Kribbeln in Händen und Füssen - Neuropathie nach Chemotherapie (CIPN)


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Kribbeln in Händen und Füssen - Neuropathie nach Chemotherapie (CIPN)

Beitragvon admin » Mo 18 Jun 2018 15:25

Frage ans Krebstelefon
Nach einer Chemotherapie leide ich an Händen und Füssen an einer Neuropathie. Was kann ich tun?
Anfang 2017 traf mich die Diagnose Darmkrebs unvermittelt. Die Operation und die Chemotherapie habe ich soweit gut überstanden. Allerdings plagt mich seitdem ein starkes Kribbeln in Händen und Füssen.

Antwort von Rita Lang, Fachberaterin Krebstelefon und Anna Barbara Rüegsegger, Fachspezialistin Cancer Survivors Krebsliga Schweiz
Sie sind mit Ihren Beschwerden nicht alleine. Die Chemotherapie-induzierte Neuropathie CIPN ist eine häufige Folgeerscheinung von Tumorbehandlungen mit neurotoxischen Medikamenten. Neurotoxisch bedeutet so viel wie «Nervengiftigkeit».

Das Nervensystem ist zuständig für die Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen, sowie die Steuerung der Reaktionen. Neurotoxische Substanzen greifen die Strukturen des Nervensystems auf sensorischer und motorischer Ebene an. Zytostatika wie Platin-Derivate, Taxane, Vinca-Alkaloide sowie neue Immuno- und Antikörper-basierte Therapien können das Nervensystem schädigen. Das Risiko einer Neurotoxizität steigt mit der Dosis sowie der Dauer der Exposition mit dem Zytostatikum an. Solche Nebenwirkungen können die Tumortherapie mit einem bestimmten Zytostatikum begrenzen (Leitlinienprogramm Onkologie, Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen, 2017).

Schon bei den ersten Anzeichen von Nervenschäden sollten Betroffene die behandelnden Ärztinnen und Ärzte informieren. Dies gilt ebenso für Beschwerden, die nach Beendigung der Therapie anhalten.

Mögliche Symptome von Nervenschäden sind:
  • Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen, Ameisenlaufen (Parästhesien)
  • Taubheitsgefühle oder auch Pelzigkeit (Hypästhesien)
  • Überempfindlichkeit für Berührungsreize (Hyperästhesien)
  • Beeinträchtigungen des Vibrationsempfindens oder des Lagesinns (Tiefensensibilität)
  • Muskelschwäche, Kraftverlust
  • Reflexausfälle
  • Koordinationsstörungen
  • Neuropathische Schmerzen
Oft beginnen die Symptome an Fingerspitzen und Zehen. Diese können sich handschuh- oder strumpfförmig ausbreiten. Auch andere Anteile des Nervensystems können betroffen sein. Eine sorgfältige neurologische Abklärung ist sinnvoll.

Nach Abschluss der Chemotherapie klingen die genannten Beschwerden meist wieder ab. Je nach Zytostatikum kann dies jedoch mehrere Monate dauern.

Expertinnen und Experten empfehlen Bewegungstraining zum Vorbeugen ebenso wie zur Therapie von CIPN. Bei einer bereits bestehenden Neuropathie kann damit die Funktionalität im Alltag und das Wohlbefinden der betroffenen Person verbessert werden.

Ein solches Training kann verschiedene Elemente beinhalten:
  • Balanceübungen
  • Sensomotorisches Training
  • Koordinationstraining
  • Vibrationstraining
  • Training der Feinmotorik
Auch eine medikamentöse Therapie der Symptome kommt in Frage. Die Entscheidung und Auswahl sollte gemeinsam mit der zuständigen Ärztin oder dem zuständigen Arzt nach gründlicher Abwägung von Nutzen oder Risiken erfolgen.

Hier möchten wir Sie zusätzlich auf Erfahrungen aus der Praxis, deren Wirksamkeit jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind, aufmerksam machen:

  • Tast- und Berührungstraining (Qigong-Kugeln 2-3-mal täglich in den Händen kreisen, Schüssel mit Reis oder Linsen, 2-3-mal täglich Hände und Füsse darin bewegen)
  • Hände und Füsse mit einer fetthaltigen Creme einfetten
  • Mit Wala® Aconitum Schmerzöl 1-2-mal täglich Hände und Füsse einölen. Dieses Öl wird vom Zentrum für Integrative Medizin Zürich empfohlen. Es kann rezeptfrei bezogen werden.
Im Alltag geht es auch darum, kreative Lösungen für grosse und kleine Herausforderungen zu finden. Die Rheumaliga zum Beispiel bietet im Hilfsmittelkatalog Alltagshilfen vom Flaschenöffner über die Gartenschere bis zum Sicherheitsgurtengreifer für Autolenkerinnen und -lenker an.

Legen Sie ein Augenmerk darauf, das Risiko für Verletzungen und Stürze zu vermindern. Vermeiden Sie etwa Verbrennungen durch Heizkissen oder Stürze durch «Teppichfallen» in der Wohnung.

Womit haben Sie gute Erfahrungen gemacht? Wo stossen Sie an Grenzen? Was können Sie anderen Geplagten empfehlen? Teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Fragen im
Krebsforum mit anderen Betroffenen und Interessierten, zum Beispiel im Unterforum «Chemotherapie».

Mit freundlicher Unterstützung von Sarah Stoll, Fachberaterin Cancer Survivorship Krebsliga Ostschweiz.

Hinweis: Informationen aus dem Internet ersetzen nicht das Gespräch mit dem Behandlungsteam, der zuständigen Ärztin, dem zuständigen Arzt.

Empfehlenswerte Literatur für Betroffene und Quellen

Neuropathie – Nervenschäden bei Krebs, Onko-Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft https://www.krebsgesellschaft.de/onko-i ... krebs.html

Neuropathie – Nervenschäden bei Krebs, Deutscher Krebsinformationsdienst: https://www.krebsinformationsdienst.de/ ... eugung.php

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen - Langversion 1.1, 2017, AWMF Registernummer: 032/054OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/ ... .95.0.html (Zugriff am 02.05.2018). Kapitel 9. Neurotoxizität



Das Krebstelefon-Team begleitet und berät Betroffene, Angehörige und Interessierte. Haben Sie Fragen? Dann mailen, telefonieren oder chatten Sie mit uns: http://www.krebsliga.ch/krebstelefon

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