Mein Verlobter trauert


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Kiaaa
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Mein Verlobter trauert

Beitragvon Kiaaa » Di 24 Nov 2015 21:39

Hallo zusammen

Mein Verlobter ist 35 Jahre alt. Als er 18 war starb seine Mutter an Krebs.
Er hatte dort eine schwere Zeit (Teenager halt) und wollte das nicht an sich ran kommen lassen mit seinem Mami. Als sie starb war er nicht bei ihr, obwohl man ihm schon Tage davor sagte dass er sie mal wieder besuchen kommen soll, es ginge ihr sehr schlecht.
Er tat es nicht.
Nun muss ich nur Mami sagen oder den Namen von ihr und er bricht komplett zusammen. Auch 17 Jahre danach noch. Er war in diesen 17 Jahren nicht einmal auf dem Friedhof. Als ich das erfuhr hab ich das übernommen. Hab das Grab schön gemacht etc. das bedeutet ihm auch sehr viel und er hat jedesmal furchtbar geweint wenn ich dort war.
Am Wochenende kam er das erste mal mit. Von sich aus. Zu erst total gefasst, machte noch ein paar total dämliche Sprüche. Und dann urplötzlich wieder der totale zusammenbruch.
Ich darf dann auch nicht für ihn da sein. Er blockt dann komplett ab und ich habe keine Möglichkeit mit ihm darüber zu sprechen.
Auch einfach so mal etwas über sein Mami fragen, das dürfte ich mich nie getrauen.
Ich habe ihm gesagt er solle doch zu einem Psychologen gehen. Aber er meint dann solange er nicht darüber reden oder nachdenken muss sei das doch alles so ok.

Ich weiss das er sehr darunter leidet dass er nicht bei ihr war. Er wollte ihr noch so vieles sagen vor ihrem Tod und kann das nun nicht mehr.

Ich komme langsam an einen Punkt wo ich nicht mehr weiter weiss. Es kann doch nicht sein, dass er jedesmal so zusammen bricht und nicht einsieht das er professionelle hilfe braucht?

Was ratet ihr mir?

Jens B
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Er soll anonym im Trauerforum schreiben, Du aber wenn Du magst gerne hier!

Beitragvon Jens B » Mi 25 Nov 2015 12:00

Hallo liebe Kiaaa,

vielen Dank das Du uns Deine Geschichte anvertraust!

Als 1. sei gesagt, dass es sehr lieb und selbstlos von Dir ist, ihm in dieser sehr schweren Zeit beizustehen, grenzenloses Verständnis aufzubringen und ihn so zu unterstützen!

Als 2. ist das Erkennen von Dir selbst, dass Du an Deine (Natürliche, verständliche!) Grenze stößt, eine richtige Selbsteinschätzung von Dir!
Denn nun bist Du an einen Punkt angelangt, wo es für Dich selbst eine unglaublich große Belastung ist! Auch wenn Du ihn gern weiter helfen willst, Deine Grenze ist erreicht!

3. Es ist äußerst richtig von Dir, Dich jemanden anzuvertrauen!
Dieses Öffnen hast Du ja hiermit richtig gemacht, indem du Dich hier im Forum meldest!

Hm in der Tat, es ist eine äußerst schwierige Situation!
Aber es ist völlig richtig, dass Du auch schon selbst erkannt hast, das er professionelle Hilfe braucht!
Denn diese braucht er ganz offensichtlich! Das er sich dies aber nicht selbst (ehrlich!) eingesteht macht es natürlich ganz erheblich schwerer!
Mein Rat wäre, dass Du Dich selbst einmal um professionellen Rat bemühst! Aber es darf nicht als „Geheimnis oder hinterrücks“ zu ihm rüberkommen! Weißte wie ich meine?
Es ist ein ganz großes Problem das er abblockt! Aber Du , nur Du für dich alleine (!) – kannst professionellen Rat und Unterstützung einholen! Dies sind geschulte Profis, die sich mit dieser Situation bestens auskennen und dies täglich machen!
Die 2. Idee ihm zu helfen wäre (Zusätzlich zum Rat suchen von Dir selbst bei den Profis!) ihn zu empfehlen, dass er sich ein spezielles Trauerforum sucht! Denn es wird ihm ganz sicher gut tun, sich jemanden (Außer Dir! Sorry vielmals, bitte bitte nicht falsch verstehen!!!) anzuvertrauen und ähnlich empfindende Menschen zu treffen.
Dies muss natürlich sehr clever von Dir erfolgen! ;-) Auch musst Du ihm unbedingt ausdrücklich erwähnen, dass es KEINE professionelle Hilfe für IHN ist!!!
Denn dies wird er als Fehleinschätzung, als falschem Stolz, Scham oder anderen Gründen nicht zugeben und sich selbst, Dir oder anderen – und schon gar nicht Fremden - nicht eingestehen!
Aber betrachte diese Behauptung bitte nicht als Widerspruch an, weil ich vorhin zum Trauerforum riet! Denn dies wäre für ihn in einer völligen Anonymität, was mir für ihn sehr wichtig erscheint – möglich!
Ich möchte Dir noch einen Link nennen, wo Du vielleicht auch noch Tipps erfähst. Lies doch einfach mal.

http://www.hilferuf.de/forum/trauer/846 ... ahren.html

Mehr kann ich Dir im Moment leider auch nicht raten!
Wisse, auch Du SELBST brauchst seelischen und physischen Beistand! Deswegen kannst Du Dich hier in diesem Forum sehr gerne JEDERZEIT mitteilen! Denn das vorbehaltlose sich anvertrauen und das Gefühl zu wissen, dass Dir jemand zuhört, ist sehr unterstützend und tröstend für Dich!
Sei tapfer, alles Gute!

LG Jens B

Jens B
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Altar, Schrein, Diktiergerät, Tonbandgerät, Niederschreiben, Facebook

Beitragvon Jens B » Mi 25 Nov 2015 13:17

Liebe Kiaaa!

Jetzt ist mir doch noch etwas eingefallen!
Bist Du, er oder gar ihr beide in Facebook?
Denn dort findet man viele spezielle Gruppen für Trauerbewältigung!

Weil Du schriebst, dass er ihr noch so vieles sagen wollte…
Rate ihm doch dazu, dass er sich, nur für sich alleine ersichtlich, eine Art Tagebuch schreibt! Hier kann er genau das hineinschreiben, was er seiner Mutter noch sagen wollte, es aber leider nicht mehr dazu kam. Denn damit kann er vielleicht den Trauerschmerz auf- und verarbeiten & sich die Last von den Schultern nehmen! Außerdem gibt ihm dies ganz sicher das Gefühl und die "Beruhigung" ihr doch noch alles nachträglich zu sagen!
Wenn Du ihn also zum Niederschreiben seiner Frage oder Antworten an seine verstorbene Mutti überzeugen kannst, so empfehle ihm dies digital (Computer) zu machen! Denn dies hat 3 Vorteile!
1. Ist es bestimmt leichter & schneller für ihn, dies besser zu tippen, als handschriftlich zu tun!
2. Kann man es so für längere Zeit speichern!
3. Ist eine Korrektur bzw. nachträgliches hinzufügen oder ergänzen wesentlich günstiger!
4. Könnte er es sich ausdrucken, als Ordner abheften oder gar als kleines Büchlein binden lassen!
Damit könnte er eine Art Schrein / Altar einrichten, wo er seine Mutter JEDERZEIT ohne das Haus zu verlassen oder auf den Friedhof zu müssen, würdigen, verehren, mit ihr "sprechen" kann & sonstwie seine Trauer bewältigen kann!
Denn dies erachte ich als sehr gute Möglichkeit, sich immer vor Augen zu führen, dass er nun doch noch sein "schlechtes Gewissen" seiner Mutter gegenüber noch nicht alles gesagt zu haben, bewältigen & im besten Fall (Hoffentlich!) endgültig zu beenden!

Aber er könnte anstatt zu schreiben auch auf ein Band sprechen! (z.B. Diktiergerät)
Denn damit kann er vielleicht spontaner & leichter als schreiben seine Gefühle ausdrücken!
Apropos Diktiergerät…
Dies wäre auch gleich eine weitere nette Geste & Hilfe von Dir, ihm so ein Gerät zu schenken! Denn ich nehme stark an, dass DU / Ihr nicht über eines verfügt! Damit könntest Du ihm einfühlsam nahelegen, dass dies enorme Vorteile für ihn hätte!
Denn:
1. Wäre das Diktiergerät total spontan einsetzbar!
2. Er könnte es auch "heimlich" einsetzen! (Seine Scham vor Dir oder anderen umgehen!)
3. Er könnte es auch an schier jeden Ort ob drinnen im "verschwiegenen Kämmerlein", oder in einem ruhigen Wäldchen oder an einem stillen See erfolgen!
Dies hätte außerdem den Vorteil für ihn, das er sich "inspirieren"-, nachdenken- sich fallen lassen und in Träume an die schöne Zeit mit seiner Mutter (Ungestört & ohne auf den Friedhof zu müssen!) versinken kann.
Denn das er trotz tiefem Schmerz & der nagenden Trauer nicht auf den Friedhof will, ist bestimmt aus einer großen Angst, dies nicht ertragen zu können oder so, begründet!
Wie gesagt, mit einem Diktiergerät oder sonstigem Tonbandgerät umginge er die verweigerte professionelle Hilfe! Dies beruhigt und bestätigt ihn vielleicht!

LG Jens B

Kiaaa
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Vielen Dank für die Hilfe

Beitragvon Kiaaa » Do 26 Nov 2015 13:36

Vielen Dank für deine Antwort.

Ich habe das Thema gestern nochmals angesprochen.
Er hat so geweint, es hat mir fast mein Herz zerrissen.

Wir beginnen nun zusammen 1x die Woche auf den Friedhof zu gehen.
Und wenn das gut klappt schauen wir weiter.
Er hat mir gestern anvertraut, dass er fast täglich mit seinem Mami spricht, was er vorher nie getan hätte.
Ebenso habe ich ihm dieses Forum vorgeschlagen. Und auch Trauerforen.

Ich habe auch erfahren, dass er sehr darunter leidet wie sein Mami gestorben ist. Sie hatte Lungenkrebs und ist ab ihrem eigenen Blut erstickt.

Ich hoffe so das wir das zusammen schaffen.
Er meinte noch, dass es schon so viele Ex-Freundinnen gibt die ihm helfen wollten und ihn regelrecht unter Druck setzten zu reden und Hilfe anzunehmen, dass er einfach extreme Angst hat mich zu enttäuschen, wenn er mal nicht kann.
Ich habe ihm gesagt das ich nie enttäuscht bin darüber, wenn er nicht mit mir reden mag, aber es mir matürlich sehr ans Herz geht und ich innerlich manchmal mit ihm mit zusammen zusammembreche, weil ich ihm so gerne die Last abnehmen möchte.
Das Gespräch hat gut getan und ich hoffe das wir das in Zukunft immer so toll schaffen darüber zu sprechen.

Vielen Dank das ich mich hier mitteilen darf.

Jens B
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Prima, ihr habt einen 1. Erfolg!

Beitragvon Jens B » Do 26 Nov 2015 19:19

Liebe Kiaaa,

Dankeschön für die Rückmeldung!
Aber selbstverständlich darfst Du Dich hier mitteilen! Denn dieses Forum ist ja extra dazu da, um Menschen zu helfen und sie "aufzufangen"!
Es ist gut, dass ihr das Thema wieder angesprochen habt! Auch wenn es eine große Belastung für Dich darstellt, so ist es ein erneuter Vertrauensbeweis von Dir ihm beizustehen! Glaube mir, dies spürt er ganz genau und weiß die Aufopferung, die Unterstützung und das schier grenzenlose Verständnis von Dir gehörig zu schätzen! Denn gerade weil er bei allen Ex-Freundinnen wohl irgendwann einmal nicht mehr den erwünschten Trost fand! Aber nun bei Dir! Das macht wahre Liebe aus, in Freud, als wie in Leid!
Klasse, dass ist ja ein großer Erfolg, dass er nun mit auf den Friedhof geht!
Auch das er Dir das anvertraute, dass er mit seiner Mutter spricht, ist ein neuer Vertrauensbeweis von ihm Dir gegenüber! Er ist bereit, sich mehr und mehr zu öffnen! Das ist doch super! Großartig!
Nun lässt er Schritt für Schritt – noch zögerhaft und vorsichtige – gewisse Hilfe zu!
Bitte glaube mir, dies ist ein deutliches Zeichen, dass er nun besser mit dem Trauerschmerz umgeht!
Dieses sich öffnen hat er Deiner endlosen Geduld, der Feinfühligkeit, dem unglaublich großen Verständnis zu verdanken! Da kannst Du ruhig stolz auf Dich sein! Es ist auch sein Liebesbeweis an Dich, dass er Dir grenzenlos vertraut und sich Dir nun mit seinen tiefsten Gefühlen öffnet!
Ich drücke Euch die Daumen, dass ihr weitere Erfolge erzielt!

LG Jens B


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