Ärztliche Zweitmeinung einholen


Moderations-Bereich
admin
Site Admin
Beiträge: 716
Registriert: Fr 17 Jun 2005 10:10
Wohnort: Krebsliga Schweiz, Bern
Kontaktdaten:

Ärztliche Zweitmeinung einholen

Beitragvon admin » Di 7 Mär 2023 18:06

Bekannte raten mir, eine Zweitmeinung einzuholen. Ich bin mir unsicher. Was denken Sie generell über das Einholen eine Zweitmeinung? Was bringt es mir? Und wer bezahlt das überhaupt?

Mit dieser Frage gelangt ein krebsbetroffener Mann an Gabriella Pidoux, Fachberaterin Krebstelefon

In den meisten Fällen findet die therapeutische Versorgung bei Krebs multidisziplinär statt, das heisst, die Wahl der am besten geeigneten Behandlungen, die der Patientin oder dem Patienten empfohlen werden, wird nicht von einer einzelnen Ärztin oder einem Arzt, sondern von einem Team aus mehreren medizinischen Fachpersonen getroffen. Dieses Team, das sogenannte Tumorboard, setzt sich aus Ärztinnen und Ärzten der Fachrichtungen Onkologie, Chirurgie, Strahlentherapie, Psychologie und aus Fachärztinnen und Fachärzte für das betroffene Organ sowie Pflegefachkräften zusammen.

Diese Expertinnen und Experten besprechen in multidisziplinären Sitzungen jeden Fall einzeln mit dem Ziel, den bestmöglichen Behandlungsplan entsprechend den Merkmalen der Krankheit, der Körperstelle, der Ausbreitung, der Entwicklung und dem Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten auszuarbeiten. Diese Besprechung stellt eine bessere Qualität der Versorgung der Patienten sicher. Dennoch kann die Unsicherheit einer Patientin oder eines Patienten im Hinblick auf die empfohlene Therapie dazu führen, dass sie oder er eine zweite ärztliche Meinung einholen möchte.

Auch wenn sie nicht bei allen betroffenen Ärztinnen und Ärzten auf Gegenliebe stösst, ist die Zweitmeinung heute nicht nur ein weithin anerkanntes Recht, sondern auch ein empfohlenes Instrument der Qualitätssicherung. Insbesondere bei grösseren Behandlungen ermöglicht sie es den Patienten, ihre Wahl aufgeklärt und bewusst zu treffen. Die Zweitmeinung ist kein Akt des Misstrauens gegenüber den Fachleuten des Tumorboards, die verpflichtet sind, das Dossier der Patienten an ihre neutralen Kollegen zwecks Erstellung einer Zweitmeinung weiterzuleiten. Vielmehr erleichtert sie die Entscheidungsfindung in Fällen, in denen Patienten Zweifel oder Fragen über den Nutzen der Behandlung(en) haben. Vielleicht sind sie sich nicht ganz sicher, welchen Weg sie einschlagen sollen, oder sie haben nicht ganz verstanden, warum die Ärzte eine Behandlung empfehlen und eine andere nicht, oder sie haben das Gefühl, dass alles zu schnell geht.

Falls eine Zweitmeinung gefordert wird, müssen die zuständigen Ärztinnen und Ärzte das Dossier in vollem Umfang zur Verfügung stellen. Dazu gehören die medizinischen Berichte sowie sämtliche Ergebnisse aller Untersuchungen. So sind die Ärztinnen und Ärzte, die um eine Zweitmeinung gebeten werden, in der Lage, sich angemessen vorzubereiten. Patienten sollten eine Liste mit Fragen mitbringen, um Antworten auf offene Punkte zu erhalten und um allfällig verbleibende Zweifel auszuräumen. Werfen Sie zu diesem Thema auch einen Blick auf die Tipps für das erste Gespräch bei der Ärztin oder beim Arzt. Schliesslich ist es ratsam, dass die Patientinnen und Patienten eine Begleitperson mitbringen, die in der Lage ist, das Gespräch zu verfolgen.

Sollte eine Zweitmeinung einmal von der Empfehlung der Fachleute des Tumorboards abweichen, so muss man sich immer vor Augen führen, dass die Spezialistinnen und Spezialisten ihre Empfehlung stets nach bestem Wissen und Gewissen aussprechen. Sie haben weder die Absicht, Patientinnen und Patienten auf ihre Seite zu ziehen, noch die Aussagen ihrer Kolleginnen und Kollegen gutzuheissen oder zu widerlegen. Am Ende entscheiden ausschliesslich die Patienten: Nur sie positionieren sich für oder gegen die empfohlene(n) Behandlung(en).

Verschiedene Krankenkassen bieten einen Service an, um eine medizinische Zweitmeinung einzuholen. Die meisten Krankenversicherungen übernehmen die Kosten für diese Zweitmeinung, wenn es sich um Leistungen handelt, die von der Grundversicherung abgedeckt werden. Wenn Sie jedoch sicher gehen wollen, sollten Sie sich zunächst schriftlich bei Ihrer Krankenkasse erkundigen, bevor Sie eine Zweitmeinung von einer anderen Ärztin oder einem Arzt einholen. Bei einer Kostengutsprache durch die Krankenkasse fallen dem Versicherten die regulären Kosten in der Grundversicherung an (Franchise und Selbstbehalt). Einige Krankenkassen übernehmen die ganzen Kosten, wenn die Patientinnen und Patienten einen von der Versicherung vorgeschlagenen Arzt oder die Vertrauensärztin oder den Vertrauensarzt der Krankenkasse für eine Zweitmeinung aufsuchen.

Zurück zu „Neulich am Krebstelefon...“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste