Hallo Gleichgesinnte


Moderations-Bereich
Bamaeff
Beiträge: 3
Registriert: Sa 17 Dez 2016 19:27

Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Bamaeff » Sa 17 Dez 2016 20:31

Ich, 57 Jahre, kern gesund (zumindest bis vor ein paar Tagen) sportlich und allg. Mobil. Vor ein paar Tagen habe ich Bescheid erhalten, dass ich an Prostatakrebs erkrankt bin. Das beunruhigt und verunsicher mich sehr.
Nach der Abtastung, dann Blut - Check mit PSA Wetr 4.6, dann Untersuch in der Röhre und am Schluss die Biobsie kam man auf den Glen Core-Wert 4+5=9


Der Arzt meinte, da gibt es nur eine vernünftige Lösung: Operation, er hat mit der Da Vinci Methode die besten Ergebnisse. Die entfernung wurde mir gründlich und logisch erklärt. Der Termin für die Operatiom in der Hirslanden-Klinik ist geplant.

Mich beschäftigen oder beunruhigen folgende Fragen und event. Hat da jemand Erfahrungen gemacht.

In welchen Umfeld (Geschäft und Privat) und wie sagt man dass man Prostatkrebs hat? Der Arzt sagte, dass man gar nichts sagen muss. Aber wenn man als Kader ca. 3-4 Wochen von der Arbeit abwesend sein wird, so geht dies doch nicht ohne Info. Was hast Du da für Erfahrungen gemacht?

Die mögliche Inkontinenz macht mir Sorgen.
- Wenn ich nach ca. 3-4 Wochen zurück an die Arbeit gehe muss ich damit rechnen, dass dies nur mit Einlagen oder so möglich ist?
- Muss ich damit rechnen, dass ich nur noch mit "Windeln" auf eine Ski-Tour gehen kann?
- Die Da Vinci Operation ist sicher sehr Gewebeschonend aber geht Fahrradfahren nach der Prostata Enfernung (unter Einhaltung der nötigen Schonung) ohne dass einem der Urin das Bein runter läuft.

-bei mir ist die Ehefrau eine starke Unterstützung aber wie geht eine Frau mit der Einschränkug des Mannes um?

Gibt es noch andere Punkte die Du mir aus Deinen Erfahrungen mitteilen kannst.
Danke und bald schöne Festtage
Bamaeff

Hvielemi
Beiträge: 182
Registriert: So 26 Mai 2013 17:43
Wohnort: Gais
Kontaktdaten:

Re: Hallo Gleichgesinnt

Beitragvon Hvielemi » So 18 Dez 2016 14:29

Hallo Bamaeff

Auch ich hatte ein Gleason-Score vo 4+5 und bekam im Bethanien eine offene RPE.
Keine Inkontinenz, aber leider, wie bei der Höchstaggressivität Gleason-Grad 5
durchaus zu erwarten, mit Metastasen, was eine Androgendeprivation erforderte.

Zum Therapieentscheid fehlt dir die entscheidende Information, ob Du Metastasen
habest, insbesondere solche, die mit der daVinci-RPE nicht entfernt werden könnten.
Diesenfalls wäre statt der RPE eine Bestrahlung mit dem CyberKnife zu prüfen.
Am Hirslanden steht eine von zwei dieser Roboter in der Schweiz zur Verfügung.
In fünf Sitzungen wäre das erledigt, mit weniger Nebenwirkungen und kürzerer Erholungszeit.

Seit einigen Monaten gibt es am USZ endlich das PSMA-PET, ein bildgebendes
Verfahren, das Prostatakrebs und seine Verteilung im Körper viel detaillierter
anzeigt, als MRI und CT dies können. So ein Bild solltest Du mit deinem
GG5 bekommen, bevor Du dich definitiv für eine Therapie entscheidest.


Egal, welche Therapie, Du wirst nicht derselbe sein danach, und deine Mitarbeiter
würden rasch Spekulationen über deinen Gesundheitszustand anstellen.
Ihr habt wohl regelmässige Teamsitzungen, an denen Du deshalb kurz und offen
über das Bevorstehende informieren solltest. Es ist kein Tabu, Krebs
zu haben, auch nicht in der Prostata. Halte dich kurz. Details solltest Du
keine ausbreiten, denn niemand kann daraus schliessen, wie es hinterher
weitergehe. Du darfst auch darauf verzichten, mitzuteilen, wo dein Krebs
sitze. Das geht niemanden etwas an. Aber damit öffnest Du Raum für
Spekulationen. Wer blöd tut, wird halt dein Team verlassen müssen,
und auch im Familien- und Bekanntenkreis brauchst Du dich keinesfalls
zu rechtfertigen. Man wird ohnehin erst hinterher sehen, wie es dir gehe.


Mit Skitouren solltest Du eher auf den Tanzboden als auf den Pizol beginnen
und dann nach den Möglichkeiten steigern.
Inkontinenz ist kein Muss, aber eine Garantie gagegen gibt es nicht.
Falls erforderlich, trägst Du halt Zellstoffeinlagen, auch auf dem Velo,
das Du jedenfalls mit einem Sattel mit Mittelrille ausstatten solltest.
Na und?, lass das Leben weitergehen!

Deine Frau wird dir weiterhin Partnerin und Stütze sein.
Eine Partnerschaft ist schliesslich keine Leistungsschau.

Hvielemi

Irma
Site Admin
Beiträge: 701
Registriert: Di 12 Jul 2005 15:24
Wohnort: Bern
Kontaktdaten:

Re: Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Irma » Di 20 Dez 2016 13:02

Guten Tag Bamaeff,

Als Moderatorin des Krebsforums habe ich natürlich keine persönlichen Erfahrungen von denen ich Ihnen berichten kann. Aber als Fachberaterin mit langjähriger Beratungstätigkeit beim Krebstelefon weiss ich, dass eine solche Diagnose viele Fragen aufwirft, gerade was die Information von Arbeitskollegen, aber auch Fragen zu Inkontinenz und Sexualität betreffen.

Eine Patentantwort auf Ihre Fragen gibt es nicht. Um Spekulationen über Ihre Abwesenheit am Arbeitsplatz zu verhindern, ist es, wie Hvliemi oben schreibt, vorteilhaft, die Vorgesetzten und Mitarbeitenden zu informieren. Was und wieviel sie von Ihrer Erkrankung und über den Grund Ihrer Abwesenheit preisgeben möchten, liegt ganz in Ihrem Ermessen. Zudem muss nicht immer alle Information auf einmal vermittelt werden, man kann dies auch gestaffelt tun, vor allem wenn noch einiges ungewiss ist. Wichtig ist, dass Alle die gleichen Informationen erhalten.

Dasselbe gilt auch für den privaten Bekannten- und Freundeskreis: Es ist Ihre Entscheidung, wem Sie was und wieviel mitteilen möchten.

Zur möglichen Inkontinenz: Ihr Arzt wird sicher sein Möglichstes tun, damit es nicht zu Inkontinenz kommt. Bei den meisten Patienten nach einer radikalen Prostataentfernung ist die Kontrolle über den Schliessmuskel zu Beginn eingeschränkt, da der innere Blasenschliessmuskel mit der Prostata entfernt wird und der äussere Schliessmuskel die komplette Kontrolle erst noch erlernen muss. Bis der verbleibende Schliessmuskel die Kontrolle über die Blasenentleerung ganz übernommen hat, können Tage oder auch Wochen vergehen. Ein gezieltes Beckenbodentraining kann diesen Prozess unterstützen.
Bei körperlicher Anstrengung oder z. B. durch Husten und Niessen kann es vor allem zu Beginn zu ungewolltem Harnabgang kommen. Deshalb ist es empfehlenswert, in dieser Zeit Inkontinenzeinlagen (speziell für Männer) zu tragen.
Sollte sich herausstellen, dass die Urininkonitnenz nicht vorübergehend und auch einschränkend ist, zögern Sie nicht, Ihren Arzt darauf anzusprechen, damit nach Lösungen gesucht werden kann, ev. auch operativ.

Prostatapatienten dürfen nach einer «Schonfrist», wie Sie dies nennen, auch wieder Rad fahren.

Es ist schön, wenn man auf seine Partnerin in einer schwierigen Situation zählen kann.

Die radikale Entfernung der Prostata kann sich auf die Erektionsfähigkeit und somit auch auf die Sexualität auswirken, dies vor allem, wenn Nervenstränge, die auf beiden Seiten der Prostata verlaufen aus Gründen der Sicherheit nicht geschont werden können. Auch dies kann sich, je nach den zugefügten Nervenschäden, nach einiger Zeit ganz oder teilweise wieder regenerieren.

Da Veränderungen in der Sexualität immer beide Partner betreffen, ist es hilfreich, wenn Beide bei Arztgesprächen zu diesem Thema anwesend sind. So können offenen Fragen ausgesprochen, Unsicherheiten oder Ängste gemeinsam besprochen werden. In den Broschüren «Prostatakrebs» und «Männliche Sexualität bei Krebs» finden Sie viele nützliche Informationen zur Inkontinenz sowie Hinweise für ein Arztgespräch zu diesen Themen und wie Sie mit Ihrer Ehefrau Ihre Paarbeziehung weiterhin erfüllend gestalten können.

Ich wünsche Ihnen für die bevorstehende Operation alles Gute. Bei Fragen können Sie sich auch gerne telefonisch an meine Kolleginnen und mich vom Krebstelefon unter der Gratisnummer 0800 11 88 11 wenden. Wir stehen Ihnen oder auch Ihrer Frau von Montag bis Freitag von 09.00 bis 19.00 Uhr gerne zur Verfügung, auch zwischen den Festtagen.

Freundliche Grüsse
Irma, Moderatorin

Bamaeff
Beiträge: 3
Registriert: Sa 17 Dez 2016 19:27

Re: Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Bamaeff » Do 22 Dez 2016 23:07

Hallo Irma und Hvielemi

Ganz herzlichen Dank für eure Zeilen und auch die erklärenden Angaben.
Hvielemi, obwohl ich Deine Zeilen mehrmals gelesen habe antworte ich erst jetzt. Sorry, aber ich war das letzte Weekend in den Bergen, habe seither viel gelesen und mir auch Gedanken gemacht um so einen Überblick zu bekommen. Ich brauchte einfach etwas Zeit - das gab mir einen vertieften Einblick und auch Kraft. Zudem habe auch deinen Detail-Bericht gelesen. Chapeau, mit welchen Detailangaben Du deinen Fall schilderst aber noch mehr ein Bravo, wie Du die Fachausdrücke kennst.
Der Termin für die Kardiologie ist fest, diese wird nun der nächste Schritt sein. Auch hatte ich noch ein Gespräch mit den Hausarzt, denn er muss ja den Check für die OP machen, Er konnte mir auch gut die verschiedenen Varianten (bestrahlen oder rausschneiden) gut und logisch erklären.

Seit den letzten 14 Tagen kommt es mir vor, dass Prostatakrebs fast eine Volkskrankheit ist. Gestern habe ich mich noch mit meiner lieben Frau unterhalten. Es ist nicht die Angst vor den Tod. Nein, an den denke ich gar nicht sondern effektiv an das Leben danach in der Gesellschaft. z.B. Ein Mann geht auf die Toilette und muss die "Windeln" wechseln und wo schmeisst er diese hin? Oder du gehst ein Weekend mit Freunden weg; ein Koffer mit Kleider und ein Koffer mit Windeln etc. Heute bist nackt im Bett, nachher trägst Du windeln - sieht ja echt doof aus.


Danke, der Austausch mit euch macht einem Mut und gibt auf viele Fragen Erklärungen.
Irma, ( hoffe es ist o.k. wenn ich in Du Form schreibe) ich habe die Broschüren «Prostatakrebs» und «Männliche Sexualität bei Krebs» schon mal gelesen und die sind sehr verständlich. Ich werde gerne mal anrufen, falls da noch weitere Fragen aufkommen.

Was ich aber jetzt schon sagen kann, es macht mich stark denn ich weiss, was ich mit meinen Leben machen will.

Das alte Jahr geht nun rasch dem Ende entgegen und ganz sicher wird uns das Neue 2017 viele spannende und vielseitige Herausforderungen bringen.
Für die guten Erklärungen, die Zeit wo Du für meine Fragen investiert hast bedanke ich mich ganz herzlich. Schlussendlich sind es immer die Menschen und der persönliche Austausch wo dem Leben seinen Wert geben.
Nun wünsche ich Dir Irma und Hvielemi und deinen Liebsten eine besinnliche Weihnachtszeit und bald einen tollen Jahreswechsel.
Beste Grüsse
Bamaeff

Hvielemi
Beiträge: 182
Registriert: So 26 Mai 2013 17:43
Wohnort: Gais
Kontaktdaten:

Re: Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Hvielemi » Di 7 Feb 2017 17:19

Hallo Bamaeff

Du hast wohl die RPE hinter dich gebracht.
Wie geht es dir?

Carpe diem!
Hvielemi

Bamaeff
Beiträge: 3
Registriert: Sa 17 Dez 2016 19:27

Re: Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Bamaeff » Fr 24 Feb 2017 13:29

Hallo Hvielemi
Danke für die Nachfrage - schön dass Du noch an mich gedacht hast. Feinde ich toll!!

Es ist richtig, dass die OP letzt Woche statt fand. Die OP ging sehr gut, wurde optimal auf den Eingriff vorbereitet und nach genau einer Woche konnte ich wieder nach Hause.
Gem. Bericht vom Spital / Arzt war es nötig die Prostata zu entfernen. In der Klinik machen sie einen solchen Eingriff zum Teil 3 - 4 Mal pro Tag, macht also den Anschein, dass dies heutzutage schon fast eine Volkskrankeit ist.

Was hat sich bei mir verändert:
Im Kopf. Ich weiss jetzt, dass so ein Tier (der Krebs), das dich von innen erledigen kann weg ist. DER KOPF IST FREI!!
Natürlich braucht es nun Kontrollen aber schon mal das wissen, dass der Herd weg ist befreit mich.

Jetzt bin ich zu Hause und trainiere mir das "Tröpfeln" ab. Es geht schon ganz gut. Ich gönne mir noch eine out of Office Time von ca. 3 Wochen. Gesundheit geht vor.
Ich stelle fest, dass nach dem Mittagessen (wenn der Magen gefüllt ist) es eher schwierig ist die kleinen Spritzer zu halten. Aber das sollte eine temporärer Zustand sein.

Die OP wurde Nervenschocken durchgeführt und so bin ich guter Hoffnung.
Wie es mit den Sexuellen weitergeht........... da warten wir mal ab. Diesbezüglich haben wir (die Frau und ich) uns im Vorfeld unterhalten. Das war wichtig für uns beide.

Im Geschäft habe ich, euren Vorschlag umgesetzt. Informieren was nötig ist.

Hoffe dass es auch Dir gut geht und Du bald den Frühling geniessen kannst.
Beste Grüsse
Bamaeff

Hvielemi
Beiträge: 182
Registriert: So 26 Mai 2013 17:43
Wohnort: Gais
Kontaktdaten:

Re: Hallo Gleichgesinnte

Beitragvon Hvielemi » Fr 24 Feb 2017 15:04

Hallo Bamaeff
Nervschonung ist ein guter Zwischenerfolg, ebenso das nur leichte Tröpfeln,
das die meisten innert Wochen nach der OP unter Kontrolle bringen.

Skitourenmässig verpasst Du wenig. Der Schnee ist, so er dann noch vorhanden ist,
faul und matschig. Gestern sind wir daher statt rauf, runter an den See,
wo der Föhn bei 19°C grosse Haselpollenwolken vor sich hertrieb.
Am Rheindamm blüht schon der Huflattich.

Bild

Ja, es geht mir gut, mit der Nukleartherapie in Heidelberg hab ich
in zwei Etappen das PSA von 40 auf 1.3ng/ml runtergebracht.
Frühling!, zumindest bis zum nächsten Anstieg.

Hvielemi


Zurück zu „Prostatakrebs“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Ahrefs [Bot] und 9 Gäste