2012 - Weibliche Sexualität bei Krebs


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2012 - Weibliche Sexualität bei Krebs

Beitragvon admin » Di 19 Jun 2012 15:00

Frau Dr. med. Monika Bénayat, Gynäkologin, Praxis Gutenbergstrasse 21, 3011 Bern, beantwortete Ihre Fragen:


Diese Antworten sind eine allgemeine Stellungnahme. Sie können nicht die persönliche Beratung durch eine qualifizierte medizinische Fachperson ersetzen. Soweit in einem Beitrag bestimmte Ärzte, Ärztinnen, Behandlungseinrichtungen oder Produkte genannt werden, dient dies nicht der Werbung oder stellt eine Empfehlung dar, sondern ist lediglich als Hinweis auf weitere Informationsquellen zu verstehen.

Einige Fragen und Antworten wurden in eine andere Landessprache übersetzt. Sollten Fragen oder Unklarheiten auftreten, wenden Sie sich bitte an die Fachberaterinnen vom Krebstelefon. Kostenlose Telefonnummer 0800 11 88 11 oder per E-Mail an helpline@krebsliga.ch



Frage von Schaila:
ich leide an einem Darmkrebs und erhalte eine Chemotherapie. Im Moment habe ich überhaupt keine Lust auf Sex. Wie kann ich das meinem Mann klar machen ohne Ihn zu verletzen? Können Sie mir einige Tipps geben? Danke im voraus Gruss schaila

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Schaila,
Dass Sie im Moment keine Lust auf Sex haben, kann ich gut nachvollziehen. Angesichts einer Krebserkrankung ist es normal und kommt häufig vor, dass man kaum noch Interesse an sexuellen Beziehungen hat.
Versuchen Sie sich in erster Linie über Ihre Gefühle und Wünsche klar zu werden. Vielleicht würde es Ihnen gefallen, wenn Ihr Mann Sie einfach nur zärtlich in den Arm nimmt, oder Sie verbringen einen gemütlichen Abend bei Kerzenlicht zusammen usw. Sprechen Sie ganz offen mit Ihrem Mann. Erklären Sie ihm, wie Sie sich im Moment fühlen und was für sexuelle Wünsche bei Ihnen im Moment im Vordergrund stehen. Erfragen Sie unbedingt auch seine sexuellen Wünsche und Vorstellungen. Vielleicht lassen sich diese auch anders als durch Geschlechtsverkehr erfüllen. Liebe und Partnerschaft gehen weit über die Sexualität hinaus. In der Broschüre
Weibliche Sexualität bei Krebs finden Sie viele Empfehlungen und Tipps wie Sie trotz Krebs eine ausgefüllte Sexualität erleben können.
Wenn es Ihnen schwerfällt Ihren Mann direkt darauf anzusprechen, dann scheuen Sie sich nicht professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihr Behandlungsteam oder
die Krebsliga in Ihrem Kanton kann Ihnen bei Bedarf eine Fachperson (Sexualberater, Paartherapeut, Psychoonkologen usw.) vermitteln.


Frage von Saali:
Habe Brustkrebs und bekomme Chemotherapie. Mein Verlangen nach Zärtlichkeit und Berührung ist gross, mein Partner möchte Geschlechtsverkehr. Ich weiss, dass Krebs nicht ansteckend ist, aber könnten die Chemomedikamente nicht auch auf meinen Partner übergehen, so via Schleimhaut? Vielen Dank für Ihre Antwort. MFG, Saali

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Saali,
Es ist für Ihr seelisches und körperliches Wohlbefinden wichtig, dass Sie zu Ihrem Verlangen nach Zärtlichkeit stehen und dies auch mit Ihrem Partner besprechen können. Sind Sie selber bereit weiterzugehen und wünschen auch Sie Geschlechtsverkehr? Sexualität kann auf vielseitige Weise gelebt und erlebt werden, Geschlechtsverkehr kann ein Teil davon sein.

Sie schreiben nicht, wie alt Sie sind, darum möchte ich auch kurz über das Thema Verhütung sprechen:
Während der Behandlung mit Chemotherapie sollte unbedingt eine Schwangerschaft vermieden werden, da die Medikamente den Fötus schädigen und zu Missbildungen führen können.
Sie haben recht, Krebs ist nicht ansteckend. Aber in der Vaginalflüssigkeit können sich Spuren von Krebsmedikamenten befinden, die eventuell die Schleimhäute Ihres Partners reizen. Viel ist darüber zurzeit jedoch noch nicht bekannt. Trotzdem sollte sich Ihr Partner während Ihrer Behandlung und bis zu einer Woche danach mit einem Kondom schützen.



Frage von Hüsli:
Mein Mann hat ein Lymphom und bekommt nun Chemotherapie. Wir waren gerade an der Familienplanung. Nun scheint ein Kind in weite Ferne gerückt zu sein. Wir sind sehr traurig. Wie lange müssen wir warten, bis ich schwanger werden darf? Vielen Dank für Ihre Antwort

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Hüsli,
Ich kann gut verstehen, dass diese Situation für Sie und Ihren Partner zurzeit sehr belastend sein muss. Die meisten Medikamente, die zur Krebsbehandlung angewendet werden, können während und auch noch eine gewisse Zeit nach der Behandlung Fehlbildungen beim Embryo und später beim Fötus verursachen. Darum wird empfohlen, während und nach einer Krebsbehandlung eine Schwangerschaft unbedingt mit einer zuverlässigen Methode zu verhindern. Die empfohlene Zeitspanne der Verhütung ist unterschiedlich und variiert von einigen Monaten bis zu zwei Jahren, je nach Medikament. Besprechen Sie das Thema unbedingt mit dem behandelnden Arzt Ihres Mannes.
Zytostatika werden über den Urin und den Stuhlgang ausgeschieden. Je nach Medikament kann die Zeitspanne, die es braucht, um ausgeschieden zu werden, sehr unterschiedlich sein. Geringe Spuren von Zytostatika können aber auch in der Samenflüssigkeit enthalten sein. Diese können z.B. die Vaginalschleimhaut reizen und Schmerzen verursachen.
Um den Kontakt der Samenflüssigkeit mit den Schleimhäuten zu verhindern, wird Männern während einer Chemotherapie empfohlen, zusätzlich zu einer hormonellen Verhütungsmethode der Partnerin, ein Präservativ zu benützen.



Frage von Frau S :
Guten Tag Frau Bénayat.
Vor circa einem Jahr wurde meiner Mutter die linke Brust entfernt. Alle ist gut verheilt und meiner Mutter geht es heute recht gut. Von Zeit zu Zeit klagt sie über Schmerzen in der linken Brust, so als ob die Brust noch da wäre. Kann meine Mutter etwas dagegen tun? Ist es evtl. eine Nebenwirkung der Medikamente die meine Mutter gegen den Brustkrebs einnehmen muss? Freundliche Grüsse, E. S.

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Frau S.
Die Schmerzen, die Sie beschreiben, sind nicht typisch für Medikamente, die zur Behandlung von Brustkrebs verwendet werden. Auf Grund Ihrer Beschreibung nehme ich an, dass es sich um einen Phantomschmerz handeln könnte. Um ganz sicher zu sein, müsste Ihre Mutter die Schmerzen Ihrem behandelnden Arzt beschreiben. Handelt es sich tatsächlich um einen Phantomschmerz, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Schmerzlinderung. Manchmal helfen physiotherapeutischen Massnahmen oder Akupunktur. Bei manchen Personen helfen Elektrostimulationen oder auch Antidepressiva diese starken und periodisch auftretenden Schmerzen zu lindern.



Frage von benjji:
Guten Tag,
ich habe eine PEG-Ernährungssonde und diese stört mich sehr beim Sex. Gibt es Möglichkeiten, dass uns das „Schläuchli“ weniger in den Weg kommt? Vielen Dank für eine Antwort.

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag benjji,
Zuallererst möchte ich kurz für die anderen Leser erklären was eine PEG-Ernährungssonde ist. Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist eine direkte Verbindung zwischen Bauchwand und Magen zur künstlichen Ernährung. Die Ernährungssonde wird mit Hilfe eines Endoskops durch die Bauchwand in den Magen eingeführt. Eine Platte am Ende der Ernährungssonde verhindert, dass sie ganz durch die Bauchdecke herausgezogen wird. Eine zweite Platte sorgt aussen dafür, dass die Sonde nicht in den Magen rutscht. An der äusseren Platte ragt ein ca. 15-20cm langer Schlauch heraus.
Mit diesem Problem sind Sie nicht alleine. Das „Schläuchlein“ kann auf mehrere Arten störend wirken. Es verändert das Körperbild und kann den Austausch von Zärtlichkeiten behindern.

Wenn Sie beide der Anblick der Sonde stört, können Sie das „Schläuchlein“ abdecken. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf. Überdecken Sie es z.B. mit einem schönen Tuch, z.B. aus bedrucktem oder gemustertem Stoff, ev. auch mit Spitzen, das Sie sich um den Bauch binden oder mit einem breiten Gürtel. Sicher kommen Ihnen noch weitere Varianten in den Sinn.

Bei vielen Paaren entwickelt sich im Laufe der Jahre eine „Lieblingsstellung“. Wenn das „Schläuchlein“ beim Intimverkehr unangenehm ist oder schmerzt, dann lohnt es sich, eine andere Stellung auszuprobieren. Grundsätzlich gilt: Jede Form des sexuellen Kontakts, die beiden Partnern Befriedigung bereitet, ist gut, auch wenn sie vielleicht ungewöhnlich erscheinen mag.

Gemeinsam erlebte Sexualität ist nicht nur Geschlechtsverkehr, sondern auch jede andere Form von Zärtlichkeit und Körperkontakt. Dabei ist der gesamte Körper für zärtliche und erregende Berührungen empfänglich. Das Ausprobieren sollte alle zur Verfügung stehenden Sinne umfassen, denn sie alle können zu sexueller Befriedigung beitragen.



Frage von Tom:
Mein Freund und ich haben nie über Sexualität gesprochen. Es war ein Gebiet auf dem wir uns immer gut verstanden haben. Jetzt, nach der Prostatakrebserkrankung meines Partners, reden wir immer noch nicht darüber. Die Therapien sind noch nicht abgeschlossen, deshalb denke ich, dass er auch gar keine Lust auf Sex haben kann. Ich frage mich, ob dies so bleibt? Mir ist nicht ganz klar, welchen Einfluss Krebstherapien auf die Sexualität haben können. Und über was wir reden müssen. Ich will ihm eine Stütze sein und ihn nicht mit Fragen aufwühlen. Haben Sie mir einen Rat, wie und was ich ansprechen kann? Oder soll ich warten bis mein Freund das Gespräch beginnt? Besten Dank für die Antwort!

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Tom,
Während den Therapien ist der Wunsch nach Sex oft stark vermindert. Das ist normal. Es ist auch verständlich, dass Sie Ihren Partner nicht mit Fragen belasten wollen. Sein Wohlbefinden ist Ihnen jedoch sehr wichtig. Ein behutsames, aber offenes Gespräch kann dazu beitragen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu erfahren. Erklären Sie ihm, wie Sie sich im Moment fühlen und erfragen Sie seine sexuellen Wünsche und Vorstellungen. Vielleicht lassen sich diese auch anders als durch Geschlechtsverkehr erfüllen. Liebe und Partnerschaft gehen weit über die Sexualität hinaus. Von der Krebsliga Schweiz existiert eine Broschüre mit dem Titel
Männliche Sexualität bei Krebs die Ihnen Tips für ein solches Gespräch geben kann.

In der Broschüre
Prostatakrebs finden Sie Informationen zur Krankheitssituation und den Therapien. Eventuell können Sie dadurch die Situation, in der sich Ihr Freund momentan befindet, besser verstehen.
Es ist auch gut möglich, dass Ihr Partner einfach etwas Zeit braucht, um mit der veränderten Situation umgehen zu können.

Ein Gespräch mit einer Fachperson, zum Beispiel einem Psychoonkologen könnte ebenfalls hilfreich sein. Fragen Sie das Behandlungsteam oder die
kantonale Krebsliga nach Namen und Adressen.


Frage von Johanna:
Bei unserer Tochter wurde Gebärmutterhalskrebs entdeckt und sie hat nächste Woche eine Operation. Meine Tochter hat einen dreijährigen Sohn und sie und ihr Mann wollten noch ein zweites Kind. Ist dies nach der Operation noch möglich? Darf ich meiner Tochter Hoffnung machen wenn sie dieses Thema anspricht? Wir haben ein gutes Mutter-Tochter-Verhältnis und diskutieren vieles miteinander.

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Johanna,
Schön, dass Ihre Tochter auf Sie zählen darf.
Ich gehe davon aus, dass es sich um eine Krebsvorstufe an der Zervixschleimhaut handelt, die durch eine Konisation entfernt werden kann.
Bei der Konisation wird nur ein kleiner Gewebekegel aus dem Gebärmutterhals herausgeschnitten. Nach einer Konisation kann man normal schwanger werden und gebären. Das Risiko für eine Frühgeburt ist zwar erhöht. Wie hoch dieses Risiko ist, hängt von der Operationstechnik ab. Das Thema Kinderwunsch ist bei der Wahl der Operationsmethode ausschlaggebend. Sicher wurde es im Aufklärungsgespräch vor der Operation besprochen. Wichtig für ihre Tochter ist es, nachzufragen, welche Operationstechnik (Messer-, Schlingen oder Laserkonisation) geplant ist. Die geringste Rate an Frühgeburten weist die Laserkonisation auf. Ein wichtiger Faktor ist ausserdem die Zeitspanne zwischen der Operation und einer darauf folgenden Schwangerschaft. Schwangerschaften, die in den ersten drei Monaten nach einer Konisation entstehen, sind besonders gefährdet.

Reicht die Konisation zur Entfernung des veränderten Gewebes nicht aus, kommt bei Kinderwunsch unter Umständen eine Teilentfernung der Gebärmutter in Frage, eine sogenannte Trachelektomie.



Frage von Sternschnuppe75:
Guten Tag Frau Dr. Bénayat,
Bei mir wurde vor ca 1 ½ Jahren wegen eins Gebärmutterhalskrebses eine Konisation mit Entfernung der Gebärmutter durchgeführt. Es dauerte einige Zeit bis ich wieder bereit war, mich auf Geschlechtsverkehr mit meinem Freund einzulassen. Im Vergleich zu vor der Operation erlebe ich heute keinen Orgasmus mehr. Geht dies anderen Frauen gleich?

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Sternschnuppe75,
Nach einer Krebserkrankung und dem Verlust eines Geschlechtsorgans kommt es häufig vor, dass der damit verbundene emotionale Schmerz das sexuelle Interesse abflauen lässt. Das geht anderen Krebspatientinnen auch so. Es braucht Zeit, bis das Vertrauen in den Körper aufgebaut und das Lustempfinden wieder möglich ist. In der
Broschüre der Krebsliga Schweiz finden Sie Informationen zum Thema der weiblichen Sexualität.
Selten kann eine Nervenschädigung einen (vorübergehenden) Verlust oder eine Beeinträchtigung der erogenen Zonen verursachen, was die gewohnte Empfindsamkeit beeinflussen kann.
Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, ob das bei Ihnen der Fall sein könnte. Nerven haben aber die erstaunliche Eigenschaft, dass sie sich auch wieder erholen oder neu vernetzen können oder das andere Nerven die Funktion der Beschädigten übernehmen können. Dies braucht aber Zeit: mindestens einige Monate.



Frage von Susanne:
Guten Tag,
Mein Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Berührung ist seit der Diagnose Eierstockkrebs nicht mehr so stark. Im Gegenteil, eigentlich möchte ich alles, was mit Berührung und Sexualität zusammenhängt auf die Seite schieben. Mein Mann war nach der Operation und den Therapien verständnisvoll, jetzt haben wir immer öfters Streit, weil ich mich zurück ziehe. Können hormonelle Veränderungen schuld sein, dass ich keine Lust mehr empfinde?

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Susanne,
Eine Krebserkrankung erschüttert die Seele und den Körper und bringt viele schmerzhafte Erfahrungen mit sich; dies wirkt sich auf jeden Lebensbereich aus. Häufig erleben Patientinnen wie Sie eine eingeschränkte Sexualität, besonders nach einer Operation und während den Therapien. Der Verlust der Eierstöcke und dadurch der Hormone, die in den Eierstöcken produziert werden, tragen dazu bei. Die Hormonsteuerung, unser Fühlen und Denken sind mit unserem sexuellen Empfinden gekoppelt. Es braucht Zeit, bis emotionale Schmerzen überwunden und das Vertrauen in den eigenen Körper wieder aufgebaut sind. Setzen Sie sich nicht unter Druck. Vielleicht hilft ein offenes, vertrauensvolles Gespräch mit Ihrem Partner. Indem Sie seine Bedürfnisse erfragen und auch Ihre Wünsche benennen, können vielleicht neue Wege der Sexualität gefunden werden. Falls Ihnen das gemeinsame Gespräch schwer fällt, ist eine professionelle Begleitung ratsam. In der Broschüre der Krebsliga Schweiz
weibliche Sexualität finden Sie wertvolle Informationen zu diesem Thema.


Frage von Maya:
Guten Tag ich bin nicht Krebsbetroffen, leide aber unter Inkontinenz. Oft kommt es auch beim Geschlechtsverkehr zu Urinabgang, dies ist sehr störend und wirkt sich auch auf mein Sexualleben aus. Kann man dagegen etwas machen??? Besten Dank im Voraus
Maya

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Maya,
Unfreiwilliger Harnabgang kann sich negativ auf das Sexualleben auswirken.
Harninkontinenz kann peinlich sein. Man fühlt sich als Frau unattraktiv und schämt sich. Es kann sogar dazu führen, dass Geschlechtsverkehr vermieden wird.
Auch beim Bestehen einer Belastungsinkontinenz kann es, wenn der Penis die vordere Scheidenwand berührt und streckt, zu unfreiwilligem Urinverlust beim Geschlechtsverkehr kommen. Beim Orgasmus kann ebenfalls Urin abgehen. Dies geschieht meist durch einen Kontrollverlust da der Blasenmuskel aktiviert wird. Davon können auch junge Frauen ohne Inkontinenz betroffen sein.
Konservative Behandlungen können bei leichteren Formen einer Beckenbodenschwäche erfolgreich sein. So kann durch gezielte Beckenbodengymnastik der Beckenboden gestärkt und dadurch auch die sexuelle Funktion verbessert werden. Schliesslich gibt es auch medikamentöse oder chirurgische Methoden um eine Inkontinenz zu verbessern. Besprechen Sie die für Sie geeignetste Möglichkeit mit Ihrem Frauenarzt/Ihrer Frauenärztin.
Erfüllte Sexualität ist jedoch auch mit Harninkontinenz möglich.

Dazu können Sie als Paar einige Vorbereitungen treffen:
• Inkontinenz-Unterlagen schützen Matratze und Bettwäsche,
• bereitgelegte Handtücher sorgen zusätzlich für Sicherheit.
• Vor dem Liebesspiel die Blase entleeren.
• Positionen, in denen auf die Blase möglichst wenig Druck ausgeübt wird, sind günstiger und helfen, unfreiwilligen Harnverlust zu verhindern.

Es ist beruhigend zu wissen, dass Urin praktisch keimfrei ist und keine Infektionsquelle darstellt.
Noch ein Tipp zum Vermeiden von Harnwegsinfekten: Nach dem Geschlechtsverkehr hat der Gang zur Toilette vorbeugenden Charakter. Da die weibliche Harnröhre kurz ist, können Erreger, die beim Geschlechtsverkehr über die Schleimhaut in die Harnröhre gelangt sind, leichter aufsteigen. Wer "danach" auf's Klo geht, spült diese wieder aus und beugt einer Blasenentzündung vor.



Frage von sonnenblume:
Guten Tag Frau Doktor,
Im Jahre 2006 wurde mir die linke Brust infolge Mammakarzinom entfernt. Darauf folgten eine Chemotherapie und eine Antihormontherapie mit Zoladex. Da ich Zoladex nicht vertragen habe, wurden mir im 2008 die Gebärmutter sowie die Eierstöcke entfernt. Seither habe ich grosse Probleme mit der Sexualität. Die Scheide ist sehr trocken und die Haut reisst immer ein, so dass ich immer wieder Entzündungen habe (sogenannte Atrophien im Bereich der Vagina). Ich habe seit 2008 mehrere Salben und Zäpfchen ausprobiert, aber nichts scheint zu helfen? Mein Frauenarzt meint, ich müsse mich damit abfinden. Das kann doch nicht sein, dass ich in meinem Alter (48) einfach auf Sex verzichten muss und so auch die Beziehung zu meinem Mann belastet ist? Ich bin sehr traurig und hoffe, dass Sie mir vielleicht weiterhelfen können? Lieben Dank im Voraus für Ihre Antwort. Freundliche Grüsse

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag sonnenblume,
Die jetzige Situation ist für Sie frustrierend und enttäuschend.
Nach der Entfernung beider Eierstöcke kommt es zu einem Östrogenmangel. Aus diesem Grund ist Ihre Scheidenschleimhaut dünn und verletzlich geworden. Dieser Östrogenentzug führt zu Störungen der Scheidenbefeuchtung während des Geschlechtsverkehrs. Ausserdem kommt es zu Trockenheit und Juckreiz. In der Regel helfen die verschiedenen Salben bzw. Zäpfchen. Bei Ihnen ist dies jedoch nicht der Fall. Dass Sie sich damit nicht abfinden können und wollen, kann ich sehr gut verstehen.
Könnte es sein, dass die Scheidentrockenheit bei Ihnen einen tiefer liegenden Grund hat?
Vielleicht macht Ihnen die Penetration Angst wegen den Schmerzen. Gemeinsam gelebte Sexualität ist nicht nur Geschlechtsverkehr. Der Koitus ist nicht die Einzige Ausdruckform einer liebevollen Beziehung zwischen zwei Menschen. Der gesamte Körper ist für zärtliche und erregende Berührungen empfänglich. Das Ausprobieren sollte alle uns zu Verfügung stehenden Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, usw.) umfassen.

Eine Krebserkrankung und die dazugehörigen Behandlungen können vieles ändern was bisher Sicherheit gegeben hat.
Wie fühlen Sie sich heute, im Vergleich zu früher, als Frau? Haben Sie den Eindruck nicht mehr vollkommen/begehrenswert zu sein? Könnte dies auch ein Grund für Ihre jetzige körperliche Reaktion sein?
Gibt es Situationen wo Sie sich erregt fühlen und Ihre Scheide und Vulva sich befeuchten? Wenn ja, wäre es möglich diese Situation wieder herzustellen, wenn Sie mit Ihrem Mann Geschlechtsverkehr haben wollen?
Probieren Sie selber aus ob gewisse Berührungen im Intimbereich Sie evtl. erregen. Sie können dann Ihre Erfahrungen mit Ihrem Mann teilen. Ein weiterer Versuch wäre, dass Sie und Ihr Mann sich gegenseitig streicheln ohne dass eine Penetration stattfindet.

Ein Sexualtherapeut kann Ihnen weitere Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie wieder zu einem zufriedenstellenden Sexualleben finden können. Adressen von Sexualtherapeuten kann Ihnen ein eine Gynäkologin oder ein Gynäkologe vermitteln.



Frage von Michel:
Guten Tag,
Meine Freundin ist an Vulvakrebs erkrankt. Sie hat mir gesagt, dass der Chirurg „alles“ entfernen müsse. Was bedeutet das? Wird sie noch etwas spüren, wenn wir miteinander schlafen? Wie wird ihre Vulva aussehen? Danke für Ihre Erklärungen!

Antwort von Frau Dr. Benayat:
Guten Tag Michel,
Ein Vulvakarzinom mit Entfernung aller äusseren Geschlechtsteile ist eine sehr schwere Erfahrung für eine Frau. Die Vulva kann zwar wieder aufgebaut werden, aber die Innervation und somit das Empfindungsvermögen sind nicht mehr dieselben.
Wenn Ihre Freundin einverstanden ist, begleiten Sie sie doch zum nächsten Arzttermin. Der Arzt kann Ihnen genau erklären, welche Operation notwendig ist, und mithilfe von Zeichnungen, Fotos und Beschreibungen die physischen Folgen aufzeigen.
Die Krebsliga Schweiz hat eine Broschüre mit dem Titel
Weibliche Sexualität bei Krebs verfasst. Sie nennt die häufigsten Probleme und gibt Hinweise, wie ihnen allenfalls begegnet werden kann. Zudem enthält sie Adressen, bei denen Sie Unterstützung und Beratung finden.
Ihre Freundin braucht in dieser schwierigen Zeit alle Ihre Unterstützung, denn sie wird sowohl physisch als auch psychisch schmerzhafte Momente durchzustehen haben. Damit Sie beide diese Phase gut überstehen, ist es wichtig, dass auch Sie auf sich achten. Die Broschüre
Krebs trifft auch die Nächsten enthält Informationen dazu, wie Krebskranke begleitet werden können und welche Schwierigkeiten dabei auftreten.
Im französischen Forum der Krebsliga finden Sie unter
Cancer de la vulve einen sehr interessanten Bericht von «Loulou49».



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