Wenn eine Krebserkrankung die Familienplanung auf den Kopf stellt. Bis zum 23 Mai 2022 beantworten unsere zwei Expertinnen im Forum Ihre Fragen rundum Fruchtbarkeit, Kinderwunsch und der Umgang mit veränderten Lebensentwürfen nach einer Krebsbehandlung:
Dr. med. Rebecca Moffat, FMH Gynäkologie und Geburtshilfe, FMH operative Gynäkologie und Geburtshilfe, FMH Gynäkologische Reproduktionsmedizin
Dr. phil. Katrin Endtner, Eidg. anerkannte Psychotherapeutin am Spital Emmental, Psychiatrie und Bereichsleiterin Ambulantes Zentrum Buchmatt in Burgdorf
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Die Antworten sind eine allgemeine Stellungnahme. Sie können nicht die persönliche Beratung durch eine qualifizierte medizinische Fachperson ersetzen. Soweit in einem Beitrag bestimmte Ärzte, Ärztinnen, Behandlungseinrichtungen oder Produkte genannt werden, dient dies nicht der Werbung oder stellt eine Empfehlung dar, sondern ist lediglich als Hinweis auf weitere Informationsquellen zu verstehen.
Einige Fragen und Antworten wurden in eine andere Landessprache übersetzt. Sollten Fragen oder Unklarheiten auftreten, wenden Sie sich bitte an die Fachberaterinnen vom Krebstelefon. Kostenlose Telefonnummer 0800 11 88 11 oder per E-Mail an helpline@krebsliga.ch.
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Das Moderations-Team
2022 – Fruchtbarkeit und Kinderwunsch nach Krebs
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Triple negativer Brustkrebs und Familienplanung
Frage von Neelie19
Ich bin 31 und habe im November 2021 die Diagnose Triple Negativer Brustkrebs erhalten.
Aktuell befinde ich mich in der Chemotherapie, danach folgt die OP und dann die Bestrahlung. Nach Abschluss der Akuttherapie folgt noch eine ca. 6 Monatige Immuntherapie.
Vor Beginn meiner Chemo wurden mir Eizellen entnommen und eingefroren, falls es auf natürlichem Wege nicht mehr möglich sein sollte.
Wie lange wartet man grundsätzlich mit der Familienplanung? Von den Ärzten bekommt man verschiedene Angaben.
Ich würde mich gerne mit anderen Betroffenen Patientinnen mit gleicher Diagnose über das Kinderwunschthema austauschen.
Allenfalls stellt die Krebsliga ja auch solche Kontakte her.
Antwort von Dr. med. Rebecca Moffat
Die Frage, ab welchen Zeitpunkt aus medizinischer Sicht der Kinderwunsch realisiert werden kann, muss individuell abgewogen werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Onkologin und Gynäkologin ist unabdingbar. Als Zeithorizont können basierend auf Ihre Informationen lediglich unverbindliche Angaben gemacht werden. Idealerweise soll eine Schwangerschaft nach abgeschlossener Behandlung angestrebt werden, frühestens
Ich bin 31 und habe im November 2021 die Diagnose Triple Negativer Brustkrebs erhalten.
Aktuell befinde ich mich in der Chemotherapie, danach folgt die OP und dann die Bestrahlung. Nach Abschluss der Akuttherapie folgt noch eine ca. 6 Monatige Immuntherapie.
Vor Beginn meiner Chemo wurden mir Eizellen entnommen und eingefroren, falls es auf natürlichem Wege nicht mehr möglich sein sollte.
Wie lange wartet man grundsätzlich mit der Familienplanung? Von den Ärzten bekommt man verschiedene Angaben.
Ich würde mich gerne mit anderen Betroffenen Patientinnen mit gleicher Diagnose über das Kinderwunschthema austauschen.
Allenfalls stellt die Krebsliga ja auch solche Kontakte her.
Antwort von Dr. med. Rebecca Moffat
Die Frage, ab welchen Zeitpunkt aus medizinischer Sicht der Kinderwunsch realisiert werden kann, muss individuell abgewogen werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Onkologin und Gynäkologin ist unabdingbar. Als Zeithorizont können basierend auf Ihre Informationen lediglich unverbindliche Angaben gemacht werden. Idealerweise soll eine Schwangerschaft nach abgeschlossener Behandlung angestrebt werden, frühestens
- zwei Jahre nach der Diagnose, weil das Rezidivrisiko in den ersten zwei Jahren am höchsten ist.
- 6 Monate nach abgeschlossener Chemotherapie
- frühestens 5 Monate nach abgeschlossener Immuntherapie
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Umgang mit unerfüllter Kinderwunsch
Frage von: Tikara82
Vor 8 Jahren, mit 32 habe ich die Diagnose Eierstockkrebs erhalten. Mein Mann und ich versuchten damals eine Familie zu gründen. Durch die Total-OP und Nachbehandlung ging unser Kinderwunsch nicht in Erfüllung. Wir haben uns erstmal damit arrangiert und in den ersten Jahren war dieses Thema auch gar nicht so präsent, da ich mehr mit mir, der Chemo, dem Heilungsprozess. beschäftigt war.
Seit einiger Zeit spüre ich doch eine tiefe Traurigkeit, wenn ich mitbekomme, dass jemand aus dem näheren Umfeld schwanger ist oder ich direkt mit Babys oder kleinen Kindern in Kontakt komme. Eine Adoption kommt für mich/uns dennoch nicht in Frage.
Klar sind mein Mann und ich froh, dass ich noch da bin, aber wir können uns sehr schwer damit abfinden weiterzuleben ohne eigene Kinder.
Antwort von Dr. phil. Katrin Endtner, Psychotherapeutin
Ich finde es sehr berührend, wie genau Sie Ihre Situation schildern und Ihre Gefühle beschreiben können. Sie haben Ihren Kinderwunsch aufgrund Ihrer Krebserkrankung aufgeben müssen. Das ist eine völlig andere Situation, als wenn Sie dies selber bzw. als Paar so entschieden hätten.
Das bedeutet, dass Sie und Ihr Mann einen schmerzhaften Trauerprozess machen müssen, dessen Tragweite für andere nur wenig sichtbar ist. Hilfreich ist, wenn Sie sich selber und auch als Paar für diesen Prozess Zeit und Raum nehmen. Alle Menschen trauern auf ihr eigene Weise und in ihrem eigenen Tempo, so ist es gut, wenn Sie nachspüren, was Sie an Zeit und Unterstützung brauchen.
Gerne möchte ich Ihnen als Paar eine professionelle Begleitung zur Trauerbewältigung ans Herz legen. Es ist nicht meine Absicht, Sie bzw. Ihren Prozess zu pathologisieren – im Gegenteil: Sie scheinen sehr viele Ressourcen zu haben! Eine professionelle Begleitung, die mit der Thematik vertraut ist, kann neue Blickwinkel und Aussen-Ansichten einbringen, die man eventuell selber nicht sehen kann, weil man zu sehr in der Situation drinsteckt.
Gerne lege ich Ihnen eine Liste von Psychotherapeut:innen bei und wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft für diesen Prozess.
Vor 8 Jahren, mit 32 habe ich die Diagnose Eierstockkrebs erhalten. Mein Mann und ich versuchten damals eine Familie zu gründen. Durch die Total-OP und Nachbehandlung ging unser Kinderwunsch nicht in Erfüllung. Wir haben uns erstmal damit arrangiert und in den ersten Jahren war dieses Thema auch gar nicht so präsent, da ich mehr mit mir, der Chemo, dem Heilungsprozess. beschäftigt war.
Seit einiger Zeit spüre ich doch eine tiefe Traurigkeit, wenn ich mitbekomme, dass jemand aus dem näheren Umfeld schwanger ist oder ich direkt mit Babys oder kleinen Kindern in Kontakt komme. Eine Adoption kommt für mich/uns dennoch nicht in Frage.
Klar sind mein Mann und ich froh, dass ich noch da bin, aber wir können uns sehr schwer damit abfinden weiterzuleben ohne eigene Kinder.
Antwort von Dr. phil. Katrin Endtner, Psychotherapeutin
Ich finde es sehr berührend, wie genau Sie Ihre Situation schildern und Ihre Gefühle beschreiben können. Sie haben Ihren Kinderwunsch aufgrund Ihrer Krebserkrankung aufgeben müssen. Das ist eine völlig andere Situation, als wenn Sie dies selber bzw. als Paar so entschieden hätten.
Das bedeutet, dass Sie und Ihr Mann einen schmerzhaften Trauerprozess machen müssen, dessen Tragweite für andere nur wenig sichtbar ist. Hilfreich ist, wenn Sie sich selber und auch als Paar für diesen Prozess Zeit und Raum nehmen. Alle Menschen trauern auf ihr eigene Weise und in ihrem eigenen Tempo, so ist es gut, wenn Sie nachspüren, was Sie an Zeit und Unterstützung brauchen.
Gerne möchte ich Ihnen als Paar eine professionelle Begleitung zur Trauerbewältigung ans Herz legen. Es ist nicht meine Absicht, Sie bzw. Ihren Prozess zu pathologisieren – im Gegenteil: Sie scheinen sehr viele Ressourcen zu haben! Eine professionelle Begleitung, die mit der Thematik vertraut ist, kann neue Blickwinkel und Aussen-Ansichten einbringen, die man eventuell selber nicht sehen kann, weil man zu sehr in der Situation drinsteckt.
Gerne lege ich Ihnen eine Liste von Psychotherapeut:innen bei und wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft für diesen Prozess.
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Chemotherapierückstände im Sperma: Einfluss auf Verhütung und Fruchtbarkeit.
Frage von: Indigo85
Guten Tag
Mein Mann hat Darmkrebs und wird behandelt mit einer Oxaliplatin Infusion und anschliessend während 14 Tagen Xeloda. Zwischen den Behandlungen hat er 7 Tage Pause.
Meine Frage: wie ist das mit der Verhütung? Sind die Medikamente im Sperma nachweissbar und können sie meine Fruchtbarkeit beeinträchtigen?
Antwort von Dr. med. Rebecca Moffat, Gynäkologin
Die Chemotherapie mit Oxaliplatin und Capecitabin (Xeloda) hat einen direkten Einfluss auf die Fruchtbarkeit Ihres Mannes. Chemotherapien wirken gonadotoxisch und genotoxisch: Sie kann die Produktion von Samenzellen beeinträchtigen und sie kann Veränderungen des Erbguts in den Samenzellen hervorrufen, was wiederum zu Fehlbildungen und Störungen des Erbguts des Embryos führen kann. Daher wird männlichen Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, empfohlen während und bis zu 6 Monate nach der Behandlung keine Kinder zu zeugen. Eine sichere Verhütungsmethode für Sie beide ist zu diesem Zeitpunkt wichtig. Nach Abschluss dieser Chemotherapie (Oxaliplatin und Capecitabin), erholt sich das Hodengewebe meistens und produziert wieder gesunde Samenzellen, das dauert etwa sechs Monate.
Chemotherapierückstände: Bei einer Chemotherapie befinden sich Spuren der Medikamente in Sekreten und auf Schleimhäuten. Diese Spuren können wiederum die Schleimhäute der Sexualpartnerin reizen. Es ist deshalb sinnvoll, während einer Chemotherapie und etwa zwei Wochen danach beim Geschlechtsverkehr und Oralsex Kondome zu benutzen.
Sie und Ihr Partner können sich von seinem Behandlungsteam zu diesen Fragen, abgestimmt auf Ihre Situation, beraten lassen.
Je nach Situation können unterschiedliche Massnahmen zum Schutz der Fertilität (Fruchtbarkeit) angeboten werden. Daher lohnt sich eine Beratung.
FertiSave ist ein Schweizer Netzwerk der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin zur Qualitätssicherung fertilitätserhaltender Massnahmen bei Männern und Frauen mit einem Krebsleiden. Auf der Homepage sind die Kontaktdaten der FertiSave-Zentren aufgelistet, an die sich Betroffene wenden können.
Nähe, Zuwendung, Geborgenheit, Zärtlichkeiten, Umarmungen und stimmige sexuelle Aktivitäten im Hier und Jetzt sind für vielen Menschen eine wertvolle Ressource. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Partner viel Genuss und Freude in Ihrer körperlich-sinnlichen Zweisamkeit und den Mut, über Ihre gemeinsame Sexualität unter Therapieeinfluss zu reden.
Guten Tag
Mein Mann hat Darmkrebs und wird behandelt mit einer Oxaliplatin Infusion und anschliessend während 14 Tagen Xeloda. Zwischen den Behandlungen hat er 7 Tage Pause.
Meine Frage: wie ist das mit der Verhütung? Sind die Medikamente im Sperma nachweissbar und können sie meine Fruchtbarkeit beeinträchtigen?
Antwort von Dr. med. Rebecca Moffat, Gynäkologin
Die Chemotherapie mit Oxaliplatin und Capecitabin (Xeloda) hat einen direkten Einfluss auf die Fruchtbarkeit Ihres Mannes. Chemotherapien wirken gonadotoxisch und genotoxisch: Sie kann die Produktion von Samenzellen beeinträchtigen und sie kann Veränderungen des Erbguts in den Samenzellen hervorrufen, was wiederum zu Fehlbildungen und Störungen des Erbguts des Embryos führen kann. Daher wird männlichen Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, empfohlen während und bis zu 6 Monate nach der Behandlung keine Kinder zu zeugen. Eine sichere Verhütungsmethode für Sie beide ist zu diesem Zeitpunkt wichtig. Nach Abschluss dieser Chemotherapie (Oxaliplatin und Capecitabin), erholt sich das Hodengewebe meistens und produziert wieder gesunde Samenzellen, das dauert etwa sechs Monate.
Chemotherapierückstände: Bei einer Chemotherapie befinden sich Spuren der Medikamente in Sekreten und auf Schleimhäuten. Diese Spuren können wiederum die Schleimhäute der Sexualpartnerin reizen. Es ist deshalb sinnvoll, während einer Chemotherapie und etwa zwei Wochen danach beim Geschlechtsverkehr und Oralsex Kondome zu benutzen.
Sie und Ihr Partner können sich von seinem Behandlungsteam zu diesen Fragen, abgestimmt auf Ihre Situation, beraten lassen.
Je nach Situation können unterschiedliche Massnahmen zum Schutz der Fertilität (Fruchtbarkeit) angeboten werden. Daher lohnt sich eine Beratung.
FertiSave ist ein Schweizer Netzwerk der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin zur Qualitätssicherung fertilitätserhaltender Massnahmen bei Männern und Frauen mit einem Krebsleiden. Auf der Homepage sind die Kontaktdaten der FertiSave-Zentren aufgelistet, an die sich Betroffene wenden können.
Nähe, Zuwendung, Geborgenheit, Zärtlichkeiten, Umarmungen und stimmige sexuelle Aktivitäten im Hier und Jetzt sind für vielen Menschen eine wertvolle Ressource. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Partner viel Genuss und Freude in Ihrer körperlich-sinnlichen Zweisamkeit und den Mut, über Ihre gemeinsame Sexualität unter Therapieeinfluss zu reden.
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