Langzeitüberlebender bei Glioblastom


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Terkan
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Langzeitüberlebender bei Glioblastom

Beitragvon Terkan » Fr 24 Okt 2008 23:08

Dies mein Eintrag, welchen ich am 10 April 2007 verfasst habe:

Bei meinem Bruder wurde vor nun über 5 Jahren ein Glioblastom multiform diagnostiziert. Die Ärzte eröffneten uns damals eine sehr schlechte Prognose. Nach einer Bestrahlungstherapie und einer regelmässig angewendeter Chemo (Temodal) geht es ihm viele Jahre nach der Operation sehr gut.

Neben dem Schwierigen möchte ich hier einfach auch mal einen kleinen Lichtblick setzen. Wir waren vor 5 Jahren an einem Punkt an dem nichts mehr ging und der Weg klar vorgegeben schien. Mein Bruder ging seinen eigenen Weg, die Ärzte und Pflegefachpersonen haben ihn dabei begleitet und unterstützt. Er hat heute eine volle Lebensqualität und ist rezidivfrei!

Ich wünsche allen Betroffenen die gerade ohne Hoffnung sind, dass sie ihren Schmerz aushalten und an Veränderungen glauben und Vertrauen haben in das was kommen mag. Dazu wünsche ich viel Kraft!

Terkan

Aktuell vom 24.10.2008
Leider wurde bei meinem Bruder im August dieses Jahres nun doch ein Rezidiv festgestellt. Er wurde mit einem neuen intensivierten Temodal Schema behandelt (low dose). Die neurologischen Ausfälle wurden in den letzten Tagen jedoch immer deutlicher und nach einem Kontroll - MRI, war klar, dass das Mistding in einem unglaublichen Tempo in unser Leben zurückgekommen ist. Eine Tumorresektion (OP) ist für nächste Woche geplant. Zuvor müssen jedoch seine Blutwerte wieder in einen annehmbaren Berreich kommen.

Alle die meinen Eintrag nun lesen und vielleicht in stiller Verzweiflung sind, weil sie als Betroffene/r oder Angehörige/r sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen, sollen sich aber Bewusst sein, dass mein Bruder beinahe 8 Jahre OHNE Redzidiv und mit sehr guter Lebensqualität überlebt hat. Dies mit der Diagnose eines hochgradigen Glioblastom multiform! Der Neurochirurg hat ihm damals maximal 8 Monate Überlebungszeit gegeben. Denkt bitte immer daran, dass Statistiken und alles was ihr hier im Internet liest, den Einzelfall nicht beschreibt.

Mein Bruder und ich kämpfen weiter. Im Bewusstsein, dass uns Zeit geschenkt wurde die Andere leider nicht hatten. Der drohende Verlust eines lieben Menschen oder gar der des eigenen Lebens ist beinahe unerträglich auszuhalten. Hoffnung ist unsere einzige Antwort darauf. Hoffen, dass das Leben trotz der Krankheit uns mit schönen und wertvollen Momenten begegnet. Hoffen, dass wir diese, trotz der Trauer und der berechtigten Wut, auch sehen.

Wir sind bereit für einen neuen Kampf und dem Wunsch am Leben teilzunehmen. Ich wünsche euch allen da Draussen, die ihr traurig und verzweifelt seit, dass ihr vor lauter Kampf um das Überleben das Leben nicht vergisst und mutig in die (für uns alle) ungewisse Zukunft blickt.

Terkan

Struppi
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Fragen

Beitragvon Struppi » Mi 29 Okt 2008 20:31

Lieber Terkan

Deinen Beitrag habe ich schon vor einigen Tagen gelesen und wollte zuerst nicht antworten, aber Deine Zeilen lassen mir einfach keine Ruhe und ich habe viele Fragen an Dich. Bei meinem Mann wurde im Frühling der gleiche Tumor wie bei Deinem Bruder festgestellt. Die erste Prognose war 6 - 12 Monate, später hiess es dann, eventuell hätte er länger, weil sein Gesamtzustand gut ist.

Für mich tönt es wunderbar, was Du über den Verlauf bei Deinem Bruder schreibst. Wie alt war er bei der Diagnosestellung? Du schreibst auch, dass er etwa fünf Jahre rezidivfrei war. Fühlte er sich in dieser Zeit gesund oder einfach als Kranker recht gut? Konnte und wollte er in dieser Zeit arbeiten? Wie verlief diese Zeit?

Bei meinem Mann spüre ich, dass es eher langsam abwärts geht. Wir haben nun soeben die Temodal-Therapie für den Moment abgeschlossen. Wenn ein Rezidiv auftaucht kommt wohl auch das low-dose Schema zum Einsatz. Am Freitag gibt es ein neues MRI und am nächsten Mittwoch leider erst die Besprechung. Das gibt ein langes Wochenende!!

Ich bin aber sehr froh, wenn wir wieder einmal wissen, was in diesem Kopf wirklich passiert. Für mich ist es sehr schwierig abzuschätzen, wie viel Veränderung der Tumor bewirkt und was einfach das Wissen um diese schwere Krankheit ist. Auch für unsere Kinder, die in der Pupertät sind ist es einfacher, wenn sie wissen dass ihr Vater sich wegen des Tumors verändert und dies nicht mit dem Willen beeinflussen kann.

Ich freue mich wirklich, wenn Du mir noch meine Fragen beantworten kannst.

In Deinem Mail hat mich auch noch ein Satz stutzig gemacht. Du schreibst, dass Wut berechtigt ist. Ist sie das wirklich? Darüber habe ich lange nachgedacht. Die Prognose war 8 Monate und Dein Bruder hatte mehrere gute Jahre und ist immer noch da, auch wenn die Aussichten nun wohl nicht mehr so gut sind. Ist da nicht auch Dankbarkeit am Platz? Ich habe das Gefühl, dass Du und Dein Bruder versucht, das Ganze so positiv wie möglich zu sehen, aber es "wurmt" halt bei aller Dankbarkeit über die geschenkte Zeit doch, jemanden gehen lassen zu müssen. Das kann ich sehr gut verstehen, auch ich habe keine Freude an den Aussichten, dass meine Kinder ihren Vater und ich meinen Mann vielleicht schon bald verlieren werden. Ich hoffe nur immer wieder, dass wir alle daran nicht bitter werden.

Auf Deine Anwort bin ich sehr gespannt.

Liebe Grüsse

Struppi

Terkan
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Antwort an Struppi

Beitragvon Terkan » Do 30 Okt 2008 0:44

Liebe Struppi

Gerade komme ich von meinem Bruder aus dem Spital. Die OP wurde auf den Freitag verschoben. Ich bin noch etwas aufgewühlt, da er heute als ich bei ihm war einen fokalen Epianfall hatte. Er hat sich aber schnell erholt und als ich mich verabschiedet habe, ging es ihm wieder den Umständen entsprechend gut.

Nun aber zu Deinen Fragen, über welche ich mich sehr gefreut habe!

Mein Bruder war bei der Diagnosestellung 44einhalb Jahre alt. Es waren gute 7einhalb Jahre ohne Rezidiv. Er hatte durch einen Insult, den er vor ca. drei Jahren wohl durch eine gerechtfertigte Medikamentation erhielt, eine linksseitige Hemiparese (Halbseitenlähmung) erlitten. Durch die Reha wurde er aber schnell selbständig und hatte kaum Einschränkungen. Seit der Diagnose vor 7einhalb Jahren, bis zur Spitaleinlieferung letzten Donnerstag, (Ausser dem kurzen Intermezzo durch den Insult) lebte mein Bruder selbständig und mit sehr gutem AZ. Er gestaltete seinen Alltag selber, ging auf Reisen und genoss sein Leben.

Natürlich war das Leben nicht mehr jenes, wie es vor seiner Diagnosestellung war. Da war die Chemo mit den Nebenwirkungen, die allgegenwärtige Angst, die leichte Einschränkung durch die Behinderung und so weiter. Aber das Leben schien und ist für Ihn absolut Lebenswert.

Wie Du ja gerade mit Deinem Mann erlebst, sind die ewigen Kontroll MRI`s und das elende Warten auf das Ergebnis einschneidend und extrem belastend. Wir haben nie einen Weg gefunden, diese Belastung geringer werden zu lassen. Aber wir haben bald einmal bemerkt, dass das gemeinsame Aushalten dieser wiederkehrenden Situation, besser zu ertragen war als alles Andere.

Ich höre aus Deinen Worten, dass Dein Mann eine Wesensveränderung durchmacht, welche auch für die Angehörigen schwierig zu erleben ist.

Ohne nun zu wissen, wo der Tumor bei Deinem Mann sitzt und was für organisch bedingte Wesensveränderungen er evt. auslöst, denke ich hast Du das schon sehr richtig erwähnt: Die Gewissheit über die potentiell tödliche Erkrankung und die eigene Endlichkeit macht mit einem Betroffenen viel. Da geschehen Prozesse die Menschen verändern. Das sah ich bei meinem Bruder, bei anderen Betroffenen und deren Angehörigen und natürlich bei mir selber.

Wie ich in meinem Beitrag schrieb, ist mein Bruder und ich, sowie die ganze Familie und die engen Freunde über den guten Verlauf der Erkrankung sehr dankbar. Ich bin mir extrem bewusst, dass uns soviele Jahre geschenkt worden sind. Dennoch gehört auch die Wut über diese Erkrankung und dessen Leid welches sie verursacht auch dazu.

Wütig über diese Situation und wütig über das was sie mit den Betroffenen und den Angehörigen macht. Die Wut gehört da ab und an hin, die braucht ihren Platz. Ein Gefühl welches sich neben der Trauer und der Dankbarkeit einen Platz in der Pallette des Gefühlskarussel einnehmen darf.

Aber das Karussel soll sich weiter drehen und dann nach der Wut, kommt wieder ein neuer Impuls. Der Impuls Realitäten anzunehmen ohne dabei aufzugeben. Geschmeidig in der Situation zu bleiben und dabei nicht zu erstarren und zu brechen.

Ich will meinen grossen Bruder nicht verlieren! Das ist mir klar. Er hat eine agressive Krankheit die ihm das Leben kosten kann. Das ist Realität. Darüber muss nun eine Brücke gebaut werden. Wenn uns das gelingt, mal schlechter, mal besser, ist es gemeinsam aushaltbar.

Er wird am Freitag operiert. Danach kommen neue Therapien. Ich habe heute mit dem Chriurgen gesprochen. Der Tumor ist an einer gut zugänglichen Stelle, das MRI zeigt nicht klar, ob es beim Rezidiv um ein Glioblastom oder eine schwächere Mischform handelt, es stehen weitere Nachbehandlungsoptionen offen, mein Bruder hat fast 8 Jahre überlebt nach der 1. OP, wir sind ein Team, dass sich gegenseitig unterstützt. Da ist Hoffnung berechtigt.

Ich wünsche Dir, Deinen Kindern und Deinem Mann viel Hoffnung. Den Glauben an die kleinen und grossen Wunder und die Kraft gemeinsam auszuhalten. Das Temodal hat meinem Bruder sehr gut geholfen, es ist eine gute Therapieoption. Ich wünsche einen guten MRI Befund bei Deinem Mann und grüsse Dich lieb.

Du kannst mir gerne jederzeit schreiben.

Terkan

Struppi
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Operation

Beitragvon Struppi » Do 30 Okt 2008 16:21

Lieber Terkan

Danke für Deine Antwort. Es ist angenehm, mit jemandem Kontakt zu haben, der wirklich in der gleichen Situation ist. Es gibt das Gefühl, verstanden zu werden.

Ist der Epi-Anfall gestern durch den Tumor ausgelöst worden der Druck im Hirn verursacht? Bei meinem Mann war der Krankheitsverlauf extrem schnell, innerhalb von 8 Stunden nach den ersten Symptomen lag er im Koma. In unserem Spital hatte er den ersten Epi-Anfall und kurz vor der Operation in der Insel den zweiten, aus welchem er ohne Operation wohl nicht mehr erwacht wäre.....Selbst erfahrene Onkologen staunen über diesen Verlauf.

Ich bin froh, dass Dein Bruder voraussichtlich gut operiert werden kann. Hast Du vertrauen zu den Chirurgen, fühlen Dein Bruder und Du euch ernst genommen? Bei meinem Mann hatten sie im Spital höchstens zwei Stunden um in dern Nacht ein OP-Team zusammenzutrommeln und die OP zu planen. Als Angehöriger hat das den Vorteil, dass die Wartezeit nur kurz ist. Die Belastung während der Wartezeit ist jeweils doch recht gross.

Die Wut gehört sicher zu den Gefühlen, die mit einer solchen Krankheit verbunden sind, aber ich denke sie darf nicht Überhand nehmen. Am Anfang war ich extrem wütend, auch weil mein Mann und ich noch viele Pläne hatten, jetz, wo die Kids grösser und selbständiger sind. Durch besondere Umstände hatten wir am Anfang unserer Beziehnung schon nicht viel Zeit für uns, und wollten nun noch zusammen reisen und geniessen. Manchmal fühlte ich mich um diese Zeit betrogen!

Plötzlich stand ich vor dem Problem. wen ich denn anklagen will, wenn es mir nicht passt. Mich? Meinen Mann? Gott? Da spürte ich, dass ich mir und dem Rest der Familie das Leben nur unnötig schwer mache mit meiner Wut.

In der letzten Zeit frage ich mich immer mehr, was unsere Familie mit dieser Situtaion für einen Auftrag hat. Wenn wir wählen könnten, würde sich niemand für diese Krankheit entscheiden, aber nun müssen wir das Beste daraus machen. Ich denke auch, dass wir in dieser schwierigen Situationen Dinge lehren, die wir sonst wohl nie gleich gelernt hätten. Jede Person in Deiner und meiner Familie wird verändert, ob wir es wollen oder nicht und es ist unsere Entscheidung, ob dies in positiver oder negativer Weise ist. Wenn wir nun diesen schwierigen Weg schon gehen müssen, muss es doch auch für etwas gut sein.

Ich habe für Deinen Bruder und Dich und eure ganze Familie gebetet, dass ihr den Freitag gut übersteht und die nötige Kraft und Gelassenheit habt. Morgen werde ich an einem Kurs sein, aber wenn ich Zeit habe, werde ich in Gedanken bei euch sein.

Nun will ich noch eine Runde joggen, nach dem Schneeschaufeln heute Morgen der perfekte Abschluss des Fitnesstrainings!!

Ganz liebe Grüsse

Struppi

Terkan
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Sinn

Beitragvon Terkan » Fr 31 Okt 2008 1:20

Liebe Struppi

Habe all meinen Dank für Deine netten und auch tröstenden Worte. In der Tat hilft es zu wissen, dass da draussen noch andere Menschen mit den ähnlichen Gefühlen sind. Die Verzweiflung und die Angst nicht nur alleine ertragen wird.

Der Epi Anfall von gestern geschah nach einem starken emotionalen Erleben. Mein Bruder hat geweint und war verzweifelt und voller Angst. Da der Tumor zur Zeit seinen Hirndruck erhöht, braucht es nicht viel an zusätzlichen Faktoren, dass das Hirn reagiert. Der Anfall war aber nur fokal (begrenzt auf die linke Hand und sein Gesicht) und er war immer bei Bewusstsein. Ich und zwei weitere enge Bezugspersonen waren bei ihm und wir konnten ihn auch gut beruhigen. Er bekahm dann auch ein weiteres Medikament um, neben den Anderen, ihn besser gegen weitere EPI- Anfälle abzuschirmen. Die Situation war nicht wirklich gefährlich, aber für ihn halt sehr bedrohlich im Erleben.

Ich kann gut nachvollziehen, dass diese Grand Mal Anfälle, welche Du bei Deinem Mann erleben musstest, schrecklich und für Dich sehr angstbesetzt waren. Gerade wenn Dinge sich dermassen schnell verändern, wie es bei Deinem Mann wohl der Fall war, kommt man/frau an die Grenzen des noch Aushaltbaren. Ich freue mich, dass Dein Mann wieder den Weg zurück ins Leben, nach dem dramatischen Verlauf gefunden hat.

Morgen ist es nun soweit. Mein Bruder wird zum 2. Mal operiert. Wir haben Vertrauen in das Team und glauben daran, dass alle das Beste geben. Ich war heute bis spät Abends noch bei ihm und habe ihn zu Bett gebracht und in den Schlaf begleitet. Es war ein wertvoller und sehr wichtiger Moment für uns. Wir konnten uns in Ruhe über Dinge unterhalten und waren dabei dem Leben so nah wie kaum. Ich habe natürlich sehr grosse Angst um meinem Bruder. Der Tumor ist in den wenigen Monaten seit August sehr gross geworden. Aber ich bin auch froh, dass es nun vorwärts geht. Das Warten seit über einer Woche war schwierig. Da mein Bruder nach dem Infarkt vor einigen Jahren regelmässig Aspirin Cardio einnehmen musste, konnte die Operation erst eine Woche nach dem Absetzen der Medikamente (Erhöhte Blutungsneigung) durchgeführt werden.

Du hast schon recht, Wut sollte nicht Überhand nehmen. Sie sollte genügend Platz den Gefühlen lassen, welche zur inneren Ruhe führen.

Die Frage nach dem Sinn dieser Krankheit, welche Du in Deinen Zeilen ansprichst, ist eine Frage die ich mir schon unzählige Male gestellt habe. Das Leben führt die eigene Regie und ich als Protagonist habe darin einen geringen Spielraum. Sämtliche Weltreligionen haben zu dieser Frage Antworten, leider hat keine etwas mit mir zu tun. Wenn es für mich einen Sinn gäbe Unmengen von Leid und Angst und Trauer auf dieser Welt zu ertragen, dann möchte ich den "Lohn" auch in diesem Leben beziehen. Alles Andere ist mir dann doch etwas zu vage und spekulativ! :-)

Und dann sind da diese Momente die so wertvoll sind. Den Moment wenn ich meinen Bruder in den Schlaf begleite, wenn wir uns mit einer Klarheit und Offenheit begegnen, die wir unter "normalen" Umständen wohl nie erlebt hätten. Dann sind da diese kurzen Momente in denen ich mich Frage, ist das nun der Sinn und die Belohnung für all das durchgemachte Leid? Den kurzen Moment des ehrlichen Zusammenseins, in welchem wir von nichts Äusserem und Innerem gestört werden und wir keine Konventionen einhalten müssen?

Ich weiss Deine Anteilnahme sehr zu schätzen. Danke, dass Du meinen Bruder in Deine Gedanken einbindest. Ich glaube an die Kraft der guten Gedanken und dem Willen dazu. Habe lieben Dank, dass Du ihn in Dein Gebet einschliesst. Es mag Dich trösten, dass ich seit ich von Dir und Deinem Mann weiss, viel an euch denke und ich mir inständig wünsche, dass Dein Mann weiterhin stabil bleibt und das Temodal bei Ihm genauso gut und lange anschlägt, wie es dies bei meinem Bruder getan hat.

Ich wünsche euch beiden Zeit für unbeschwertes Gemeinsames und Leichtes. Dass Ihr noch viele gemeinsame Pläne verwirklichen könnt. Sei mutig und glaube an die Dinge, die uns überraschen können.

Ich freue mich weiter von Dir und Deiner Familie zu lesen.

Sei lieb gegrüsst.

Terkan

Struppi
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Wie geht's?

Beitragvon Struppi » Fr 31 Okt 2008 19:57

Lieber Terkan

Nun muss ich Dich doch fragen, wie es Deinem Bruder geht. Den ganzen Tag habe ich immer wieder zwischendurch an ihn und Dich gedacht. Ich hoffe, dass die Operation erfolgreich und ohne Komplikationen verlaufen ist.

Ich habe mich auch gefreut, dass ihr beide gestern Abend eine gute Zeit haben durftet. Es ist wirklich wahr, in einer solchen Situationen gibt es auch Momente, die viel intensiver sind als in gesunden, "normalen" Tagen. In einer Zeit, in der eine Person so hilflos und verletzlich ist, kann besonders viel Nähe entstehen.

Die Beziehung zwischen Brüdern ist sicher anders als zwischen Ehepartnern. Von einem Bruder wird vielleicht nicht selbstverständlich so viel erwartet. Wenn ich unsere Kinder ansehe, hätten sie sich gegenseitig nicht immer zum Zusammenleben auserwählt. In Notsituationen halten aber auch unsere Jungs immer zusammen gegen den Rest der Welt und das ist sicher wertvoll. Ich spüre auch immer wieder, wie sie versuchen, mich zu unterstützen und ich bin froh darum, auch wenn ich die Belastung durch ihren kranken Vater für sie so klein wie möglich halten will. Wenn jeweils einer krank ist, sind die anderen aber sehr besorgt, wenigstens so lange ich nicht gerade da bin. In solchen Krisensituationen ist eine intakte Familie besonders wertvoll.

In den letzten Monaten habe ich gelernt, gelassener zu sein, wenn kleine Meinungsverschiedenheiten da sind, weil ich sicher bin, dass in schwierigen Zeiten jeder für den anderen einsteht.

Für Deinen Bruder ist es sicher sehr tröstlich und wichtig, in Dir eine so grosse Stütze zu haben. Oft habe ich den Eindruck, dass es auch als Angehöriger leichter ist, wenn Du etwas tun kannst und nicht dem Ganzen geschehen hilflos ausgeliefert bist.

Ich werde sicher noch oft an euch beide denken und euch weiterhin in die Gebete einschliessen.

Liebe Grüsse

Struppi

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OP überstanden

Beitragvon Terkan » Fr 31 Okt 2008 20:24

Liebe Struppi

Gerade bin ich am Computer und habe mich gefreut, eine Meldung von Dir zu erhalten.

Ich bedanke mich für Dein Nachfragen. Ich habe heute nach 15h00 ins Spital angerufen. Dort wurde mir gesagt, dass mein Bruder auf der Neurochirurgischen - IPS liegt. Die verantwortliche Pflegende hat mir dann mitgeteilt, dass mein Bruder nach fast 6 Stunden Operationszeit nun bei ihnen auf der Station liegt und ansprechbar ist. Er hat wohl Schmerzen, was jedoch bei einem solchen Eingriff normal ist. Ich habe mit meinem Bruder abgemacht, dass ich ihn erst nach 24 Stunden nach der Operation wieder besuche, damit er sich erstmal gut erholen kann. Wir sind natürlich sehr froh, dass er die Operation überstanden hat und hoffen auf einen guten weiteren Verlauf und auf einen nicht all zu niederschmetternden OP Befund.

Danke für Deine Gedanken an uns und auch, dass Du meinen Bruder in Deine Gebete einschliesst. Ich freue mich darüber!

Bestimmt ist die Interaktion und das Beziehungsmuster von Brüder nicht zu vergleichen zu denen von Ehepartnern. Gerade wenn gemeinsame Kinder grossgezogen werden.

Mein Bruder ist 10 Jahre älter als ich es bin und war immer für mich da.

Ja, das mit dem gelassener zu sein kenne ich gut. Dinge und Situationen bekommen eine andere Wertung. Ich finde es schön zu hören, dass Ihr gut aufeinander aufpasst. Die Kinder Dir Stütze sein wollen und Du Dir sorgsam Gedanken zu den Bedürfnissen Deiner Kinder machst. Das ist längst nicht selbstverständlich.

Nun werde ich mir heute Abend einen ruhigen Moment gönnen mit dem Wissen, dass mein Bruder zur Zeit gut betreut wird. Ich werde ihn morgen besuchen gehen und Dir gerne davon berichten. Dir wünsche ich ebenfalls einen entspannten Abend und weiterhin viel Hoffnung auf leichtere Momente.

Ich bedanke mich noch einmal und grüsse Dich lieb.

Terkan

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Super!!

Beitragvon Struppi » Sa 1 Nov 2008 8:13

Lieber Terkan

Ich bin froh, dass Dein Bruder klar bei Bewusstsein ist. Es scheint doch, dass die Operation planmässig verlaufen ist oder nicht? Gegen die Schmerzen gibt es ja meistens recht gute Medikamente.

Heute wirst Du sicher mehr erfahren, es würde mich interessieren, wie es weiter geht.

Weil ich gestern einen Kurs hatte, muss ich heute noch einiges nacharbeiten.

Liebe Grüsse

Struppi

Terkan
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ein lebenszeichen

Beitragvon Terkan » Mi 26 Nov 2008 10:40

Hallo Struppi

Eine lange Zeit war ich nun nicht mehr hier. Die Ereignisse haben sich überschlagen. Meinem Bruder geht es nicht besonders gut. Die Operation hat er überstanden, aber seit Wochen plagen ihn Fieberschübe und seine Halbseitenlähmung wird von Tag zu Tag schlimmer. Durch das Fieber konnte er nun auch nicht mit der Chemo beginnen und die Befürchtung ist gross, dass der Tumor bereits wieder an Grösse gewonnen hat. Vor zwei Wochen ist unsere Mutter völlig unerwartet verstorben. Wir sind sehr traurig und es ist gerade schwierig alles auszuhalten.

Wir müssen uns mit dem Unvermeidlichen auseinander setzen. Die gemeinsamen Momente mit meinem Bruder sind mir wertvoll und voller Freude. Auf diese möchte ich mich zur Zeit konzentrieren. Unser aller Zeit wird einmal kommen, was dann zählt ist die Liebe die wir gelebt und empfangen haben. Da bin ich mir, auch ohne mich einer Weltreligion verpflichtet zu fühlen, sicher. Aus diesem inneren Gefühl heraus macht auch das Schwierige Sinn und lässt mich die Zeit, welche von Abschied getränkt ist, wertvoll erscheinen.

Ich hoffe Dir und Deinem Mann geht es gut und Deine Familie erlebt gerade lichtefülltere Zeiten.

Ich grüsse Dich lieb.

Terkan

Struppi
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Bestürzung

Beitragvon Struppi » Mi 26 Nov 2008 20:36

Lieber Terkan

Soeben habe ich Deinen Beitrag gelesen. Es tut mir unendlich leid, dass ihr beide nun auch noch eure Mutter verloren habt. Manchmal ist es schwierig, in so schweren Zeiten den Mut nicht zu verlieren! Die ganze Zeit über habe ich immer wieder an Dich und Deinen Bruder gedacht, weil ich durch Dein Schweigen schlechte Zeiten befürchtet habe. Nach wie vor schliesse ich euch regelmässig ins Gebet ein.

Weisst Du, warum Dein Bruder diese Fieberschübe hat? Ist er klar bei Bewusstsein? Hast Du als jüngerer Bruder jetzt mehr die Rolle als stärkerer Bruder übernommen? Ich hoffe, dass Du die Möglichkeit hast, in dieser besonders schwierigen Zeit auch Sorge zu Dir zu tragen. Es ist so wichtig, dass wir nicht irgendwann total ausgebrannt sind. Ganz sicher ist die Liebe das Wichtigste, was von uns zurück bleibt, wenn wir gehen müssen. Damit wir uns aber über lange Zeit unseren Angehörigen, speziell auch schwer kranken Angehörigen widmen können, müssen wir auch mit uns sehr sorgfältig umgehen.

Bei mir wird in den nächsten Jahren auch eine schwierige Zeit kommen. Mein Mann hat vielleicht nicht so viele Jahre wie Dein Bruder. Seine Mutter ist 88 Jahre alt und ich betreue sie im gleichen Haus, in dem wir wohnen. Meine Mutter ist auch nicht mehr sehr gesund und mein Vater hat in diesem Jahr sehr abgebaut. Ich vermute, dass ich sie in wenigen Jahren alle verloren haben werde. Bis in etwa 5 Jahren werden wohl auch die Kinder alle ausgezogen sein und manchmal frage ich mich schon, wie dies alles zu verkraften ist. Die Kraft kommt aber meistens erst, wenn wir sie auch brauchen.

Bei meinem Mann ist die Lage unklar. Am Montag ist eine grössere Besprechung angesetzt, in der die weitere Behandlung besprochen wird. Da ich nie recht verstanden habe, was der Befund des letzten MRI eigenltlich bedeutet bin ich froh, wenn wir gründlich darüber aufgeklärt werden. Manchmal habe ich das Gefühl, ringsum kämpfen zu müssen und fühle mich auch entsprechend müde und einsam, weil mein Mann als Gesprächspartner nur noch sehr eingeschränkt da sein kann.

Meistens komme ich klar, doch es gibt auch dunkle Momente.

Nun grüsse ich Dich und Deinen Bruder ganz lieb und wünsche euch noch viele gute, gemeinsame Momente.

Struppi

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Hallo

Beitragvon Chizuru » Fr 28 Nov 2008 22:03

Hallo Terkan,

Es tut mir leid zu hören das ihr eure Mutter verloren habt, das muss sicher sehr schwer sein. Ich selber leide auch an einen Glioblastom und auch mir haben sie eine sehr schlechte Prognose bekommen, da bei mir nicht alle Behandlungsmöglichkeiten möglich sind, da bei mir durch einen gentischen Fehler die Chance auf einen Zweittumor viel zu Groß ist.

Ich werde soweit es geht von Freunde auch von meinen Zwillingsbruder unterstüzt und sie kümmern sich auch um meine Tochter falls ich mal nicht da sein kann und ich wiederum bin Stark für meinen Mann, der in der Intensivstation mal wieder liegt, durch seinen Lungentumor.

Das tut mir leid auch zu hören das es deinen Bruder so schlecht ist, wiederum ist es echt bewunderswert das er 6 Jahre schon mit dem Glioblastom lebt, da die meisten nicht einmal ein Jahr trotz behandlung überleben.

Ich wünsche euch alles gute und gebe euch sehr viel Kraft!


LG Yuuki

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Die Welt stand einen Augenblick still...

Beitragvon Terkan » Di 12 Mai 2009 18:40

Am Sonntag den 10. Mai 2009 um 09h00 stand die Welt für mich einen Augenblick still. Mein Bruder starb in meinen Armen und verlies die Welt tapfer und still. Er überlebte seinen Hirntumor, welcher im Oktober 01 diagnostiziert wurde, viele Jahre ohne Rezidiv trotz schlechter Prognose und war Hoffung für alle Betroffene mit gleichem Schicksal.

Nach dem plötzlichen Rezidiv letzten Herbst war der Tumor, trotz zweimaliger Operation nicht mehr zu bremsen. Mit unglaublicher Stärke ging er zusammen mit seiner Famillie und Freunden sein Weg.

Wir konnten noch viele schöne Momente in der letzten Phase seines Lebens miteinander erleben. Ich bin unheimlich dankbar für die ihm / uns geschenkte Zeit. Für all das Wertvolle, welches ich durch ihn erfahren durfte. Ich bin dankbar, dass er soviel Zeit geschenkt bekommen hat und ohne grosse Schmerzen und lange dauernden Todeskampf sanft gehen durfte.

Ich wünsche allen Betroffenen und Angehörigen Kraft und Zuversicht auf diesem schweren Weg. Der Krankheitsverlauf meines Bruders soll durchaus Mut machen, dass ein Leben mit dieser schrecklichen Diagnose über Jahre bei guter Qualität möglich ist.

Terkan

Irma
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Danke!

Beitragvon Irma » Mi 13 Mai 2009 17:15

Lieber Terkan,

schon lange habe ich mich gefragt, wie es wohl Ihrem Bruder geht. Sicher ging es vielen Lesern so. Jetzt wissen wir, dass er diese Welt verlassen hat. Aus Ihren Zeilen spricht viel Dankbarkeit für die geschenkte Zeit mit ihm. Ihr Bruder muss eine ganz spezielle Person gewesen sein! Danke, dass Sie uns daran teilhaben liessen! Erinnerungen bleiben, der Schmerz wird mit der Zeit verblassen und weniger weh tun.

Ganz liebe Grüsse und alles Gute
Irma, Moderatorin

busymouse
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Ich zünde eine Kerze an...

Beitragvon busymouse » So 17 Mai 2009 12:24

Hallo Terkan,

auch ich habe hier oft gelesen und war in Gedanken bei Euch. Es ist schön zu lesen, dass Du bei ihm sein konntest. Mehr als 7 Jahre sind für die Diagnose Glioblastom eine lange Zeit.

Ich denke an Euch und zünde eine Kerze für Deinen Bruder an.

Liebe Grüße Birgit

Noch ein Mutmacher für andere Glioblastom-Betroffene:
Auch die Tochter meiner Cousine hat 7 Jahre mit dieser Diagnose überlebt. Sie hatte in der Zeit 3 Rezidive und hat sich nach jedem Eingriff so weit wieder ins Leben zurückgekämpft, dass sie zwischen den OPs auch immer wieder arbeiten gegangen ist. Sie war 32 Jahre alt, als sie gehen musste...

chilli
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Es gibt neue Hilfen

Beitragvon chilli » Do 1 Mär 2012 9:31

Lieber Terkan,ich habe den Weg von dir und deinem Bruder in diesem Forum nachgelesen-ich selbst bin auch von einem Glioblastom Stärke 4 "überfallen" worden.ich wurde vor 2 Jahren operiert danach Bestrahlung und Temodal.
Hat alles nichts geholfen, es kamen sehr schnell Rezidive. Seither bekämpfe ich diesen Teufel mit Chemo (Campto) in Verbindung mit Avastin.Erst mal eineinhalb Jahre alle 2 Wochen(ziemlich scheusslich) jetzt habe ich 4 Wochen Abstand. das lässt sich besser aushalten. im letzten MRT (Januar) war kein Tumor mehr zu entdecken-nur Narbengewebe. Die Freude war bei meiner Familie und Freunden sehr gross-nur bei mir bis heute sehr verhalten. ich traue diesem Frieden irgendwie nicht. na ja mal schauen, vielleicht schaff ich es. Alles Gute von Bettina


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