Schnelle dramatische verschlechterun


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Meli83
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Schnelle dramatische verschlechterun

Beitragvon Meli83 » Do 28 Jul 2016 0:36

Guten Abend

Ich habe mich gerade erst angemeldet weil ich mich gerne mit Betroffenen und Angehörigen austauschen möchte.
Ich selbst bin eine Angehörige. Der Bruder meines Mannes hat min. 4 hirntumore.
Die Diagnose wurde erst vor ein paar Monaten gestellt.
Es find an mit Gleichgewichtsstörungen, kopf und armschmerzen und schwindel. Es wurde eine bestrahlungstherapie gemacht und auser der ständigen Müdigkeit schien es im ganz gut zu gehn. Hat sein Leben, bis auf arbeiten, normal weiter geführt. War viel bei uns, sind einkaufen gegangen usw.
Am 16. Juli sind wir, mein Mann, unsere Kinder und ich, in Urlaub gefahren.
Einen Tag vorher war mein Mann noch bei ihm und hat sich verabschiedet. Er sollte an dem Tag ins Krankenhaus weil er seit ein paar Tagen immer wieder das Gleichgewicht verloren hatte, keinen Appetit und sich ständig beim trinken verschluckt hatte. Einfach nur zur Kontrolle. Da hat mein Schwager zu meinem Mann gesagt, "wenn ich ins KH muss kommt er nicht mehr raus. Das kommt nicht mehr gut"
Wir waren gerade 2 Tage im Urlaub da kam schon die Nachricht, dass es ihm sehr schlecht geht und man nicht mehr sagen kann wie lange er noch hat.
Wie haben dann natürlich ein paar tage später den Urlaub abegrochen und sind nach Hause gefahren. Auf dem Heim weg kam schon die SMS dass er jetzt ins lighthouse verlegt wird.
Dort angekommen der grosse Schock. Ein 100% Pflegefall. Arme und Beine so gut wie gelähmt, blick starr in nur eine richtung. Reden geht nicht, schlucken auch nicht. Essen bereits seit einer Woche verweigert. Magensonde hat er keine bekommen da es für ihn zu grosse schmerzen geben könnte und das zu den vielen anderen beschwerden einfach zu viel wäre.
Mein Mann und ich sind sehr geschockt über die schnelle veränderung. Eine Woche vorher waren wir noch zusammen unterwegs und jetzt könnte man meinen er wäre ein ganz anderer Mensch. Mein Mann versucht immer in seiner nähe stark zu sein um ihm nicht noch mehr agnst zu machen. Aber zu hause weint er viel, was ich von ihm so gar nicht kenne. Weiss auch nicht wie ich ihm helfen kann. Hoffnung gibt es keine. Und ob er mein Schwager leidet wissen wir auch nicht gensu. Bis vor 2 Tagen konnte er uns noch mit daumen hoch und runter mitteilen wenn etwas nicht gut ist. Jeden Tag ist es schlimmer.
Ich hatte gestern das Gespräch mit seinem Arzt und er meinte er könne überhaut nicht sagen wie lange es noch geht. Es kann tage dauern oder auch nur Stunden.
Ich weiss grad gar nicht was ich machen soll. Bin total am ende.
Tut mir leid für den sehr langen text. Vielleicht kann mir ja jemand von euch seine Erfahrungen mitteilen und weiss aus Erfahrung was noch auf uns zukommen könnte.
Laut Arzt kann es im schlimmsten Fall noch zu epileptischen anfällen kommen. Trotz den kramplösenden Medikamenten die er jetzt hat. Ich hoffe dazu kommt es nicht.

Ladina
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Abschiedsweg

Beitragvon Ladina » So 31 Jul 2016 18:00

Liebe Meli

Erst mal willkommen in diesem Forum, auch wenn der Anlass für Deine Anmeldung sehr schwierig ist. Für den langen Text musst Du Dich keinesfalls entschuldigen. Genau für solche Schilderungen wurde das Forum gegründet - dass die Menschen sich ausdrücken können, Ängste mitteilen können als sie weiter runterzuschlucken. Runterschlucken macht nämlich auf Dauer krank. Es ist gut, dass Du schreibst!

Ich hatte als Kind einen Hirntumor - jedoch ein gutartiges Teil. Das ist nicht vergleichbar mit dem, was Dein Schwager hat, denn ich gehe davon aus, dass Dein Schwager einen bösartigen, aggressiven Tumor hat. Einen schnellwachsenden Tumor. Bei solchen Tumoren kann es sein, dass sie innert Tagen sogenannt versprengen. So wie Du das schilderst, könnte dies passiert sein und die massive Verschlechterung erklären. Ein Tumor, der praktisch platzt, bzw. sehr schnell streut - das gibt es im Gehirn - leider - und ist der Auslöser für genau solches Leid, wie Du es schilderst.
Tumore im Gehirn sind sehr schwer zu behandeln - bei 4 Hirntumoren operiert man nicht mehr - das würde der Mensch gar nicht verkraften und bei der Operation, die nicht Minuten sondern zig Stunden dauern kann - schon bei einem einzelnen Tumor - versterben. Dass man eine Bestrahlung gemacht hat, spricht dafür, dass die Tumore relativ nah beeinander liegen oder auf Chemo nicht ansprechen würden.
Bestrahlungen diesen aber im Gehirn auch oft dazu, eine Region zu entlasten, das Wachstum eines Tumors zurückzudrängen - Zeit zu gewinnen.

Manchmal merken Menschen mit Hirntumoren gar nicht so sehr, wie schlecht es ihnen geht - evtl. ist das eine Gnade. Fürs Umfeld ist es meist sehr schwer, weil man den Zerfall realisiert.

Vermutlich wird das Befürchtete eintreffen, da er schon Schluckstörungen hat, der starre Blick, die Lähmungen - das deutet auf eine Hirnstammverletzung hin - der Tumor sitzt dort fest und treibt ein böses Spiel.

Was er dann, wenn es auch aussieht, als ob er vor sich hin dämmere, noch mitbekommt, kann man meist nur vermuten. Ich lag selber mal im Koma, ich kann mich an Dinge erinnern, so als ob ich sie in dieser Zeit gesehen hätte -und an teils Worte, ohne zu wissen, wann genau sie gefallen sind - und an Berührungen und an das Gefühl, meinen Herzschlag wahrgenommen zu haben.
Deshalb kann ich Euch nur ermutigen, ihn besuchen zu gehen - das Wesentliche ihm noch mitzuteilen. Dass er ein toller Schwager/Bruder war/ist, dass man ihn gerne hat, dass man sich an viele gute Momente erinnert, mit ihm sprechen, auch wenn keine Antwort mehr kommt.
Ihn berühren, sanft zeigen, hallo, ich bin da - Du bist nicht allein. Ihr könnt ihm auch danken - ich hoffe, es gibt nichts ungutes, was da noch dazwischen steht - das würde es beiden Seiten sehr erschweren.

Schön, dass er im Lighthouse sein darf - ein guter Ort für ein würdiges Abschiednehmen, viel ruhiger und offener als es im Spital geschehen kann.
Hatte er ein Tier? Im Hospiz darf man auch ein Tier mitbringen und man kann sehen, wie sich Gesichter entspannen, auch von komatösen Menschen, wenn sie das Fell eines Tieres berühren können.

Wie lange dies alles gehen kann, diese Sterbebegleitung - das ist ganz individuell. Diese palliative Zeit, diese Zeit, wo nicht mehr die Heilung im Vordergrund steht, sondern das Leben, bzw. das würdige, liebevolle Abschiednehmen - das ist zu einen eine schwere Zeit für die Angehörigen - denn ans Sterben will man nicht denken.
Andrerseits ist sie ein grosses Geschenk. Vielen bleibt so ein bewusstes Abschiednehmen verwehrt.

Seid einfach für ihn da und tut das für ihn, was Ihr Euch vorstellen könnt, dass es Euch etwas bedeuten könnte - in gleicher Situation.

Deinem Schwager wünsche ich eine schmerzfreie Reise zu den Sternen oder wo auch immer es hingeht. Einen Abschied, mit der Gewissheit, dass er hier gute Spuren hinterlassen hat - dass etwas Schönes von ihm bleibt. Und Euch irgendwann das wohltuende Gefühl, es in dieser schwierigen Zeit gut gemacht zu haben - das Wesentliche noch gesagt und geteilt zu haben. Das ist, was bleibt - bei ihm und bei Euch- Für immer.

Mit ganz lieben Grüssen

Ladina

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Gedicht

Beitragvon Ladina » So 31 Jul 2016 18:06

Liebe Meli - vielleicht hilft Dir auch mein Gedicht, das ich einst geschrieben habe. Es wurde und wird von vielen ähnlich betroffenen Menschen als für ihr Empfinden stimmig bezeichnet...

Wünsche für die Sterbetage
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Wenn die Zeit des endgültigen Abschiednehmens anbricht,
bitte tretet nicht in Schwarz zu mir.
Lasst mich doch noch Farben sehen,
solange ich es kann.

Fasst nicht einfach meine Hand
Lasst mich selber nach Eurer greifen
solang ich es noch kann.

Bleibt nicht am untern Ende des Bettes stehen
Kommt her zu mir, so nahe es geht, und setzt Euch
Lasst mich doch noch bei Euch sein
solange ich es kann.

Denkt nicht, dass Ihr mich langweilt,
wenn ich zwischendurch meine Augen schliesse
Lasst mich einfach bei Euch ruhen
solang ich es noch kann.

Es wird vielleicht der Tag kommen,
wo ich nicht mehr sprechen kann.
Steht dann nicht stumm an meinem Bett
Erzählt mir was von einer Reise,einem schönen Tag,
von Eurem Haustier oder singt mir leise ein Lied.
Lasst mich doch Eure vertrauten Stimmen hören
solang ich es noch kann.

Und habt keine Angst
etwas falsch zu machen
bleibt nicht einfach weg.
Sterbende Seelen sind sensibel
sie fühlen, wenn etwas aus Zuneigung geboren ist.

Sie spüren es,
bewahren es in sich
lange Zeit und
bis in die Ewigkeit....

Copyright by Ladina, am 9.März 1999

Meli83
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Wieder schlechter

Beitragvon Meli83 » Di 2 Aug 2016 1:43

Vielen Dank für die lieben Antworten.
Sein zustand hat sich noch mehr verschlechtert. Wir mussten kommen. Er lag im bett und hat nur noch gekrampft, viel zu schnell und zu schwer geatmet.
Sein darm entleert sich. Das macht ihm auch schmerzen.
Sein arzt kam und sagte uns es kann nur noch tage wenn überhaut gehn. Es war heute so schlimm. Ich bin so erschrocken dass ich in tränen ausgebrochen bin und das zimmer verlassen musste.
Gestern ging es ihm besser. Er war sehr klar und hat wieder mit daumen hoch und runter auf fragen reagiert. Hat uns angesehn und gelächelt.
Und heute das. Wir sind wieder zu hause und können nicht schlafen.
Ihm wurde jetzt Morphium und etwas zum schlafen gegeben.
Sein onkel übernachtet heute bei ihm

Meli83
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Erlösst

Beitragvon Meli83 » Mi 3 Aug 2016 9:57

Er ist heute morgen zu den sternen gereist.

Irma
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Er hat seinen Stern gefunden

Beitragvon Irma » Mi 3 Aug 2016 16:08

Das tut mir sehr leid, liebe Meli83.

Vielleicht spendet Ihnen der Gedanke Trost, dass er jetzt nicht mehr leiden muss.
Wenn jemand zu den Sternen reist, denke ich oft an den «kleinen Prinz» von Antoine de Saint-Exupéry.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Mann viele schöne Erinnerungen an seinen Bruder und Ihren Schwager. Sicher werden Sie in einer sternenklaren Nacht liebe Gedanken in den Nachthimmel zu ihm schicken.

Liebe Grüsse
Irma, Moderatorin


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