2015 - Schilddrüsenkrebs


Moderations-Bereich
admin
Site Admin
Beiträge: 716
Registriert: Fr 17 Jun 2005 10:10
Wohnort: Krebsliga Schweiz, Bern
Kontaktdaten:

2015 - Schilddrüsenkrebs

Beitragvon admin » Mi 1 Apr 2015 9:30

Herr Prof. Dr. med. Christian A. Seiler, leitender Arzt und Spezialarzt für viszerale Chirurgie FMH am Inselspital in Bern, beantwortet Ihre Fragen:

Diese Antworten sind eine allgemeine Stellungnahme. Sie können nicht die persönliche Beratung durch eine qualifizierte medizinische Fachperson ersetzen. Soweit in einem Beitrag bestimmte Ärzte, Ärztinnen, Behandlungseinrichtungen oder Produkte genannt werden, dient dies nicht der Werbung oder stellt eine Empfehlung dar, sondern ist lediglich als Hinweis auf weitere Informationsquellen zu verstehen.

Einige Fragen und Antworten wurden in eine andere Landessprache übersetzt. Sollten Fragen oder Unklarheiten auftreten, wenden Sie sich bitte an die Fachberaterinnen vom Krebstelefon. Kostenlose Telefonnummer 0800 11 88 11 oder per E-Mail an helpline@krebsliga.ch



Frage von liam13:
Guten Tag
follikuläres minimal invasives Karzinom ist die Diagnose. Zwei OP's sind gemacht die Radiojodtherapie steht nun bevor. Prognose? Bisher wurden Halslymphe untersucht keine Metastasen. Habe grosse Angst das es weiter gestreut hat! Falls ja wie stark ist die Radiojodtherapie dagegen. Wo kann es an ehesten streuen?? Habe auch Angst bis die Hormoneinstellung gelingt (herzrassen, zittern....) wie sehr wird sich unser leben verändern? Familienplanung wäre auch unser wunsch, ist es realistisch nach radiojodtherapie? Muss mann nach ďer Radiotherapie 2 wochen sich von Kleinkinder und Schwangere fern halten?


Antwort von Prof. Seiler:
Guten Tag liam13
Leider sind die Angaben, die Sie geben, sehr unpräzise um eine genaue Einschätzung machen zu können.
Generell sind aber Schilddrüsenkarzinome (bis auf wenige Ausnahmen) sehr wenig aggressive Tumore, die sehr gut behandelt werden können, mit meist sehr guter, ja normaler Prognose (wie bei gesunden Personen).
Vor der Radiojodtherapie wird ein Ganzkörperscan durchgeführt, der ev. Metastasen sehr sensitiv auffinden kann. Falls vorhanden, kann nun die Radiojodtherapie diese sehr effektiv zerstören, da diese Behandlung ganz gezielt nur auf Schilddrüsen (Tumor-) zellen wirkt und diese so selektiv sehr erfolgreich zerstören kann, wo auch immer diese im Körper sind.
Die Hormoneinstellung ist einfach. Sie muss aber zu Beginn mehrmals durch den Endokrinologen oder Hausarzt kontrolliert werden, bis der Blutspiegel des Medikamentes sich nach einigen Wochen gut eingependelt hat. Danach sind nur noch gelegentliche Kontrollen nötig. Nebenwirkungen bei guter Einstellung existieren nicht.
Ihr Leben wird durch die Krankheit (ausser durch die Therapie) NICHT beeinträchtigt und sie können ein absolut normales uneingeschränktes Leben führen.
Sie können auch schwanger werden, sollten aber damit noch etwas warten.
Die Radiojodtherapie setzt die Fertilität nicht herab. Ein erhöhtes Risiko der Erbgutschädigung nach Radiojodtherapie wurde nicht festgestellt. Zur Sicherheit sollte der Kinderwunsch jedoch in den darauffolgenden sechs Monaten zurückgestellt werden. Anschliessend bestehen in dieser Hinsicht keine Bedenken gegen eine Schwangerschaft.
Für einige Tage verbleiben noch geringe Mengen des Radiojods im Körper. Der Kontakt zu Schwangeren sollte demnach gemieden werden. Da bei kleinen Kindern eine höhere Strahlenempfindlichkeit besteht als bei Älteren, sollte auch der Kontakt zu Kindern unter zehn Jahren eingeschränkt werden (kein langes Schmusen oder Herumtragen). Dies gilt insbesondere für Kleinkinder bis zwei Jahre. Die körperliche Nähe zu anderen Personen sollte für einen gewissen Zeitraum eingeschränkt werden. Nähere Auskunft darüber gibt üblicherweise der Stationsarzt bei der Entlassung. Ein Abstand von zwei Metern reicht.



Frage von UdoS:
Sehr geehrter Herr Dr. Seiler. Mir wurde vor 12 Jahren die Schilddrüse entfernt und ich nehme seitdem Euthyrox 125 zu mir. Ich wollte Sie fragen, ob es Studien gibt, die zeigen ob die Einnahme von Levothyroxine Sodium langfristig negative folgend auf das Herz-/Kreislaufsystem haben kann? Und wenn ja, was sagen diese Studien? Besten Dank für Ihre Antwort im Voraus.

Antwort von Prof. Seiler:
Guten Tag UdoS
Da Ihnen die Schilddrüse entfernt wurde, kann Ihr Körper kein eigenes Schilddrüsenhormon (Thyroxin) mehr bilden. Aus diesem Grund muss das Schilddrüsenhormon lebenslang mit Tabletten ersetzt werden. Der im Euthyrox enthaltene Wirkstoff Levothyroxin Sodium ist identisch mit dem natürlich vorkommenden Thyroxin. Am Anfang einer Schilddrüsenhormonbehandlung muss der Bluthormonspiegel in kurzen Abständen kontrolliert werden. Wenn sich der Blutspiegel einmal eingependelt hat, sind nur noch gelegentlich Kontrollen nötig, die durch den Endokrinologen oder den Hausarzt durchgeführt werden können.
Bei guter Einstellung sind keine Nebenwirkungen zu erwarten, auch nicht in Bezug auf das Herz und den Kreislauf.
Wie gesagt, das Medikament ist nichts anderes als eine genaue «Kopie» des Stoffes, den die Schilddrüse selber produziert (!) und ohne den der Körper nicht funktionieren und Schaden nehmen kann.

Bei einer Überdosierung des Medikamentes können Symptome wie bei einer Überfunktion der Schilddrüse auftreten: hoher Puls, Zittern, Unruhe usw.



Frage von Ella:
Guten Tag Herr Professor,
Per Zufall habe ich Ihre Expertensprechstunde gelesen. Oder war es kein Zufall? Meine Grossmutter hatte vor vielen Jahren einen Kropf und musste operiert werden. Es ging ihr aber wieder gut. Leider kann mir niemand mehr sagen, ob es Krebs war oder nicht. Seit einiger Zeit bin ich immer wieder heiser und habe beim Schlucken oft das Gefühl, dass ich einen «Kloss» im Hals habe. Zudem habe ich am Hals, rechts unter dem Kinn plötzlich eine Verdickung bemerkt. Manchmal denke ich, dass ich mir das nur einbilde. Aber dann sitzt da der Klumpen und das macht mir Angst. Was soll ich machen? Ich bin sonst gesund und habe eine hohe Franchise bei der Krankenversicherung.
Danke für eine baldige Antwort

Antwort von Prof. Seiler:
Guten Tag Ella
Sie leiden seit einiger Zeit an Heiserkeit, einem Klossgefühl beim Schlucken und haben zusätzlich eine Verdickung am Hals rechts festgestellt. Diese Symptome müssen nicht zwingend mit einer Erkrankung der Schilddrüse zusammenhängen, sollten aber auf alle Fälle abgeklärt werden. Ich empfehle Ihnen trotz hohem Selbstbehalt bei der Krankenversicherung eine Konsultation bei Ihrem Hausarzt. Er wird nach klinischer Untersuchung und Verdacht auf einen Kropf einen Ultraschall veranlassen um die Grösse und seine «Anatomie» zu bestimmen ev. mit einer kleinen Punktion. Falls keine Vergrösserung der Schilddrüse gefunden wird, ist ev. der Zuzug eines ORL-Facharztes oder -Fachärztin (Hals, Nasen, Ohren) ratsam um eine andere Ursache der Schluckprobleme auszuschliessen.

Sie beschreiben, dass Ihre Grossmutter vor vielen Jahren an einem Kropf litt. Es ist unbekannt, ob die die Vergrösserung der Schilddrüse durch eine Krebserkrankung verursacht war. In der Schweiz wird seit 1922 eine sehr gute Jodprophylaxe betrieben zur Prävention des früher sehr häufigen Jodmangelkropfes der vor 1922 schon bei Kindern üblich war. Heute ist dieses Problem behoben mit der Jodierung des Kochsalzes. Es gibt aber eine weitere sehr häufige Form des gutartigen Kropfes, die eher auf molekular-genetischen Faktoren beruht und eine gewisse familiäre Häufung zeigt. Wie gesagt, diese häufige Art des Kropfes ist gutartig, sollte aber trotzdem gut abgeklärt werden um nichts (ev. doch Krebs) zu verpassen.



Frage von Pavone:
Guten Tag,
seit einigen Monaten kann man bei mir kein Krebs mehr feststellen (Papillares Schilddrüsenkarzinom pT3 N0M0). Mein TSH ist nun bei ca. 0,3. Meine Frage ist: Wie gross ist das Risiko von einem Rezidiv. Vielen Dank

Antwort von Prof. Seiler:
Guten Tag Pavone
Es freut mich, dass bei Ihnen kein Krebs mehr gefunden wurde.
Sie schreiben, dass Sie an einem papillären Schilddrüsenkarzinom erkrankt sind und möchten gerne mehr über Ihre Prognose wissen. An Hand Ihrer ganz wenigen Angaben kann ich jedoch nur eine allgemeine Antwort formulieren:
Das Schilddrüsenkarzinom vom papillären Typ gehört zu den häufigsten Schilddrüsenkrebserkrankungen und ist gleichzeitig eine der am wenigsten aggressiven (wenig gefährlichen) Tumorerkrankungen, die neben der Chirurgie auch mit Radiojod zusätzlich behandelt werden können.
Wie bei den meisten Krebserkrankungen hängt die Prognose nicht allein von der TNM Klassifikation ab. Sie wird auch durch die feingewebliche Einteilung (histologische Unterart) des kranken Schilddrüsengewebes beeinflusst. Zudem haben Patienten und Patientinnen, die jünger sind als 45 eine eher bessere Prognose als Ältere.
Allgemein kann ich sagen, dass Patienten mit einem papillären Schilddrüsenkarzinom eine sehr gute Langzeitüberlebensrate haben. Damit aber ein Rezidiv möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden kann, sind regelmässige Nachkontrollen im Abstand von 6 bis 12 Monaten nötig, die am besten durch eine spezialisierte Institution / Arzt durchgeführt werden. Diese Nachkontrollen beinhalten eine körperliche Untersuchung, eine Ultraschalluntersuchung des Halses und die Messung von schilddrüsenspezifischen Laborwerten (im Blut). Weitergehende Untersuchungen wie Szintigraphie und Feinnadelpunktion etc. können bei Bedarf zusätzliche Informationen liefern. Um eine ungenügende oder fehlende Hormonproduktion der Schilddrüse auszugleichen, müssen die Erkrankten lebenslänglich Schilddrüsenhormon in Tablettenform einnehmen.

Ihr STH Wert von 0.3 befindet sich im normalen unteren Referenzbereich und hat keinen Einfluss auf die Prognose.

Zurück zu „Schilddrüsenkrebs“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste