Anti-Hormontherapie vs. Orchiektomie


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Anti-Hormontherapie vs. Orchiektomie

Beitragvon Ehefrau » Fr 7 Aug 2020 7:28

Hallo!

Mein Mann (58) hatte vor 8 Jahren eine radikale Entfernung der Prostata. Ab ca. Mitte 2018 wieder steigender PSA Wert, bei ca. 1.8 wurde dann ein PSMA/PET CT durchgeführt. Es wurden Metastasen in Lymphknoten in der Gegend Magen/Darm entdeckt. Da diese Gegend bereits 35 mal bestrahlt wurde nach der OP, und man die Krebszellen nicht klar ausmachen konnte, wurde empfohlen sofort (Mai 2019, 3 Monatsspritze) mit der Anti-Hormontherapie zu beginnen und im Juni mit einer Chemotherapie, Docetaxel, 6 Zyklen alle 3 Wochen. Mein Mann hat die Chemo wirklich sehr gut vertragen und der PSA Wert ist nun wieder bei < 0.05 (Stand Mai 2020).

Leider verträgt mein Mann die Hormonspritze nicht, resp. hat mit den Nebenwirkungen extrem zu kämpfen, vor allem die Wallungen. Tagsüber geht es einigermassen, aber nachts wacht er zT 20 mal auf, schweissgebadet. Da er sonst schon sehr schlecht schläft und dies seit Jahrzehnten, hat er jetzt jeden Tag Horror vor dem zu Bett gehen und ist froh wenn es wieder morgen ist. Er ist überhaupt nicht mehr ausgeruht und das ganze schlägt auf die Psyche. Wir haben auch schon Akupunktur, Salbeikapseln etc. ausprobiert, nützt leider alles nichts.

Nun hat ihm sein Urologe gesagt, als Alternative zur Chemie, könnte er eine Orchiektomie, also beidseitige Entfernung der Hoden, durchführen, dann würde die Spritze entfallen.

Mein Mann überlegt sich nun ernsthaft diesen Eingriff vorzunehmen um nicht alle 3 Monate Chemie spritzen zu müssen und vorallem die lästigen Nebenwirkungen loszuwerden.

ABER, nebst einem erneuten invasiven Eingriff und Vollnarkose etc. frage ich mich, ob er dann die Nebenwirkungen wirklich los ist, weil so hat es ihm der Urologe verkauft. Und vielleicht mache ich einen Überlegungsfehler, aber meiner Meinung nach würden diese doch bestehen bleiben und hätte gerne eure Meinungen dazu, vielleicht hat jemand auch Erfahrungen damit?

Danke & liebe Grüsse

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Re: Anti-Hormontherapie vs. Orchiektomie

Beitragvon admin » Do 13 Aug 2020 17:33

Guten Tag Ehefrau

Sie schreiben, Ihr Urologe hat Ihrem Mann zu einr Orchiektomie geraten damit die Nebenwirkungen in Form von Hitzewallungen reduziert werden. Die Orchiektomie ist eine permanente Kastration und kann nicht rückgängig gemacht werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Wallungen danach weiter bestehen da diese durch den Entzug des Testosterons und nicht durch die Spritze selber (diese blockiert einfach die Produktion des Testosterons im Hoden) bewirkt werden.

Zu den Nebenwirkungen der Testosteronentzugstherapien schreibt das deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg dkfz in seiner Wissensdatenbank: Testosteron steuert viele Vorgänge im Körper. Diese sind gestört, wenn das Hormon fehlt. Alle Verfahren, die den Testosteronspiegel auf Kastrationsniveau absenken (darunter auch die Orchiektomie) haben daher ähnliche Nebenwirkungen. Dazu gehören eine nachlassende sexuelle Lust, Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Stoffwechsel veränderungen, Osteoporose.

Wir möchten Sie dazu ermuntern, eine Zweitmeinung bei einem Urologen, besser noch bei einem Onkologen einzuholen. Wichtig ist, den behandelnden Arzt auf Nebenwirkungen anzusprechen sowie auf Begleit- und Vorerkrankungen aufmerksam zu machen.

Freundlicher Gruss

Carine, Moderatorin Krebsforum

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Re: Anti-Hormontherapie vs. Orchiektomie

Beitragvon ErDe » Di 25 Aug 2020 7:34

Ich bin derselben Meinung. Die Nebenwirkungen wie Hitzewallungen werden durch den Testosteronmangel verursacht, ob nun durch das GnRH-Analogon oder die Kastration bewirkt. Der Urologe scheint sein Fach nicht zu verstehen. Der Testosteronmangel kann nach zwei und mehr Jahren auch Osteopenie und schließlich Osteoporose bewirken, und die sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden (Gefahr von Knochenbrüchen). Bei der Spritze kann man ggf. eine Pause einlegen (Konzept der intermittierenden Hormonblockade), nach einer chirurgischen Kastration müsste man eine Testosteronsubstitution einlegen, in der Regel mit T.pflastern.
Von einem Urologen, der viele Prostatakrebspatienten betreut, kenne ich den Rat, es einmal mit zwei Tabletten „Remifemin® Plus“ täglich zu versuchen. Das Mittel ist nicht rezeptpflichtig, jedenfalls in Deutschland, und wurde eigentlich dafür entwickelt, die Beschwerden von Frauen in den Wechseljahren zu lindern, zu denen eben auch Hitzewallungen gehören.
Remifemin® plus enthält allerdings u. a. Johanniskraut, das mit einigen medizinischen Wirkstoffen wechselwirkt. Bitten Sie ggf. Ihren Apotheker zu prüfen, ob unter den Medikamenten, die Ihr Mann einnimmt, solche sind, die mit Johanniskraut wechselwirken.

Ehefrau
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Re: Anti-Hormontherapie vs. Orchiektomie

Beitragvon Ehefrau » Mi 26 Aug 2020 20:14

Herzlichen Dank für eure Rückmeldungen, ich bin sehr froh darüber und werde eure Inputs mit meinem Mann besprechen!

Herzlichst
Ehefrau


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