Eine 45-jährige Frau meldet sich per E-Mail mit folgendem Anliegen beim Krebstelefon:
Ich bin in der Behandlung von Brustkrebs. Nach der Operation erhielt ich Chemotherapie und Radiotherapie. Seit 4 Monaten nehme ich zudem Tamoxifen. Ich habe kein Verlangen mehr nach Geschlechtsverkehr mit meinem Mann, und die Situation ist ziemlich schwierig für mich. Was kann ich machen? Ich war bereits bei einem Sexualtherapeuten. Er sagt, alles sei gut bei mir. Was kann ich tun?
Antwort der Fachberaterin des Krebstelefons Katja Streiff:
Sie berichten von vielen verschiedenen Therapiemethoden, die bei Ihnen zur Behandlung von Brustkrebs eingesetzt wurden und werden. Jede dieser Behandlungsmethoden kann Auswirkungen auf das Körpergefühl, die Scheidenflora, das (Schmerz-)Empfinden und die sexuelle Lust haben. Bei einem so vielfältigen Therapieangebot mit starken Nebenwirkungen auf die Sexualität ist es kaum verwunderlich, dass die Lust im Moment nicht da ist. Könnte es sein, dass der Sexualtherapeut diese häufige und erklärbare Reaktion auf die Behandlungsmethoden gemeint hat, als er sagte, dass bei Ihnen alles in Ordnung sei?
Die fehlende Lust auf Geschlechtsverkehr ist für Sie eine schwierige Situation. Ist es schwierig für Sie selbst, für Ihren Mann oder in Bezug auf Ihre gewohnte Sexualität als Paar?
Vielleicht hat der Geschlechtsverkehr für Sie nach Ihrer Erkrankung eine andere Bedeutung bekommen und/oder andere Bedürfnisse wie Nähe, Geborgenheit, Schutz, Zärtlichkeit etc. treten in den Vordergrund und wollen vermehrt erfüllt werden? Das Bedürfnis nach Sexualität kann man leider nicht einfach so befriedigen. Vielmehr geht es darum, herauszufinden, welche Sexualität und welche Formen der sinnlichen Begegnung nach der Erkrankung zu einem passen. Und wie man die Lust mit allen Sinnen wieder einlädt. Was wäre für Sie jetzt eine entspannte, wohltuende und genussvolle Begegnung mit Ihrem Mann, unabhängig vom Geschlechtsverkehr?
Eine Krebserkrankung verändert die eigenen sexuellen Wünsche und Bedürfnisse. Die gewohnte, vertraute Paarsexualität gibt es so nicht mehr. Das ist für beide Seiten eine Herausforderung. Umso wichtiger ist ein offener Austausch mit dem Partner, um gegenseitig zu erfahren, wo der/die andere nach der Erkrankung körperlich und emotional steht. Dann kann man gemeinsam überlegen, wie man die gemeinsame Sexualität, die ja weit mehr ist als Geschlechtsverkehr, neugestalten will. Solche Gespräche können anspruchsvoll sein und vielleicht ist es sinnvoll, sie in Begleitung einer Fachperson für sexuelle Gesundheit zu führen. Wichtig scheint mir, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen gut aufgehoben und verstanden fühlen.
Eine Antwort per E-Mail kann nie auf alle persönlichen Aspekte Ihrer Frage eingehen.
Es geht darum, sich mit den eigenen sinnlichen Bedürfnissen und Wünschen auseinanderzusetzen, sich diese einzugestehen und offen auszusprechen, und die Paarsexualität neu zu gestalten. Sie haben bereits wichtige und mutige Schritte getan. Ich möchte Sie ermutigen, weiterzugehen auf dem Weg zu sich selbst und zu einer Sexualität, die Ihnen heute entspricht.
Sexualität bei Krebs – Ich verspüre keine Lust mehr
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