir ehrlich seien zueinander, ohne etwas zu verheimlichen. Ich sagte ihm auch, dass die Kinder realistisch seien und spüren, dass es ihm nicht gut gehe. Seinem Onkologen durfte ich nicht telefonieren, der habe auch frei verdient.
Zuhause habe ich dann seine Eltern informiert und den Onkologen trotzdem angerufen. Dieser meinte, wir sollen ihn ins Spital bringen, etwas sei nicht gut. Ich bin dann mit meinen zwei Söhnen zu ihm gefahren. Er war hässig, dass wir ihn schon wieder wecken und äusserte sich vehement, dass es sein Wille sei, nicht ins Spital zu gehen. Er telefonierte sogar noch mit seinem Onkologen, er würde sich am nächsten Tag bei ihm melden. Ich fragte ihn noch, ob es ok wäre, wenn ich am nächsten Morgen in sein Zimmer schauen würde, wie es ihm gehe. Er fragte nach, wann ich kommen würde und meinte, das sei nicht zu früh. Also gingen wir wieder nach Hause.
Am 11. Februar am Morgen fand ich ihn in seinem Bett. Er war zuhause eingeschlafen...

Wir vermissen ihn sehr! Ich bin froh für ihn, dass er nicht noch mehr leiden musste und bis zum Schluss klar im Kopf war. Ich hatte immer grosse Angst, dass er die Kinder nicht mehr kennt oder nicht mehr sprechen kann.

Lieber Gruss

aitangi
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Danke für den Eintrag

Beitragvon aitangi » Mo 26 Aug 2013 14:46

Hallo Regi

Du musst Dich nicht entschuldigen. Nach allem, was Du und Deine Familie durchgemacht habt, ist es verständlich, dass Du Dich nicht mehr gemeldet hast. Dennoch freut es mich sehr, von Dir zu hören.

Eindrücklich wie Ihr als Familie die schwierige Zeit gemeistert habt. Ihr habt Deinem Mann geholfen, ohne ihn zu bedrängen. Aus Deinen Zeilen kommt ganz klar hervor, dass Ihr ihm seine eigene Selbstständigkeit bis am Schluss gelassen habt. Toll!
Ich finde es ganz schön, dass Du mit ihm noch vor seinem Tod ein gutes Gespräch führen konntest, das hat ihm sicher auch sehr geholfen.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie viele schöne Erinnerungen. Ganz liebe Grüsse

aitangi


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