Glioblastom


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Green
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Glioblastom

Beitragvon Green » Di 13 Feb 2024 15:33

Hallo zusammen
ich melde mich hier als Angehöriger. Bei meinem Vater, 65 Jahre alt, wurde letzte Woche ein Glioblastom diagnostiziert. Er kam mit starken Kopfschmerzen in die Notaufnahme. Wir bemerkten auch, dass er in letzter Zeit verschiedene Sprach- und Schreibschwierigkeiten hatte. 1+1 zusammengezählt führte zu Befürchtungen, die sich bald bestätigten. Das Ding in seinem Kopf ist etwa 5,5 cm gross. Die Diagnose wurde uns sehr zuvorkommend und einfühlsam mitgeteilt. Große Hoffnung wollte oder konnte man uns aber nicht machen. Mein Vater hat Angst vor den Folgen einer Operation. Man teilte uns mit, dass man bei einer Operation nicht wisse, welche gesunden Bereiche verletzt würden. Nach der Operation würde dann eine Reha anstehen, danach würde der Tumor wieder wachsen und das Unvermeidliche wäre nur aufgeschoben. Wir hatten den Eindruck, dass mehr Lebenszeit möglich ist, aber auf Kosten der Lebensqualität. Mein Vater hat sich schliesslich gegen die Operation entschieden.
Wir stehen hinter ihm und unterstützen ihn in dieser Entscheidung. Trotzdem frage ich mich immer wieder, ob das wirklich alles sein kann. Ich lese Berichte von Betroffenen, die mit dieser Diagnose lange leben konnten. Allerdings nach Operation und Bestrahlung. Eine Bestrahlung soll auch bei meinem Vater keine Option sein. Warum, das kann ich nicht wirklich verstehen.
Warum schreibe ich das alles? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus verschiedenen Gründen. Könnt Ihr die Entscheidung meines Vaters verstehen? Ich möchte ihn unterstützen, aber ich komme immer wieder ins Grübeln. Würde uns eine Operation nicht die Chance auf mehr Lebensqualität geben? Könnt ihr mir helfen, mehr Ordnung in mein Gefühls- und Gedankenchaos zu bringen?

Jens B
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Re: Glioblastom

Beitragvon Jens B » Sa 24 Feb 2024 19:52

Hallo Green,
danke für Ihre ausführliche Schilderung!

Es ist richtig das Sie hier um Rat fragen und es ist fürsorglich, dass Sie sich für Ihren Vati einsetzen. Auch werden Ihnen unsere Antworten (hoffentlich?) bei dem seelischen Schmerz etwas Trost spenden.
Als Erstes möchte ich Ihnen sagen, dass es mir mit Ihrem Paps sehr leid tut.

Das Zweite kann ich vielleicht nicht so richtig in Worte fassen, aber ich will es natürlich bestmöglich versuchen.
Natürlich ist es für keinen Arzt der Welt- und realistisch betrachtet- auch bei "Bagatell Operationen" nicht möglich eine 100 %tige Garantie zu geben.
Ein Giloblastom ist leider einer der aggressivsten Hirntumore!
Sie werden in verschiedene Grade eingeteilt. (WHO-Grad) Eine Beurteilung der Fachärzte ist als total realistisch zu betrachten, auch wenn sie keine Garantie geben wollen. Können!
Denn eine Überlebenschance bei einem Glioblastom ist bei einer üblichen Behandlung leider meist auf nur einige Monate und im besten Fall ganz wenig Jahre beschränkt. (Aber keine Gewähr, denn ich bin ja kein Arzt. Sollte ich hier etwas falsches schreiben, so greifen natürlich die Admins des Forums ein.)

Eine Operation stellt meist tatsächlich nur eine Art Aufschiebung, Hinauszögerung und geringe Verlängerung der Lebenserwartung des Hirntumor-Patienten dar! Meines Erachtens nach, wird stets abgewogen, ob nur eine Bestrahlung, ob Operation oder beides erforderlich ist bzw. die Lebenserwartung / Lebensqualität dadurch erhöht wird. Bei einer OP soll natütlich immer eine größtmöglich schonende und vollständige Resektion (operative Entfernung) das Ziel sein.
Die Diagnose Hirntumor und besonders das bösartigste Glioblastom klingt natürlich schockierend und ist unsagbar traurig!

Sie schreiben: "Wir hatten den Eindruck, dass mehr Lebenszeit möglich ist, aber auf Kosten der Lebensqualität."
Diese Entscheidung ist äußerst schwierig und eher vom Patienten selbst zu entscheiden. Aber er muss natürlich auch unbedingt auf den Rat der Ärzte vertrauen! Denn diese haben realistische Erfahrungen über die Jahre gesammelt. Doch auch die Empfehlungen und Wünsche seiner Liebsten sollte man natürlich auch berücksichtigen.
Ich bin mir sicher, dass Sie alle Eventualitäten ausführlich mit den Ärzten besprochen haben.
Aber Sie sollten auch unbedingt mit Ihrem Vati über ein Für und Wieder oder was wäre wenn, sprechen.
Dabei ist äußerstes Feingefühl nötig. Man sollte auch nicht zu etwas gegen seine Entscheidung "zwingen"!
Aber natürlich eindrücklichst zu etwas raten, was der Ärztemeinung und Ihren eigenen Wünschen und Sehnsüchten entspricht.

Warum von seitens der Ärzte von einer Bestrahlung abgeraten wird, kann ich nur mutmaßen.
1. Bestimmt wäre Bestrahlung eine stärkere (zusätzliche!) Belastung.
2. Ist eine größtmögliche Wirkung nicht zu erwarten.

Das aber Ihr Vater generell auf eine Operation verzichten will, könnte seine Angst vor dem Eingriff und einer Ungewissheit wegen der etwaigen Einschränkungen nach der OP sein. Vielleicht will er sich in seinem Alter keiner Operation mehr unterziehen und wartet ab was geschieht.
Sorry für die harten Worte! Doch ich möchte Ihnen auch mit Offenheit antworten, so wie Sie uns Ihren Leidensweg anvertraut haben.
Man muss auf jeden Fall auch bedenken, dass die Ärzte absolute Profis sind, für die es gewissermaßen Routine ist! Doch es ist auch immer wichtig, dass man selbst positiv denkt. Da hilft eine moralische, familiäre Unterstützung wirklich sehr.
Doch die Liebe zu Ihrem Vater lassen Sie Ihm ganz, ganz sicher spüren.

Die aufopfernde mentale Unterstützung von meinen Liebsten bestärkten mich damals auch sehr, zu kämpfen.
Dies kann ich nämlich als selbst Betroffener bestens beurteilen! Ich leide zwar an einem völlig anderen Hirntumor, der bei weitem nicht so sehr aggressiv wie bei Ihrem Vater ist, nämlich an einem Tentorium Meningeom.
Allerdings kommt es erschwerend hinzu, dass dieser sehr groß war, er an einer sehr ungünstigen Stelle saß und es eine Notoperation war, die förmlich in letzter Sekunde geschah! Bei mir wurde damals abgewägt, ob eine so schwierige Operation (damals war ich 35 Jahre, heute 55) vorgenommen wird oder ob ich eine größere Lebenserwartung mit Tumor habe. Zum Glück entschied man sich für die OP. Damit gelte ich mittlerweile auch schon als Langzeitüberlebender!
Denn ich wurde das 1. von 2 Mal bereits im Jahr 2003 operiert und anschließend noch bestrahlt. Doch leider konnte damals auch nicht alles entfernt werden, sodass ich heute auch noch einen erblich großen Resttumor im Kopf habe.
Auch leide ich an etlichen Einschränkungen und Defiziten.

Aber ich möchte hiermit nochmals betonen, dass diese Überlebensrate bei der Tumorart Glioblastom (wie bei Ihrem Vati) leider garantiert nicht zu erwarten ist! Tut mir sehr leid!

Schreiben Sie aber ruhig weiter, wir sind gerne für Sie da. Denn wir wissen alle bestens wie gut es tut, wenn man sich mit ähnlich Betroffenen austauschen kann.
Alles Gute und viel Kraft!

Liebe Grüße Jens B








 


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