Unnötig entfernte Lymphknoten: das muss nicht sein!


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Erika Rusterholz
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Unnötig entfernte Lymphknoten: das muss nicht sein!

Beitragvon Erika Rusterholz » Sa 20 Aug 2005 19:18

Ich lese immer wieder, dass es Frauen gibt, denen bei einer Brustkrebsoperation zwanzig und mehr Lymphknoten entfernt worden sind mit dem Resultat, dass keine der Lymphknoten befallen waren, wie folgender Beitrag in einem Forum zeigt:
"Tragisch ist (damals war ich natürlich überglücklich), dass die 21 entnommenen LK links alle frei waren, der operative Eingriff in dem Sinne also umsonst war. Tragisch vor allem insofern, dass ich links seitdem permanente Einschränkungen und Schmerzen habe, während der Arm rechts völlig frei bewegt werden kann (allerdings durch die unbewusste einseitige Belastung auch schon langsam lädiert ist)."

Die Nebenwirkungen (z.B. Bewegungseinschränkung, Lymphödem) nach vielen entfernten Lymphknoten können also enorm sein. So ist für mich unverständlich, dass immer noch ganze Level ausgeräumt werden, ohne vorher die Notwendigkeit abzuklären. Beinahe wäre es mir ebenfalls so ergangen. Dann las ich im Internet über die Sentinel(= Wächter)-Lymphknoten-Biopsie SLB.

Liebe Leserinnen, entsprechende Abklärungen v o r einer Operation sind also sehr wichtig! (siehe auch www.brustkrebsverlauf.info unter "Abklärungen" und "Operation").

Die SLB weist die Nachteile einer üblichen Achsellymphknoten-Entfernung nicht auf. Die Studie dazu ist seit Dezember 2003 abgeschlossen, somit sollte eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie heute eigentlich immer in Erwägung gezogen werden. Dafür braucht es jedoch ein Spital mit einer Nuklearabteilung und Aerzten mit genügend Erfahrung mit dieser Methode.
Diese ist jedoch nur durchführbar, wenn die Achsellymphknoten im Tastbefund und bei der Ultraschalluntersuchung noch nicht befallen aussehen.

Ich hatte zwar einen vergrösserten Lymphknoten, deshalb wurde davon zuerst eine Gewebeprobe entnommen, die noch keinen Befall zeigte.

Bei den Vorbereitungen für die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie am Vortag der Operation wird der Bereich des Tumors mit eingespritzter radioaktiver Substanz markiert, um die Lage der Sentinel-(=Wächter)-Lymphknoten anzuzeigen. Diese können am anderen Tag mittels Gamma-Detektor aufgefunden und durch einen kleinen Schnitt in der Achselhöhle entfernt werden.
Sollte die Schnellschnittuntersuchung während der Operation jedoch ergeben, dass die Wächter-Lymphknoten doch befallen sind, dann müssten weitere Lymphknoten entfernt werden.

Bei mir wurden links 5 und rechts 3 Lymphknoten entfernt, da diese zusätzlich zur Radioaktivität blau waren, markiert durch einen Farbstoff, eingespritzt während der Operation (beidseitig brusterhaltend). So war nicht ersichtlich, welches nun wirklich der Wächterlymphknoten sein könnte.
Meine entfernten Lymphknoten wurden dann noch mikroskopisch untersucht, das Ergebnis "null Befallene" erhielt ich erst nach einer Woche, es war wie ein neues Leben! - Und ich habe auch nach über 1 1/2 Jahren keine Beschwerden in den Armen.

Vielleicht kann ich mit obigem beitragen, Unsicherheiten beiseite zu räumen, das würde mich sehr freuen.
Erika Rusterholz

Nomade
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Super Beitrag

Beitragvon Nomade » So 21 Aug 2005 13:03

Liebe Erika

Ich finde Deinen Beitrag sehr informativ und ausführlich. Ich denke, dass er vielen Frauen weiterhelfen wird.
TOLL, dass es Dir gut geht. Ich wünsch Dir ganz fest, dass es so bleiben wird!!
Gruss, Nomade

Erika Rusterholz
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unnötig entfernte Lymphknoten: das muss nicht sein!

Beitragvon Erika Rusterholz » Di 23 Aug 2005 10:25

Liebe Leserinnen,

Bis anhin dachte ich immer, es gebe einen oder vielleicht noch einen zweiten Wächterlymphknoten, welcher die Flüssigkeit aus der Brust als erster aufnimmt. Deshalb habe ich in meinem Beitrag über die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie auch geschrieben:

"Bei mir wurden links 5 und rechts 3 Lymphknoten entfernt, da diese zusätzlich zur Radioaktivität blau waren, markiert durch einen Farbstoff, eingespritzt während der Operation (beidseitig brusterhaltend). So war nicht ersichtlich, welches nun wirklich der Wächterlymphknoten sein könnte."

Nach gestriger Rücksprache mit dem damaligen Operationsarzt weiss ich nun mehr: alle markierten Lymphknoten (radioaktiv und blau) werden zu den Wächterlymphknoten gezählt. Es kann sich also um ein ganzes Grüpplein handeln.

Man lernt nie aus! Erika Rusterholz

wuermli_72
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Lebe auch mit wenigen Lymphknoten sehr gut!

Beitragvon wuermli_72 » Sa 27 Aug 2005 18:01

Hallo meine Lieben

Mir wurden vor 2 Jahren auch 27 Knoten entfernt (leider waren 4 davon befallen...). Ich lebe aber sehr gut mit meinem Arm. Ich habe mich von Anfang an geschont und geachtet, dass ich nichts zu Schweres trage.

Mein Tipp: Ich gehe regelmässig 2x die Woche schwimmen - erstens ist dies eine gute Lymphmassage und zweitens eine gute Bewegungstherapie.
Regelmässig gehe ich auch wieder in die Sauna (langsam gesteigert).

Gruss Wuermli_72

alba
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Doch noch reingefallen.

Beitragvon alba » Fr 2 Sep 2005 13:49

Auch ich hatte vor zwei Jahren eine Sentinel Operation - kein Befund. Jetzt hatte ich ein Rezidiv und die Empfehlung des Uni-Spitals lautete, Level 1 und Level 2 müssen raus. 14 Lymphknoten kamen raus, ohne Befund.
Erst nach der Operation erfuhr ich von einem Onkologen, dass in meinem Fall die Operation überflüssig war. (G1, T1b).
Jedes Mal wenn mich in der Nacht mein Arm weckt, weil er kribbelt oder schmerzt, eingeschlafen oder eiskalt ist oder wenn ich mich nicht wie früher bewegen kann und ich daran denke, dass mein Immunsystem unnötig geschwächt wurde, bin ich frustriert und wütend. Warum nur immer diese 08.15 Prozederes? Warum sich hinter Standards verstecken? Warum nicht die einzelne Patientin anschauen?

Känguruh
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Standard-Behandlung

Beitragvon Känguruh » Mo 5 Sep 2005 11:37

Hallo zusammen,

die Sentinel-Anwendung kam damals im Jahr 2000, als ich operiert wurde, gerade ganz neu raus. Informiert hatte man mich VOR der OP natürlich nicht darüber, erst hinterher.
Da ich aber eh vor der OP keine Einwilligung für eine Lymphdrüsenentfernung gab (dazu gab es keinen Anlass, weil keine einzige vorgängige Untersuchung einen Krebsnachweis ergeben hatte, und die OP nur so "sicherheitshalber" stattfand ... naja, und selbst die Ärzte dabei zustimmend mit dem Kopf nickten ...!), behielt ich also alle meine Lymphdrüsen.
Da nach der OP jedoch feststand, dass es doch ein Krebs war, drängte man mich sofort dazu, in zwei Wochen nochmals herzukommen, um noch die Lymphdrüsen zu entfernen. Als ich nach dem genauen Warum fragte, hiess es, diese OP sei "nur" zur Sicherheit, denn sonst könne man nicht feststellen, ob ich allenfalls Metastasen hätte. Als ich dann - nach meiner Logik - sagte: Wenn die Lymphdrüsen aber nicht befallen sind, dann ist die OP ja ganz umsonst! ... erklärte man mir nur, dass dies sein MÜSSE.

"Sie könnten aber auch ..." sagte dann eine der Ärztinnen beim Abschied aus dem Krankenhaus, "... die Sentinel-Anwendung machen!" Sie erklärte mir dann kurz den Vorgang, fügte jedoch hinzu: "So viel ich weiss, macht dies zur Zeit aber nur grad ein einziger Arzt hier in Basel."

Naja, das war im Jahr 2000. Heute sieht es vielleicht ein bisschen besser aus?
Jedenfalls, ... als ich durch meine Frauenärztin dann diesen "einen" Arzt haben wollte, der mir diese Sentinel-Anwendung machen könnte, rief sie ihn an, und dieser sagte ihr: "Das ist jetzt zu spät! Das hätte man direkt bei der OP machen müssen!"
Der vorwurfsvolle Blick, den mir die Frauenärztin nun zuwandte, werde ich nicht mehr vergessen. Nun, schliesslich hatte ICH ja die Zustimmung vor der OP dazu gegeben, dass die Lymphdrüsen nicht entfernt werden sollten! Also war ICH nun die Quer-Denkerin, die Quer-Handlerin, ergo ein Angsthase, der sich nicht kooperativ mit den Ärzten verhielt!

Obwohl man mich weiterhin dazu drängte, die Lymphdrüsen entfernen lassen zu müssen, liess ich mir nun Zeit, mich genauer zu informieren. Auf Grund meines Krebses, seiner Art, seiner Grösse und seines Grades, entschied ich mich dann dazu, auf die Entfernung der Lymphdrüsen zu verzichten. Und bis heute geht es mir soweit gut.

Dafür erntete ich aber auch noch später so manches Kopfschütteln der Ärzte, welche mich als "Angsthase" einstuften oder mich nun unter Druck setzen wollten.
Meiner damaligen Frauenärztin habe ich "gekündigt", und als ich einen neuen Arzt fand, forderte dieser z.B., dass ich ihm eine "schriftliche Bestätigung" geben müsse, dass ich bloss ja alle halbe Jahre in seiner Praxis erscheinen müsse!
(Natürlich habe ich ihm diese nie gegeben, und ich bin auch ohne Unterschrift immer brav und kooperativ immer zu seinen Terminen erschienen! - Heute sagt er übrigens kein Wort mehr dazu!)

Wenn man keine guten Ärzte erwischt, die einen ausführlich über diese Dinge aufklären können, oder Ärzte, die alle was "anderes" sagen, ... so besteht da natürlich auch die Gefahr für einen selbst, dass man da anfängt, irgendwie "rebellisch" zu werden und somit vielleicht selber Fehlentscheide macht. Ich liess mir daher wirklich genügend Zeit und informierte mich genaustens auf mehreren Seiten. Der Entscheid, auf die Lymphdrüsenentfernung zu verzichten, trägt natürlich auch immer ein Risiko mit sich, und ich war mir dessen voll bewusst. Aber da bis heute alles okay aussieht bei mir, war meine damalige Entscheidung sicher die Richtige.
Der Druck jedoch von Seiten der Ärzte, das "Zuschieben von Verantwortungslosigkeit" an den Patienten, bloss weil er selber etwas entscheidet und sich nicht an die "Standard-Obligatorische Empfehlung" der Ärzte hält, kann enorm sein und sogar auch später noch - behandlungsmässig - seine negativen Nachwirkungen auf den Patienten haben.
Letzten Endes entscheidet aber immer der Patient, ... sofern er kann.

Ich kann als Patientin durchaus eine "Standard"-Behandlung akzeptieren, aber wenn ein "Standard" eben zur Verallgemeinerung wird, wo selbst der Einzelne und seine Situation nicht mehr berücksichtigt wird, dann sind wir - leider - nicht mehr beim Menschen mit seiner eigenen Krebsform, sondern ... beim maschinellen Fliessband-"Standard"-Ablauf gelandet.
Hm! Ich hoffe, die Ärzte werden hier ein bisschen über die Bücher gehen.


Weiss jemand aus Basel, wer und wo heute die Sentinel-Technik angewandt wird? Ich hoffe doch, dass es heute mehr als nur EIN Arzt ist?

Liebe Grüsse an alle
vom Känguruh

Erika Rusterholz
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Beitragvon Erika Rusterholz » Mo 19 Sep 2005 19:42

Hallo Känguruh,

Zur Frage: "Weiss jemand aus Basel, wer und wo heute die Sentinel-Technik angewandt wird? Ich hoffe doch, dass es heute mehr als nur EIN Arzt ist?"

habe ich heute nun endlich eine Antwort:
Die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie wird im Universitätsspital Basel in der Frauenklinik und Chirurgie durchgeführt.

Eine solche Biopsie kann auch später noch gemacht werden, wenn früher eine Tumorektomie (also keine Segmentektomie) stattgefunden hatte.

So hoffe ich, dass diese Informationen weiterhelfen, andernfalls nehme ich gerne weitere Fragen zur Abklärung entgegen.

Liebe Grüsse
Erika Rusterholz


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