Zwischenbericht / Erfahrungen


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Nomade
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Zwischenbericht / Erfahrungen

Beitragvon Nomade » Do 3 Nov 2005 11:42

Herzliches Hallo an alle!

Wer in ein Krebsforum "reingeht" möchte in der Regel gerne etwas über Krebs, spezifische Krebserkrankungen erfahren. Selber habe ich auch immer wieder lange gesucht und im Bereich Speiseröhrenkrebs relativ wenig gefunden. Dies ist ja einerseits schön, denn offenbar sind nicht zu viele Menschen von diesem Krebs betroffen. Als Betroffene wünschte man sich aber oft, dass da halt doch irgendwo jemand wäre mit dem man sich austauschen kann.
Inzwischen habe ich gelernt, dass jede Krebserkrankung so individuell ist, dass man eigentlich kaum vergleichen, oder Rückschlüsse aus Geschichten von anderen Betroffenen ziehen kann. Trotzdem ist man als betroffene Person immer interessiert, wie es denn bei anderen Betroffenen läuft und wie sie mit der Materie umgehen. Diese Berichte fördern Verständnis, beruhigen, lösen Aengste aus, machen Hoffnung und vor allem zeigen sie: Ich bin nicht alleine.

Auf Grund dieser, meiner persönlichen Ansichten, habe ich mich dazu entschlossen in diesem Forum meine Geschichte weiter zu erzählen.

Meine Basis-Krankheitsgeschichte habe ich bereits im Thema "hiermit offiziell eröffnet.." festgehalten. Hier möchte ich die vergangenen 3 Monate festhalten.
Ende Juli hat mein Arzt meine Chemo so umgestellt, dass mein Verdauungssystem nicht mehr schlapp macht. Bei mir liegt der Fokus darauf, den Krebs so lange wie möglich aufzuhalten, unter Kontrolle zu halten. Wir haben uns auf einen 5-Wochen Rhytmus geeinigt. Die Therapie soll ja meine Lebensqualität erhalten. Es ist für mich nutzlos wenn es mir wegen der Therapie schlechter geht als ohne. So würde ich nur Lebenszeit verlieren, nichts gewinnen. Die goldene Mitte zu finden erweist sich immer wieder als schwierig. Was will ich auf mich nehmen? Was bringt es mir? Eigentlich weiss man es nie im voraus. Man versucht es halt und hofft, dass die Therapie neben den Nebenwirkungen auch etwas Erfolg bringt. Auch mit der umgestellten Therapie hatte ich so meine Mühe: Kaum dass die Chemomittel in meinen Körper fliessen, verkehrt sich alles. Bereits nach den ersten 30 Minuten fühle ich mich total erschlagen und kämpfe gegen Uebelkeit. Das ist der Moment, wo meine Mutter für mich übernimmt! Die kommenden 3 Tage verbringe ich hauptsächlich schlafend. Ich nehme meine Medikamente, trinke, zwinge mich etwas zu essen und kämpfe darum alles bei mir zu behalten. Die nächsten 10 Tage geht es von Tag zu Tag wieder etwas besser. Die Uebelkeit wird weniger und ich integriere mich täglich wieder etwas mehr in den Alltag. Ich bin sehr vergesslich in dieser Phase, mag keinen Krach ertragen. In der dritten Woche komme ich wieder ohne Hilfe meiner Mutter klar, wobei ich mich auf das Kochen konzentriere und bei allen anderen Arbeiten meine 3 Männer einspannen muss. In dieser Woche bin ich sehr auf meinen Darm konzentriert, denn der muss jetzt wieder in Schwung kommen. Einen regelmässigen Stuhlgang weiss man erst zu schätzen, wenn man ihn nicht mehr hat... Die vierte Woche geht bereits wieder flüssiger von der Hand und die fünfte Woche, ja, für die hat sich dann alles irgendwie gelohnt. Da geht es mir dann wieder gut. Vor allem auch mental. Dann geht alles wieder von vorne los. Mit jedem mal halten die Nebenwirkungen etwas länger an und die Phase wo ich mich wohl fühle wird kürzer. Mein Ablegertumor am Hals ist wieder gewachsen. Anfangs Oktober ist er bereits von blosem Auge sichtbar. Mein Jüngster ist schockiert, wie er dies bemerkt. Haselnussgross, rot und hässlich protzt dieses unerwünschte Ding über dem Schlüsselbeinknochen an meinem Hals und drückt so nebenbei noch auf ein paar Nerven. Ich muss die Schmerzmitteldosis erhöhen. Am 20. Oktober können wir nachmessen, dass der Tumor seit dem 4. Oktober schon wieder gewachsen ist. Wir müssen also davon ausgehen, dass die Chemotherapie nicht ganz so wirkt wie wir es gerne hätten. Es hat keinen Sinn, diese Therapie weiter zu verabreichen. Ganz tief in mir drinn atme ich auf. Mein Widerwille gegen die Therapie hat sich bei jeder Verabreichung gesteigert, weil die Nebenwirkungen jedesmal ausgeprägter waren und länger andauerten. Ich bin froh für eine Pause! Jetzt musste zuerst ein CT gemacht werden damit wir wissen wo wir stehen. Der aktuelle Bericht ist gar nicht so schlecht. Ich hatte wirklich Angst, dass es auf der Lunge um einiges schlechter aussehen würde als beim letzten CT. Tatsache ist, dass sich dort nur wenig verändert hat. Die Metastasen sind zum teil wenig gewachsen und zum teil auch wieder etwas geschrumpft. Eine ist sogar ganz weg. Das ist doch eine gute Nachricht! Natürlich ist der Ableger am Hals tatsächlich wieder gewachsen und somit mein Momentan grösstes Problem. Eigentlich habe ich ja Speiseröhrenkrebs.... doch die Speiseröhre verhält sich momentan sehr ruhig. Meine Schluckprobleme sind minimal. Ich bin darüber sehr, sehr froh. Es war schon schlimmer und ich hoffe, dass ich noch eine Weile von diesen Problemen verschont bleibe. Eigentlich genügt es ja auch vollkommen, dass mir der Ableger am Hals so Schwierigkeiten macht. Die Schmerzen nehmen wöchentlich zu und ich mache mir Gedanken: Was passiert als Nächstes? Kann ich meinen linken Arm irgendwann nicht mehr bewegen? Wird sich der Tumor über mein Gehirn hermachen? Was passiert, wenn das Ding in die Wirbelsäule einwächst? Wird mein linkes Augenlied bald noch mehr anschwellen? Ich spüre diesen Tumor bei jeder meiner Bewegungen, er ist da und lässt sich nicht enfach wegdenken. Anfangs Oktober ging es mir mental nicht sehr gut. Ich habe gespührt, dass es nicht optimal läuft. Immer wenn es wieder ein Stücklein schlechter wird, wird man unweigerlich wieder mit der Nase daraufgestossen, dass die Zeit abläuft, langsam aber stetig. Das hat man nicht gern, das tut weh, macht wütend, traurig, hilflos. Oh ja, auch ich habe geweint, werde es sicher noch oft tun. Alles war plötzlich wieder so kompliziert. Kaum meint man, ok, ich komm klar damit... verändert sich die Situation wieder. Und obwohl man ja gewusst hat, dass es nicht ewig so weitergeht, gab man sich doch dem Gedanken hin, dass es ja gut ist. Dann meldet sich der Krebs "hallo, bin auch noch da" und schon sitzt man in der Grube von der man gedacht hat, man habe sie überwunden. Ich habe Zeit für mich gebraucht, habe auch die Tränen gebraucht und vor allem alle die guten Momente der vergangenen Monate, mein Beweis, dass es auch mit Krebs geht. Ich war ein paar Tage in London, ich war auf dem Schilthorn, ich habe mich mit Freunden getroffen, war in der Stadt lädelen. Liebe Menschen, auch aus diesem Forum, haben mir wieder aufgeholfen. Es funktioniert! Es wird auch weiter funktionieren! Ich muss mich nur wieder den neuen Umständen anpassen. Kleinere Brötchen backen. Dafür werden sie um so besser schmecken. Ich nehme mir noch eine Woche Pause, dann werden wir ein neues Chemomittel ausprobieren. Irgendwie graut mir bereits wieder vor den möglichen Nebenwirkungen, doch ich muss es versuchen. Ich bin es meiner Familie und mir schuldig. Noch bin ich bereit um Zeit zu kämpfen! Es lohnt sich noch immer! Mein Leben ist schwieriger geworden, etwas beschwerlicher. Die Schmerzmittel alleine machen mich schon müde. All das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Leben immer noch viel Schönes und Gutes zu bieten hat. Ich will mir Mühe geben auch weiterhin diese positiven Dinge im Vordergrund zu halten. Ich lebe meinen Tag, einen nach dem anderen, und es ist eigentlich nicht wichtig wie viele es sein werden. Wichtig ist, wie ich sie lebe. Ich werde meine Energie jeden Tag in genau diesen Tag stecken und in nichts weiter.

Fortsetzung folgt......


Nomade

Dorothe
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Beitragvon Dorothe » Fr 4 Nov 2005 13:45

Liebe Nomade,

schön, wieder von dir zu lesen - du bist eine Inspiration für mich. Ich habe die positive Einstellung, die aus deinen Beiträgen spricht, immer wieder bewundert. Besonders auch dein Austausch mit Ladina. Habe dann länger nichts von dir gelesen, aber mich nicht 'getraut' nachzufragen.

Bei mir wurde letztes Jahr ein follikuläres Lymphom diagnostiziert. Ich habe sehr gut auf Chemo/Antikörper angesprochen und es geht mir jetzt eigentlich sehr gut. Die Chemo war eine schwere Zeit, besonders weil meine Kinder noch sehr klein waren (Die Chemo begann im Januar, nur einen Monat nach der Geburt meiner Jüngsten, dann habe ich noch Zwillinge, die damals noch mal 2 waren). Aber die Kinder gaben und geben mir auch enorm viel Mut und die Fähigkeit das Positive zu sehen und den Moment zu leben. Deine Beiträge bestärken mich in dieser Einstellung. Vielen Dank, dass du diese Gedanken mit uns teilst!

Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und Mut, mach weiter so!

Dorothe

Nomade
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Beitragvon Nomade » Fr 4 Nov 2005 18:10

Liebe Dorothe

Darf ich annehmen, dass bei Dir eine kurative Behandlung gemacht wurde und Du jetzt beschwerdenfrei bist? Alles andere wäre unglaublich bitter!

Ich freue mich über Deine Nachricht. Deine Geschichte zeigt hoffentlich vielen anderen Betroffenen was der eigene Wille, und der Mut an das Positive zu glauben, ausrichten können. Du hast dafür sicher unheimlich viel Kraft gebraucht. Als Gegenleistung nimmst Du einen gut gepackten Rucksack mit auf deinen weiteren Lebensweg. Grosses Kompliment an Dich!

Wir brauchen uns nicht hinter der Angst zu verstecken. Packen wir unsere Möglichkeiten und machen wir das Beste daraus.

Alles Gute und liebe Grüsse!

Nomade

Dorothe
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Beitragvon Dorothe » Mo 7 Nov 2005 8:39

Liebe Nomade,

ja meine Behandlung war kurativ und ich bin im Moment Beschwerdefrei - habe ganz vergessen, dies zu erwähnen. Ich kriege noch alle zwei Monate Antikörper (Mabthera/Rhetuximab) als Erhaltungstherapie, aber da sind (wenigstens bei mir) im Vergleich zur Chemo kaum Nebenwirkungen festzustellen.

Mein Krebs ist also momentan besiegt, allerdings muss ich damit rechnen, dass er irgendwann zurückkommt. Aber dieses Wissen soll mir nicht die Freude am Leben und an meinen Kids verderben, denn es ist wohl immer noch gefährlicher über die Strasse zu laufen oder in ein Auto zu sitzen und das tun wir ja täglich...

Ich wünsche dir eine gute, möglichst Beschwerefreie Woche mit vielen positiven Erlebnissen,
Dorothe

Nomade
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Beitragvon Nomade » Mo 7 Nov 2005 9:58

Liebe Dorothe

Phu, da bin ich aber froh, dass den Kampf als Siegerin beendet hast.

Du machst das ganz prima. Es ist richtig, sich jetzt nicht wild zu machen. Geh Deinen Weg weiter und lass Dich nicht von etwas aufhalten das Du hinter Dich gebracht hast.

Ich hatte mit 13 Morbus Hodgkin (Lymphdrüsenkrebs). Hab den Kampf damals auch gewonnen und 30 Jahre lang ohne Beschwerden gelebt.
Meine jetzige Krebserkrankung ist auf die zu hohen Bestrahlungsdosen die ich damals erhalten habe zurückzuführen. Heute passiert so etwas aber nicht mehr. Du musst Dir also für Dich keine Sorgen machen!

Alles Gute für Dich!

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Beitragvon Nomade » So 27 Nov 2005 17:59

Fortsetzung....
Am 10.11. ging ich in die Praxis, um wie besprochen, mit einem weiteren Chemomittel einen Neuen Versuch zu starten. Das neue Mittel heisst Campto und wird in Verbindung mit FU5 abgegeben. Ich erhalte auch die üblichen Mittel gegen die Uebelkeit. Noch bevor überhaupt ein Mittel in mich reinfliesst wird mir schon übel und ich muss tatsächlich brechen. Wieso? Irgendwo ganz tief in mir drinn muss inzwischen ein so grosser Wiederwille gegen die Chemos stecken, dass ich psychisch schon so heftig reagiere. Ich schäme mich, will doch keine Schwierigkeiten machen. Mein Arzt klärt mich auf, dass das gar nicht abnormal sei und ich mir nichts daraus machen soll. Nach der Behandlung gehe ich mit den Medikamenten für die nächsten 2 Tage nach Hause. Müdikgkeit und kein Appetit. Das kennen wir ja schon. Wenigstens nicht so viel Uebelkeit. Nur wenn ich zu viel tun will muss ich mal ein wenig brechen. Harmlos. Am Freitag kommt das FU5 weg und ich nehme noch einmal etwas gegen die Uebelkeit mit nach Hause. Die erwartete Nebenwirkung, nämlich Durchfall, hat sich gar nicht gezeigt. Schön! Dafür fühle ich mich grauenhaft müde. Null Energie! Muss wieder öfter brechen. Das Wochenende geht irgendwie an mir vorbei und mir ist alles einfach nur egal. Mein Tumor am Hals hat zu nässen begonnen. Ich will nur schlafen. Am Montag höre ich wie meine Familie aufsteht. Wunderbar selbständig machen sie alles. Für mich wie eine Traumeinlage, will nur schlafen. Irgendwann steht meine Mutter im Schlafzimmer..."Hast Du schon was getrunken?" Wie, was? Ich möchte einfach meine Ruhe und schlafen. Ich steh auf, trinke was, esse eine Kleinigkeit um sie gleich wieder zu brechen.... ich krieg den Tag nicht auf die Reihe. Einmal mehr verlegt man mich ins Spital zum "aufpäppeln".
Ich kriege diese Müdigkeit diesmal kaum aus mir raus. Ich fühle mich wie ein gebrochener Zweig. Die Energie fliesst nicht mehr. Schon nur der Gedanke an Chemotherapie blockiert meinen Magen. Da läuft etwas psychisch in mir ab und ich kann es kaum einordnen. Ich brauche Ruhe, Zeit, Tränen um mich wieder zu finden. Eine Woche später fühle ich mich wieder in der Lage, meine Tage selber zu gestalten, sehe den Weg wieder.
Ich weiss noch nicht, ob ich bereit bin mit der neu begonnenen Chemotherapie weiter zu fahren. Wenn sie nicht ganz eindeutig einen positiven Effekt auf das Wachstum meines Krebses zeigt, dann will ich es nicht mehr. Es kostet mich zu viel Kraft, die ich lieber noch auf die vielen Guten Dinge in meinem Leben verwenden möchte. Ich will mich nicht mehr 3 von 4 Wochen wegen einer Chemo schlecht fühlen und daraus keinen Gewinn ziehen können. Die Kosten Nutzen Rechnung geht so nicht auf. Ich möchte mich die Zeit in der ich noch hier sein kann wohl fühlen. Nicht immer müde sein und brechen müssen wegen einer Chemotherapie die mein Leben schlussendlich doch nicht verlängern kann. Bis jetzt hat keine einen wirklichen Erfolg gebracht. Irgendwas wächst immer weiter. Vielleicht wäre alles ohne Chemo noch viel schneller weiter gewachsen, ist schon möglich. Aber der Preis ist so verd... hoch! Irgendwie bekomme ich zu wenig für den Preis den ich bezahle. Vermutlich brauche ich nach bald 2 Jahren Chemotherapien jetzt einfach mal eine Pause. Am Dienstag werde ich mit meinem Onkologen zusammen entscheiden, welchen Weg ich gehen will. Probier ich's noch mal, oder lass ich's sein und lass es bei dem bleiben was mir noch bestimmt ist?

Während all dieser Chemotherapien haben sich meine Haare tapfer gehalten. Eigentlich hatte ich nur wenige verloren und mich darüber auch sehr gefreut. Heute Morgen beim Duschen haben sich meine Haare gleich Büschelweise verabschiedet. Ich hatte immer gesagt: Darauf kommts nicht an, das wäre für mich nicht schlimm. -Trotzdem stand ich da unter der Dusche und habe geweint. Es sind nicht die Haare an sich, es sind diese vielen kleinen Abschiede. Die Kraft lässt nach, die Ausdauer wird weniger, der Appetit wird kleiner und jetzt die Haare. Es sind diese vielen kleinen Abschiede die man nehmen muss. Es kostet immer wieder Kraft die nicht mehr unerschöpflich zur Verfügung steht.

Gestern Abend haben wir den 16. Geburtstag unseres älteren Sohnes gefeiert. Es war wunderschön. Heute haben wir das Haus weihnachtlich dekoriert und ich freue mich auf Weihnachten. Es geht mir wieder gut! Mein Leben geht weiter und es ist trotz der Tiefen die es zu durchqueren gilt, immer noch wunderbar!

Ich wünsche allen eine schöne Adventszeit!

Nomade


Fortsetzung folgt.....

aitangi
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Beitragvon aitangi » Mo 28 Nov 2005 14:17

Hallo Nomade,

ich habe gerade Deinen Eintrag gelesen, er ging mir sehr zu Herzen. Ich bin nicht selber betroffen, bin aber Pflegefachfrau in Onkologie.
Ich bewundere Deinen Mut und Deine Kraft. Wie Du alles positiv sehen kannst, macht sicher auch vielen Betroffenen Mut.
Das mit Deinen Haaren tut mir sehr leid, vorallem da ich in einem anderen Beitrag von Dir gelesen habe, dass Du bis jetzt Deine Haare behalten konntest.
Ich finde es schön, dass Du trotz all den Verlusten und Schwierigkeiten die schönen Seiten auch noch siehst.
Ich wünsche Dir für morgen alles Gute und das Du eine Entscheidung treffen kannst hinter der Du und Deine Familie stehen kann.

In diesem Sinne wünsche ich Dir auch ein schöne besinnlich Adventszeit.

aitangi

Bienli
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Deine Haare

Beitragvon Bienli » Mi 30 Nov 2005 11:30

Hallo Nomade

Es tut mir leid wegen Deine Haaren. Kann Dir nachfühlen. Ich weiss seit Juli, dass ich an einem Non-Hodkins-Syndrom leide. Habe mich dann entschieden, eine Perücke zu kaufen. Als mir die Haare büschelweise ausgefallen sind, telefonierte ich mit dem Coiffeur uns sagte ihm, so, jetzt muss der Rest auch noch weg. Ich war zwar auch am Anfang sehr traurig, in der Zwischenzeit habe ich mich daran gewöhnt. Die Perücke habe ich erst ca. 2x getragen. Zu Hause laufe ich "oben ohne" herum. Meine beiden Kinder stören sich nicht daran. Zum Einkaufen trage ich ein Tuch und habe mir noch zwei lustige Frotte-Badekappen gekauft. Kein Mensch weiss, dass das eigentlich Badekappen wären.... Mein Kopf sieht gar nicht übel aus, mit wenig Schminke im Gesicht fühle ich mich sogar sehr wohl. In der Zwischenzeit spriessen die ersten Haare schon wieder und ich habe einen Flaum oben, wie ein Baby... Beim Duschen geht es auch ruck-zuck, es war für mich diesbezüglich sogar ein Vorteil. Bin sogar so weit, dass ich zu Hause Besuch empfange "oben ohne". Mich störts nicht, wenns den Besuch stören würde, können die ja wieder gehen. Ich fühle mich dabei recht wohl und solange es für mich stimmt, ist es doch ok. Lass Dich wegen den Haaren nicht verückt machen. Wir beiden haben schon viel, viel Schlimmeres durchgemacht. Kopf hoch!!!

Liebe Grüsse

Bienli

Nomade
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Beitragvon Nomade » Do 1 Dez 2005 8:33

Hallo Bienli

Vielen Dank für Deine aufmunternden Worte. Seit Gestern hab ich jetzt auch so ein "edles" Teil..... Was mich wütend macht ist, dass viele meinen, ich müsse dieses Ding auch dauernd anziehen. Das geht mir so gegen den Strich. Ich war im Moment, wie ich es beschrieben habe, überrascht und traurig als meine ganze Naturpracht im Wasser schwamm, aber prinzipiell hab ich kein Problem mit meinem kahlen Kopf. Kommt mir eher vor, die Leute um einem rum haben das. Am wohlsten ist mir mit einem Tuch. Finde ich auch schick. Die Perücke ist schon schön, aber eben doch nicht ich. Ich hab sie um ins Kino zu gehen oder wenn ich mit meinem Mann wo hin soll wo man uns weniger kennt. Es ist ja wirklich nur wegen den Leuten die blöd schauen oder blöde Fragen stellen. Immer will man das ja nun auch nicht. Vor allem mein Jüngster (14) legt wert darauf, dass ich das Ding anzieh wenn ich aus dem Haus gehe. Seine Schulkollegen könnten ihm ja Fragen stellen oder blöde Bemerkungen machen. Das möchte er bitte nicht! Ich denke, da sollte ich Rücksicht nehmen, wenn ich es schon kann.
Nein nein, so eine Glatze hat echt auch was für sich. Wie Du sagst, alles geht super schnell. Nur etwas kalt fühlt es sich an :-)

Liebe Grüsse!

Nomade

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@aitangi

Beitragvon Nomade » Do 1 Dez 2005 8:43

Hallo aitangi

Vielen Dank für Deinen Eintrag. Ich möchte Dir sagen, dass Menschen wie Du, die Onko-Patienten betreuen, zumindest für mich, sehr wichtig sind. Jedesmal wenn ich im Spital bin, sind da diese lieben Menschen die sich liebevoll und kompentent um mich kümmern und mir helfen, meinen Weg weiter zu gehen. Ihr habt das Gefühl dafür, wann wir Trost oder Aufmunterung brauchen und das gibt wieder Kraft zum weiter machen. Dies immer wieder erfahren zu dürfen gehört auch zu den schönen Seiten. Dafür DIR und all Deinen Berufskolleg/innen ein herzliches Dankeschön!

Nomade

aitangi
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Beitragvon aitangi » Do 1 Dez 2005 15:35

DANKE!!!

aitangi

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zwischenbericht....

Beitragvon Nomade » Mo 19 Dez 2005 16:31

Hallo an alle

Befinde mich gerade in einer speziellen Klinik um meine CHemoptherapie ohne meine Familie und stressfrei durchziehen zu können. Ich brauche unglaublich viel Zeit und Ruhe für mich selber. Zeit um den Ort wo ich mich jetzt befinde einordnen zu können. Mir scheint, dass sich sehr viel geändert hat. Ich fühle mich wie in eine neue Zone versetzt. Lebenszone, meine ich. Ich spüre wie die Krankheit mich fordert und weiterzieht an Orte auf die ich mich jetzt wieder neu vorbereiten und einrichten muss. Meine Vorstellung von Lebensqualität muss ich ganz neu definieren. Es geht jetzt nicht mehr um die Chemotherapie die funktionelle Lebensqualität gibt, sonder möglichst beschwerdefreie Lebensqualität. Ich muss meine Haushaltung abgeben, ich schaff es einfach nicht mehr. Alles ermüdet mich ungemein schnell und ich brauche sehr viel Zeit ganz für mich. Ich möchte meine Chemos die mir die Erleicherung in Form von weiterhin fast problemlos schlucken können weiter machen dürfen, auch wenn der Nebeneffekt so ist, dass ich irgendwie halt wirklich nur noch da bin, nicht funktionell, sondern nur bin. Ich möchte das noch geniessen dürfen, noch wohl sein können so lange es geht und wenn es so weit ist zufrieden durchrutschen auf die nächste Ebene, wo immer das dann sein mag. Ich bin jetzt hier in dieser Klinik um zu lernen richtig los zu lassen. Vetrauen zu lernen in meinen Mann und meine Söhne, dass sie mich so weit tragen werden und jetzt die Kraft für mich haben werden die ich jetzt einfach nicht mehr habe. Es ist eine neue Standortbestimmung, ein sich wieder auf die aktuelle Situation einstellen müssen, Aufgaben neu aufzuteilen damit wir zusammen wieder mit dem optimal Möglichen weitermachen können. Ich habe viel geweint, bin noch immer dabei. Aber ich freue mich auch schon wieder auf Weihnachten und finde wieder meine Zuversicht in das was kommen wird, dass wir es schaffen werden.

Ich möchte allen Patienten, Angehörigen, Betreuer/innern ganz ganz schöne Feiertage wünschen. Habt Euch lieb, man weiss nie wie lange man es noch kann!

Nomade

Dorothe
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Beitragvon Dorothe » Mi 21 Dez 2005 8:38

Liebe Nomade,

dein neuster Bericht hat mich in seiner Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit berührt und gerührt. Danke, dass du so offen zu uns bist! Es gibt mir Mut in die Zukunft zu schauen - falls auch bei mir die Krankheit einmal zurückkommen und bleiben sollte.

Ich kann mir vorstellen, dass es schwer sein muss loszulassen, den Haushalt und die täglichen Rituale und Tätigkeiten abzugeben; aber es braucht auch Mut dies zu tun und sich auf die neue Situation einzustellen. Ich gratuliere dir zu diesem Mut und hoffe, dass du genug Lebensqualität hast, um allein zu sein, nachzudenken und dich auf die neue Sitaution einzustellen.

Wirst du in der Klinik bleiben oder kannst du für die Festtage nach Hause? Wo immer du bist - ich wünsche dir, deinem Mann und deinen Söhnen eine friedliche und schöne Zeit. Und ich werde deine Aufforderung ernst nehmen und meine Angehörigen lieb haben, auch wenn's manchmal Spannungen gibt.

Sei umarmt!
Dorothe

aitangi
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Beitragvon aitangi » Do 22 Dez 2005 14:30

Hallo Nomade,

Ich wünsche Dir und Deiner Familie von ganzem Herzen viel Kraft und Mut diese Neue Situation zu meistern.

Auch Euch allen frohe Weihnachten

aitangi

Bienli
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Weihnachten naht...

Beitragvon Bienli » Do 22 Dez 2005 20:19

Hallo Nomade

habe soeben Deine Geschichte gelesen. Ich kann Dich sehr gut verstehen. Auch ich hatte ständig den Wunsch, einfach meine Ruhe zu haben. Keine Familie - keine Kinder - keinen Mann - einfach nichts - nur ich und niemand sonnst. Mit Medis vollgestopft lag ich im Spitalbett und war trotzdem zufrieden. Diese Ruhe!!! Kam mir dann aber ziemlich blöd vor mit meinen Gedanken. Ich merke eigentlich erst jetzt, dass ich mehr Zeit für mich brauche. Wäre gerne zur Kur oder sonnst wo, hingefahren. Einfach nur ICH. Meine Gedanken und Gefühle ordnen. Verstehst Du das? Nicht, dass ich meine Familie nicht lieben würde - nein. Ich bin einfach nicht mehr der selbe Mensch, wie vor der Krankheit. Mein Mann versteht das überhaupt nicht. Es ist ein Chaos in mir entstanden. Alles ist anders.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie eine gute Zeit und alles Liebe!

Bienli


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