Warum soll ich beim Rauchstopp Nikotinersatz-Produkte verwenden?


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Warum soll ich beim Rauchstopp Nikotinersatz-Produkte verwenden?

Beitragvon admin » Do 30 Aug 2018 10:15

Frage ans Krebstelefon
„Warum soll ich beim Rauchstopp Nikotinersatz-Produkte verwenden? Ich will doch vom Nikotin loskommen.“

Antwort von Catherine Abbühl, Leiterin Rauchstopplinie
Bei der Rauchstopplinie hören wir diese Zweifel sehr häufig. Oft werden Rauchstoppversuche dann ohne «chemische» Hilfsmittel unternommen. Das kann gut gehen, in den meisten Fällen aber nur für wenige Tage. Für viele sind die Entzugserscheinungen wie etwa Reizbarkeit, Nervosität, Aggressivität, Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen und das dringende Rauchverlangen nur schwer zu ertragen. Dadurch kommt es zu Rückfällen.

Wie kommt es zu Entzugserscheinungen? Beim Rauchen gelangt das inhalierte Nikotin innerhalb weniger Sekunden ins Belohnungszentrum des Gehirns, wo es an Empfänger-zellen andockt. Dies bewirkt die Ausschüttung von Botenstoffen wie Dopamin, das Wohlbefinden auslöst, Serotonin, das für gute Stimmung und Entspannung steht, und Adrenalin, das wachmacht. Das blitzschnelle Ansteigen des Nikotins im Belohnungszentrum des Gehirns bewirkt, dass sich rasch eine Sucht entwickelt. Zudem werden durch Konditionierungsprozesse Gewohnheiten entwickelt. Zum Beispiel rauchen nach dem Essen, bei Stress, bei schlechter Laune oder als Belohnung.

Beim Entzug fehlen diese als angenehm erlebten Wirkungen des Nikotins und es kommt zu den gefürchteten Entzugssymptomen. Diese sind in den ersten Tagen besonders stark und nehmen dann kontinuierlich ab. Nach einem Monat sind die Symptome schon wesentlich weniger ausgeprägt, da sich die Empfängerzellen (Acetylcholinrezeptoren), an denen das inhalierte Nikotin andockt, genügend zurückbilden konnten. Kommt es zu einem Rückfall, vermehren sich die Zellen wieder und das Verlangen kommt sogleich zurück. Nach drei Monaten ohne Rauchen ist der körperliche Entzug vorbei. Nikotinersatztherapien werden daher für maximal drei Monate empfohlen. Diese sind von Swiss Medic als medikamentöse Rauchstopp-Hilfe zugelassen. Werden diese korrekt angewandt, können sich die Erfolgschancen für einen Rauchstopp sogar verdoppeln[1] . Vorteil: Diese Medikamente machen anders als beim Rauchen nicht süchtig, da das enthaltene Nikotin anders als beim Rauchen, nur langsam im Gehirn ansteigt. Dennoch lindern sie die Entzugssymptome sehr gut und dämpfen das Verlangen. Für die Dosierung gilt die Regel genügend «hoch und genügend Lange». Nach einem Monat kann die Dosierung gesenkt werden. Es gibt verschiedene nikotinhaltige Medikamente aus der Apotheke: Pflaster, Kaudepot, Lutschtabletten, Sublingualtabletten, Inhaler und Mundspray – je nach Vorliebe[2]. Wer 20 Zigaretten pro Tag konsumiert, kann zum Beispiel ein hochdosiertes Pflaster einen Monat lang verwenden.

Die Nikotinersatztherapie ist für die Gesundheit nicht schädlich Im Gegenteil: Es wird nur das Nikotin in reiner Form konsumiert ohne die vielen Schadstoffe vom Tabakrauch. Beim Rauchen werden nämlich mehr als 7000 Chemikalien vom Körper aufgenommen. Hunderte davon sind giftig und mindestens 70 verursachen direkt Krebs.

Wer übrigens die E-Zigarette beim Entzug einsetzt, hat hier tatsächlich das Problem, nikotinsüchtig zu bleiben. Denn auch beim Dampfen flutet das Nikotin im Gehirn schnell an. Zudem können E-Zigaretten nach dem heutigen wissenschaftlichen Stand nicht als wirksame Aufhörhilfen empfohlen werden.

Zusätzlich zur medikamentösen Ersatztherapie ist es sinnvoll, Angebote zu nützen, welche eine nachhaltige Änderung des Verhaltens fördern. Für starke Raucher ist etwa eine Kombination von Nikotinpflastern und ein gezieltes Training zur Verhaltensänderung mit professioneller Unterstützung am wirksamsten. Zu diesem Zweck werden Kurse und Beratung bei Fachstellen und die telefonische Beratung bei der Rauchstopplinie angeboten.

Auskunft sowie Beratung mit mehreren kostenlosen Folgegesprächen gibt es kostenlos bei Rauchstopplinie 0848 000 181. Weitere Informationen auf
http://www.rauchstopplinie.ch.

Das Krebstelefon-Team begleitet und berät Betroffene, Angehörige und Interessierte. Haben Sie Fragen? Dann mailen, telefonieren oder chatten Sie mit uns: http://www.krebsliga.ch/krebstelefon

[1] 123 Studien (Cochrane-Standards; Odds Ratio = relative Wirksamkeit)
OR 1.77 nach sechs Monaten; alle Präparate (KI 1.66 – 1.88)
OR 1.66 für Kaugummi
OR 1.81 für Pflaster
OR 2.14 für Inhaler
OR 2.05 für Sublingualtablette
OR 2.20 für 4mg-Kaugummi vs. 2mg-Kaugummi bei stärker abhängigen Rauchern

[2]http://www.rauchstopplinie.ch/Medikamente

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