Chemotherapie zu kurz - keine Kostenerstattung einer Perücke?


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Guido
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Chemotherapie zu kurz - keine Kostenerstattung einer Perücke?

Beitragvon Guido » Sa 10 Apr 2010 22:15

Liebe Forumsteilnehmer,
ich wollte fragen, ob ihr auch schon negative Erfahrungen mit der Kostenrückerstattung einer Perücke gemacht habt.
Ich habe vor zwei Wochen die Rechnung der Perücke zusammen mit der ärztlichen Verordnung zur IV Basel Stadt eingereicht. Heute kam ein ablehnender Vorbescheid zurück: "die Kosten für die Perücke können wir nur übernehmen, wenn sie voraussichtlich mindestens ein Jahr benötigt wird". Mein Arzt hatte auf das Rezept "voraussichtlich 6 Monate" geschrieben (auf Anfrage der IV). Die Chemotherapie sind 6 Zyklen R-CHOP-14 (6 mal 2 Wochen) gegen ein Lymphom.
Ich habe schon die Gesetzestexte und Krebsliga-Broschüren angeschaut, finde aber nichts über eine solche zeitliche Einschränkung.
Am Montag werde ich die Krebsliga Basel anrufen und mich beraten lassen.
Hat jemand schon ähnliches gehört? Ist es vielleicht bei Männern schwerer, eine Perücke zu rechtfertigen als bei Frauen? Zum Glück fühle ich mich soweit fit genug, um den ganzen Papierkram zu erledigen, aber solche zusätzlichen Probleme möchte man doch eigentlich auch vermeiden.
Vielen Dank. Viele Grüsse,
Guido

Irma
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Kostenübernahme für eine Perücke

Beitragvon Irma » Mi 14 Apr 2010 13:33

Lieber Guido,

Ich habe mich bei unserer Sozialversicherungsexpertin erkundigt.
Sie hat mir bestätigt, dass die IV die Kosten für eine Perücke nur übernimmt, wenn die voraussichtliche Verwendungsdauer mindestens ein Jahr beträgt.
Im Kanton Waadt gab es sogar einen Gerichtsentscheid, der diese Regelung bestätigt hat.

Ich hoffe, Sie konnten zusammen mit der kantonalen Krebsliga in Basel eine Lösung finden. Informieren Sie auch Ihren Onkologen. Damit können Sie helfen, anderen Krebspatienten die gleiche unangenehme Erfahrung zu ersparen.

Freundliche Grüsse
Irma, Moderatorin

Guido
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Kostenübernahme für Perücke

Beitragvon Guido » Do 15 Apr 2010 16:34

Liebe Irma,
vielen Dank dass Du Dich erkundigt hast. Ich habe eine ähnliche Auskunft von der kantonalen Krebsliga erhalten. Der Rechtsexperte wollte mich noch nächste Woche kontaktieren, um mir die Begründung für diesen Gerichtsentscheid zu erklären. Offenbar lassen die Gesetzestexte der IV hier Entscheidungsspielraum.
Ich habe auch darum gebeten, diesen Sachverhalt in den nächsten Auflagen der Broschüren oder auf der Internetseite der Krebsliga zu erwähnen, um andere Krebspatienten darüber im voraus zu informieren.
Die meisten Onkologen wüssten aber wohl darüber Bescheid und verschreiben schon entsprechend.
Na, vielleicht brauche ich die Perücke ja länger. Dann versuche ich es noch einmal.
Viele Grüsse,
Guido

Irma
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Kostenübernahme Perücke

Beitragvon Irma » Do 15 Apr 2010 16:42

Lieber Guido,

ich hoffe es klappt.
Ich habe mit unserer Sozialversicherungsexpertin ebenfalls darüber gesprochen, in der nächsten Auflage des Sozialversicherungsleitfadens und in der Broschüre einen entsprechenden Hinweis zu platzieren.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und grüsse Sie freundlich

Irma, Moderatorin

Guido
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Kostenübernahme für Perücke

Beitragvon Guido » So 2 Jan 2011 18:22

Mittlerweile habe ich die Behandlung sehr gut überstanden. Die Haare fingen etwa 5 Wochen nach der abgeschlossenen Chemotherapie wieder an zu wachsen. Es dauerte dann noch einige Wochen, bis meine körperliche Leistungsfähigkeit wieder voll hergestellt war, doch inzwischen bin ich wieder fit und voll arbeitsfähig.
Die Perücke habe ich also wirklich nur etwa 5 Monate benötigt und nicht wie für eine Kostenübernahme durch die IV vorausgesetzt für 1 Jahr. Ich hatte mich schon damit abgefunden, die Kosten dafür deshalb selbst tragen zu müssen, doch bin ich glücklicherweise im Internet auf einen interessanten Abschnitt im KLV gestossen:
Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV 832.112.31 Anhang 2: MiGeL
"Gewisse Produkte sind grundsätzlich keine Pflichtleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, jedoch erbringt diese in speziellen Fällen dafür Leistungen, wenn die Bedingungen für Leistungen der IV/AHV im medizinischen Bereich zwar erfüllt wären, die antragstellende Person aber die versicherungsmässigen Voraussetzungen der IV/AHV nicht erfüllt."
Das hat mich dann veranlasst, die Rechnung der Perücke und die Ablehnung durch die IV an die Krankenversicherung zu schicken mit der Bitte, die Kostenübernahme zu prüfen. Perücken sind nicht explizit in der Mittel- und Gegenstände-Liste genannt, darum war ich zunächst skeptisch. Doch vor einer Woche erhielt ich einen positiven Bescheid zur Kostenübernahme und habe mich sehr darüber gefreut.
Ich denke, die Krankenversicherung ist nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, aber wer in einer ähnlichen Situation ist, sollte es auf jeden Fall einmal probieren.
Viele Grüsse,
Guido

Cornelia
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Kostenübernahme Perücke

Beitragvon Cornelia » Mo 3 Jan 2011 17:34

Guten Abend Guido

Es freut uns immer sehr, wenn es unseren Forumsteilnehmer wieder besser geht.

Ihre positive Erfahrung in Bezug auf die Kostenübernahme für die Perücke durch die obligatorische Krankenversicherung zeigt, dass es sich lohnt, sich über die eigenen Rechte zu informieren und für diese einzustehen.

Der Leitfaden der Krebsliga Schweiz mit dem Titel „Chronisch krank – was leisten die Sozialversicherungen“ kann Interessierten Aufschluss über die Ansprüche, welche die Patienten geltend machen können, geben. Er ist gegen Bezahlung von CHF 25 on-line bestellbar:

http://assets.krebsliga.ch/downloads/1810.pdf

Die Krankheit und die Behandlungen können einen zwar zuweilen derart schwächen und entmutigen, dass es der Unterstützung eines Sozialarbeiters der kantonalen Krebsliga bedarf. Man soll sich nicht scheuen, diese in Anspruch zu nehmen. Hier sind die entsprechenden Adressen zu finden:

http://www.krebsliga.ch/de/leben_mit_kr ... rebsligen/

Ihr Beispiel Guido gibt anderen Betroffenen sicher Mut, nicht bei der ersten Absage aufzugeben. Herzlichen Dank für Ihren konstruktiven Bericht.

Ich wünsche Ihnen alles gute im neuen Jahr!

Cornelia
Moderatorin


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